Bank, Zsuzsa
ließ es klingen, als stünde es schon fest, als sei es
besprochen, als gebe es schon einen Tag, an dem Zigi reisen würde. Es sei das
mindeste, was er für sie tun könne, sagte sie, sein Leben auf der anderen
Seite des Ozeans aufzugeben und es auf dieser Seite, neben Évi weiterzuführen.
Er sollte sich von den Straßenschluchten verabschieden und sich mit seinen
wenigen Dingen auf eine letzte Reise begeben, die in Kirchblüt enden würde, um
seine Tage fortan hinter Klatschmohn und Mais neben Évi zu verbringen, nicht
weit vom Haus des Bahnwärters und dem tiefgrünen Waldsee, in den Aja gefallen
war, nachdem Zigi ihr einen Sommer lang das Radfahren beigebracht und sie dann
verlassen hatte. Wenig später erzählte mir Aja, sie habe mit Zigi gesprochen,
um sechs Uhr New Yorker Zeit habe sie angerufen, und es sei ihr gleich gewesen,
ob sie ihn geweckt habe, sie habe nicht länger warten können, ihm zu sagen, Évi
fange an, den Verstand zu verlieren, er müsse sich auf den Weg machen, wenn er
noch Zeit mit ihr verbringen wolle, bevor sich dieser Verstand irgendwann ganz
auflöse. Zigi hatte nicht lange gebraucht, um zu antworten, er hatte auch nichts
eingewendet, als habe er selbst schon beschlossen gehabt zu kommen und nur
gewartet, bis sein Telefon läuten und Aja ihm sagen würde, es ist so weit.
Ein leichter Ostwind vertrieb das
Grau des Winters aus Kirchblüt, und viele Kilometer und Seemeilen weiter westlich
warf Zigi seine wenigen Kleider in einen Koffer, setzte den Hut auf und nahm
Abschied von den Holzplanken, über die er seit Jahren zum Zirkuszelt gelaufen
war, von den Buden, an denen sie Eis und Limonade verkauft, und von den Möwen,
die sich auf die im Wind klirrenden Fahnenmasten gesetzt hatten. Zum ersten
Mal bestieg er ein Flugzeug, und obwohl ihn auf dem Trapez nie gekümmert hatte,
wie weit der Boden von ihm entfernt war, wurde ihm flau, als es nach sieben
Stunden an Höhe verlor, weil er noch nie so schnell von einer Seite des
Atlantiks zur anderen gelangt war - so jedenfalls erzählte er es später unter Évis
Birnbaum. Am Flughafen hatte er den Bus Richtung Süden genommen und kurz darauf
den nächsten, der ihn nach Kirchblüt gebracht hatte, wo er weder den Tag noch
die Stunde seiner Ankunft angekündigt hatte, weil er es wie früher halten
wollte, dieses letzte Mal wollte er es wie früher halten. Er wollte allein
unter den Kastanien die Straße hinunterlaufen, allein in den schmalen Feldweg
biegen, Steine in die Hand nehmen und sie zum ersten Mal weit über die
lichtgrünen Felder des Frühlings werfen, die er noch nie gesehen hatte. Er
wollte mit seinem leichten Koffer am schiefhängenden Tor stehen und warten,
bis Évi sich am Küchenfenster zeigen, die wenigen Schritte zum Fliegengitter
gehen und es lösen, die Stufen hinabsteigen und über die wackelnden Platten zu
ihm eilen würde, mit ihren schnellen, fliegenden Schritten, an denen sich
nichts geändert hatte, um hinter dem Tor eine Hand auf seine Wange zu legen
und die andere auf sein Haar.
Ich hatte Zigi lange nicht
gesehen. In den wenigen Wochen, die er in Kirchblüt verbracht hatte, seit Aja
erwachsen war, war ich kaum dort gewesen, und es lag viele Jahre zurück, da ich
ihm unter fallenden gelben Blättern von meiner Linde nachgeschaut hatte, wenn
er losgelaufen war, um seine Schuhe zu verschenken. Zigi hatte nichts von dem
verloren, was mich als Kind angezogen hatte, auch wenn sich inzwischen viele
graue Fäden in sein Haar drängten und seine Haut an den Armen welk geworden
war. Er brachte Zirkusluft nach Kirchblüt, sie hatte sich in seinen Locken und
Kleidern verfangen, wehte frisch über den großen Platz und fuhr in die
Platanen, wenn Zigi unter ihren ersten Blättern von einer Seite zur anderen
ging, in Hosen, die zu kurz waren, um die Knöchel zu bedecken, wenn er die Tür
zum Fotoladen öffnete und seine schiefen Zähne zeigte, die sich dicht
nebeneinander drängten, wenn er sich auf einen der Klappstühle setzte und
Stunden warten konnte, bis Évi den Staub von den Vitrinen gewischt und das
Glöckchen ausgehängt hatte, bis sie die Tür dreimal auf- und zugeschlossen
hatte und dann seinen Arm fasste, um fürs Abendessen einzukaufen, was so spät
noch zu kriegen war. Es war neu, Zigi hier zu haben und zu wissen, er würde
bleiben, er hatte seinen Koffer ausgepackt und weggestellt, Évi hatte zwei
Schubladen für ihn leergeräumt, und er hatte seine wenigen Kleider
hineingelegt. Seit Jahren hatte ich sie nicht mehr so
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