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Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Titel: Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Zeyer
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und kompetentesten Teams von Finanzspezialisten abgeben, die ja in einer Vielzahl von Fällen bewiesen haben, dass sie valable Einschätzungen«, Kuster wiederholte das Wort extra, »abgeben können, wovon nicht zuletzt auch Ihr Portefeuille …«
    »Bla, bla, bla«, schnitt ihm Sommer das Wort ab, »was mich im Moment interessiert, ist, wie es mit Ihrer Verantwortlichkeit aussieht, schließlich haben sich zweimal sehr viele Fränkli auf meinem Konto in Luft aufgelöst.«
    Immer das Gleiche, dachte Kuster, Gewinne werden stillschweigend eingesteckt, wenn es mal ein wenig runtergeht, dann wird losgejammert und gequengelt, dass es nur so seine Art hat: »Nun, die Entscheidungen trafen immer noch Sie, und daher …«
    »Also wenn mir ein Arzt rät, ich solle eine Herztransplantation durchführen, und dann stellt sich heraus, dass meine eigene Pumpe noch völlig okay war, dann kann sich der ja auch nicht damit herausreden, dass es meine Entscheidung war.«
    Und wenn du einen Herzinfarkt kriegst, dann ist auch der Arzt schuld, dachte Kuster, und am liebsten hätte er gesagt: Aber Ihre Pumpe ist ja offenbar noch drin und funktioniert, doch stattdessen murmelte er: »Könnten Sie da etwas konkreter werden?«
    »Sehr gerne, Sie nehmen mir meine Schweizer Großbankaktien zu meinem Einstandspreis ab, und wir reden nicht mehr drüber.«
    »Auch nicht über die CDOs?«, vergewisserte sich Kuster. »Schwamm drüber«, sagte Sommer großzügig. »Ich stelle Ihnen noch heute die entsprechenden Unterlagen zu. Sobald sie unterzeichnet bei mir eintreffen, gebe ich entsprechende Orders.«
    Kuster seufzte, damit war ein hübscher Batzen Geld den Bach runtergeschwommen, und nicht zum ersten Mal. Aber sein Golfnachmittag war gerettet, und das sollte man ja auch nicht unterschätzen.
Zweiundsechzig
    Äbersold schnaubte. Ich bin von Wahnsinnigen umzingelt, dachte er, während er das neuste Ergebnis der vereinigten Anstrengungen von Corporate Communication, PM, Inhouse-Design, Arbeitsgruppe Sondermaßnahmen und externen Textern in der Hand hielt. Aber eigentlich bin ich ja selber schuld, dachte Äbersold selbstkritisch, wie viele andere auch hatte ich beim wöchentlichen Meeting mal darauf hingewiesen, dass es vielleicht keine schlechte Idee wäre, angesichts der Panik auf den Finanzmärkten was Beruhigendes für die vielen im roten Bereich drehenden Depotkunden anzubieten.
    Und in der für Bankerverhältnisse rasant kurzen Zeit von nur vier Monaten hatte der Berg gekreist und eine neue Anlegerbroschüre geboren, die bereits an alle seine Kunden verschickt worden war, mit einem netten Begleitschreiben, dass sich »Ihr Herr Äbersold demnächst gestatten wird, diesbezüglich mit Ihnen Kontakt aufzunehmen«. Plus eine nette Excel-Tabelle mit sämtlichen Telefonnummern seiner Kunden, inklusive Feedback-Feldern und einer Benchmark, wie vielen seiner Kunden Äbersold den neusten Stuss aufs Auge zu drücken habe.
    Äbersold blätterte die Broschüre angewidert durch, »von der Natur lernen«, hieß es da, neben einem Bildbankfoto der Jahresringe eines Baumes, »so wie sich der Baum wechselhaften Umweltbedingungen anpasst und Wachstum generiert, generiert auch unsere neue Depotstruktur, sensibel auf die Marktsituation reagierend, kontinuierlich Wachstum«. Äbersold schüttelte den Kopf, immerhin wurden nicht die Bienlein und die Blümlein bemüht. Aber das war ja nur die Einleitung zum genialen neuen Anlagemodell, das den lustigen Namen »Core-Satellite«-Organic Grow trug.
    »Der Kern dient als strategisches Zentrum Ihres Depots. Zusätzlich können Sie mit den Satelliten an interessanten Themen und aktuellen Marktentwicklungen partizipieren«, stand da neben einem billig designten Atommodell. Im Kleingedruckten stand dann, dass als Kernprodukt ein Strategiefonds eingesetzt wird, als Satelliten strukturierte Derivate.
    Äbersold knallte die Broschüre auf seinen Schreibtisch, also im Klartext genau die Produkte, auf die jeder Kunde wie ein Stier auf ein rotes Tuch reagierte, genau der Schrott, mit dem in den letzten Monaten viele Multimillionäre zu Millionären geschrumpft worden waren. Nicht zu vergessen, dass damit natürlich das gesamte Depot umgekrempelt werden musste, mit entsprechenden Fees, Kommissionen, Courtagen und allen Schikanen, die vor ein paar Jahren noch keinen Kunden groß gekratzt hatten.
    »Nutzen Sie die starken Erkenntnisse aus unserer Natur«, rief die Broschüre am Schluss dem Leser noch fröhlich nach.
    Genau, dachte

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