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Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Titel: Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Zeyer
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er kerzengerade in seinem Sessel und spürte, wie der Boden unter ihm wegsackte: »Iwan hier, Identifikation Bemsteinzimmer473, Kontonummer 762/901, Sie hären?« Hinderli hörte zunächst nur ein Rauschen in seinen Ohren, dann stammelte er: »Aber, aber, Sie sind doch …«
    »Tot? Ach, schon gehärt schreckliche Nachricht? Sie cleveres Bürschchen, Hinderli, sähr clever. Abär nein, Tote leben länger, Sie verstähn, musste mich, wie Sie sagen, aus Öffentlichkeit etwas zurückziehen. Leiche wurde am Gäbiss identifiziert, war sonst nicht viel übrig, hat mich gekostet viel Gäld.«
    Hinderli spürte, wie ihn nie gekannte Zweifel an der Existenz Gottes überfielen, und er begann sogar, an der unendlichen Güte und Weisheit seines Fürsten zu zweifeln. »Abär gute Nachricht für Sie, Hinderli, Tote brauchen auch keinä Bestätigung mähr, Sie verstehen? Können fortschmeißen, wenn überhaupt gemacht. Sie mir gefallen, wenn komme das nächste Mal nach Liechtenstein, wir trinken zusammen Wodka, wir brächen Brot. Sie nur schauen, dass nix wegkommt von meinem Gäld, da? Machen neues Konto, sofort. Papiere schon unterwegs, per DHL, aber machen jetzt, sicher sein sicher.«
    »Kein Problem«, krächzte Hinderli, »bin schon dabei. Neue Nummer lautet 531/730, welches Identifikationswort hätten Sie gerne?«
    »Na, ist doch klar«, sagte Iwan, »Hinderli123.«
    Klick.
    Hinderli verließ sein Büro zum zweiten Mal an diesem Tag, und diesmal zündete er alle Kerzen an, die in der Kirche bereitlagen, und den Opferstock füllte er bis zum Rand.
    »Vergib mir, Herr, dass ich an deiner unendlichen Weisheit gezweifelt habe«, murmelte er dabei eins ums andere Mal. Zurück in seinem Büro schickte er auch einen um Verzeihung heischenden Blick in Richtung des Ölgemäldes aus der fürstlichen Sammlung und schwor sich alle heiligen Eide, dass er niemals mehr, niemals, an der Vorsehung und an der Weisheit seines Fürschten zweifeln werde. Nur konnte er ein leichtes Zucken nicht unterdrücken, als das nächste Mal das Telefon klingelte.

Sechzig
    Hugentobler versuchte krampfhaft, wach zu bleiben. Er hatte sich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt, er als Linienvorgesetzter habe im Moment wichtigere Aufgaben, bei den Finanzmärkten, er sei nicht mehr an der Front, selbst die an der Front delegierten das ins Backoffice, aber HR war pickelhart geblieben. Fortbildung musste sein, wichtiger Mosaikstein in der Festlegung des Jahresbonus, Hugentobler habe sich schon lange genug um Fortbildungskurse gedrückt, außer sie fanden im fernen Ausland in der Nähe eines gepflegten Golfplatzes statt, das müsse jetzt sein, gerade in den aktuellen Zeiten könne eine Auffrischung in Analysemodellen zukünftiger Börsenentwicklungen wirklich nicht schaden.
    Also saß Hugentobler neben einigen jungen Trägern schlechtsitzender Anzüge mit dickem Krawattenknopf und diversen älteren Semestern im »Power Enabling Future and beyond Meeting the fine Art of Financial Analysis«, wechselte gelegentlich genervte Blicke mit den anderen älteren Semestern und schaute auf seine Uhr, Patek Philippe, Geschenk aus besseren Bankerzeiten, deren Sekundenzeiger sich aber so langsam wie der Minutenzeiger zu bewegen schien.
    Vorne klatschte ein Träger eines dicken Krawattenknopfs ein Slide nach dem anderen an die Wand. Zähflüssig hatte er sich von den Chartanalysen à la Elliott, Wellentheorie, Fibonacci-Zahlen zur markttechnischen Analyse plus Risk Management vorgearbeitet, den Zuhörern dabei Exkurse in die Doppelschulter-Kopf-Formation, Candlestick-, Balken- und Liniencharts nicht erspart und war dann rasant auf Teraflops zugesteuert. In dieser unvorstellbaren Geschwindigkeit verarbeiten moderne Computer ungeheuerliche Datenmengen, wofür sie Algorithmen verwenden, die so lang sind, dass man sie problemlos als Seil zwischen New York und London aufspannen könne.
    »Damit ist eine Präzision in den Prognosemodellen erreicht, die vor wenigen Jahren noch völlig unvorstellbar war«, trompetete der Krawattenknopf vorne triumphierend, »auf den Tick genau werden sämtliche Börsentransaktionen weltweit registriert, analysiert und aufbereitet, damit kann ein Prognosemodell erstellt werden, das an Aussagekraft schwer zu überbieten ist.«
    Jetzt reichts, dachte Hugentobler, wenn ich den frage, wieso all diesen schönen Modelle die Hypokrise völlig verschnarcht haben, dann labert er mich nur eine halbe Stunde mit Unsinn zu, bis ich unter den Tisch sinke. Aber

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