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Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Titel: Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Zeyer
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doch sicher, dass ich besser als Rysch bin, versuchte er sich zu beruhigen, da muss mir doch eine Lösung einfallen. Ich bin doch noch viel zu jung, um Flügel und Harfe zu fassen, das kann doch gar nicht sein. Plötzlich richtete sich Hinderli auf, blickte der Gefahr ins Auge, ganz so, wie der Jägersmann auf dem unsäglichen Ölschinken aus der fürstlichen Sammlung, der die gegenüberliegende Wand seines Büros verunzierte.
    »Wir lösen das Problem«, sagte er tapfer, »Sie bekommen diese Bestätigung. An wen darf ich sie adressieren?«
    Einen Moment herrschte tiefes Schweigen am anderen Ende der Leitung, an dieses Problem hatte Iwan, der sicher nicht Iwan hieß, offenbar gar nicht gedacht: »Sähr gut, Hinderli, wir verstähen uns. Also, dann schreiben Sie: Sputnik, Pushechnaya ulitsa 9, Moskau. Empfänger Iwan Scholochow, nur persänlich übergäben. Und schicken Sie äs mit DHL, overnight. Und sorgän Sie dafür, dass ich in zwei Tagen haben. Sie wissän, der Verkähr in Vaduz kann sein mörderisch.«
    Klick.
    Hinderli betrachtete seine zitternden Hände, als ob sie ihm gar nicht gehörten. Was tun, fragte er sich eins ums andere Mal verzweifelt. So eine Bestätigung fälschen, aussichtslos, das würde ihn bloß den Job kosten, und Iwan, der ja vielleicht doch Iwan hieß, würde es auch nichts nützen. Aber der Kampf ums Überleben ließ Hinderli zu Formen auflaufen, die er sich selbst vorher nicht zugetraut hätte. Ich muss mehr über diese Firma Sputnik oder einen gewissen Iwan Scholochov herausfinden, sagte er sich, aber bei seiner Sucherei im Internet landete er immer wieder und ziemlich schnell auf kyrillischen Seiten, und Hinderli sprach nur Dialekt und das nötigste Bankerenglisch, hoffnungslos.
    Aber mit seinem neuen Amt waren ihm auch neue Fähigkeiten zugewachsen. Mit der Agilität, die einem restlose Verzweiflung gibt, fand Hinderli nach ein paar Anrufen eine Auskunftei, die auf die Beantwortung solcher Fragen spezialisiert war. Hinderli ließ einen beeindruckenden Betrag von seiner privaten Kreditkarte abbuchen und bekam dafür das Versprechen, mit Expresszuschlag innerhalb von vierundzwanzig Stunden alle greifbaren Informationen über Sputnik, Iwan Scholochov und alles Drum und Dran zu erhalten.
    Wie Hinderli den Rest seines ersten Arbeitstages überlebt hatte, konnte er sich später beim besten Willen nicht mehr erinnern. Aber an den Anruf der Firma Moskauinform am nächsten Tag bis an sein Lebensende: »Wenn Sie Forderungen an Sputnik oder Iwan Scholochov haben, sollten Sie die wohl abschreiben«, wurde ihm mitgeteilt.
    »Warum?«, stammelte Hinderli in den Hörer.
    »Scholochow ist gestern Abend überfahren worden, zweimal, von einem Lastwagen, vorwärts und rückwärts. War wohl kein Unfall.«
    Hinderli hatte den Hörer leise aufgelegt, dann betrachtete er das Ölgemälde an der Wand.
    »Es gibt doch eine göttliche Gerechtigkeit«, murmelte er, »oder ob wohl der Fürst höchstselbst seine Hand über mich gehalten hat? Auf jeden Fall ist der Verkehr auch in Moskau mörderisch, nicht nur in Vaduz.«
Achtundfünfzig
    »Aber nein«, sagte Äbersold entrüstet, »natürlich haben wir Ihre Anlagestrategie befolgt und nur in Triple-A-Bonds investiert, Herr Flück. Wie bitte? Allerdings, darunter befinden sich auch ARS und Demand Notes. Nein, Herr Flück, ARS ist nicht Englisch für Arsch, wie Sie sich auszudrücken belieben, sondern das ist die Abkürzung für Auction Rate Securities. Es handelt sich dabei um langfristige Staatsanleihen, die Bonität des Schuldners steht außer Frage, man kann hier von einer bombensicheren Anlage sprechen. Sie wissen aber, dass es wohl eine gewisse Übertreibung bei den Bonitätsbestimmungen gab, weshalb wir inzwischen auch zwischen Alt-A und aktuelleren Bewertungen unterscheiden.«
    Während Flück vor sich hin zeterte, versuchte sich Äbersold krampfhaft daran zu erinnern, was eigentlich genau der Unterschied zwischen ARS und Demand Notes war. In den letzten Jahren hatte man sich ja einen dermaßenen Wust von neuen Finanzinstrumenten reinziehen müssen, dass doch eigentlich kein Mensch mehr drauskam, und normalerweise hatte es ja auch gereicht zu sagen, also um ein wenig Schwung in Ihre konservative Anlagestrategie zu bringen, gehören ARS und Demand Notes einfach dazu, sind wie Obligationen, kann man ruhig dabei schlafen, um anschließend die Fee und die Kommission vom Kundenkonto abzubuchen.
    Nachdem es Äbersold wieder eingefallen war, benützte er den

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