Bank, Zsuzsa
entdeckte das Leben der anderen, sie
fand heraus, wie es aussehen konnte, wenn es sich nicht hinter drei Linden, am
Rand der Felder abspielte, sondern in einer Straße, die unter Kastanien in
Kirchblüt lag, in einem Haus, zu dem kein Pfad aus losen Platten, sondern ein
fester Weg führte, mit einem Dach aus Ziegeln, mit Wänden, die in der Nacht die
Kälte abwehrten, mit Fenstern, die man gut schließen konnte, mit langen
gedeckten Tischen, auf denen mindestens sechs gleiche Tassen und Teller
standen, und mit Garderoben, an denen die Mäntel auf Kleiderbügeln und nicht an
Nägeln hingen.
Irgendwann fing Évi an, im Garten
aufzuheben, was Aja verstreut hatte, sie schraubte ein Schild mit ihrem Namen
neben dem Fliegengitter an, ließ für ihr Zimmer zwei kleine Schränke liefern
und achtete darauf, dass sie über der Kommode rechts und links im gleichen
Abstand zum Spiegel angebracht würden, legte den Kopf zur Seite und gab zwei
Männern Anweisungen, nachdem sie die Schränkchen über die losen Platten
getragen und vor die Glastür gestellt hatten. Sie verteilte Kissen auf den
leeren Holzkisten, die wir umdrehten und als Hocker nutzten, rollte einen Teppich
aus, den ihre Freunde gebracht hatten und den Évi zusammengeschnürt hinter der
Tür hatte stehen lassen, und eine ganze Weile schnitt sie mit dem Küchenmesser
Fäden ab, die sich aus dem Saum der Vorhänge gelöst hatten. Sie tauschte die
bemalten Bilderrahmen aus, die Zigis Zeichnungen hielten, und kaufte im
Fotoladen neue, von dem ersten Geld, das man ihr aus der Ladenkasse gegeben
hatte, in kleinen Scheinen, so wie Évi es gewünscht hatte, und das sie nicht
nachgezählt, aber zu Hause auf dem Küchentisch vor unseren Augen ausgebreitet
hatte wie einen Fächer. Sie öffnete die Verpackung der Bilderrahmen, löste die
Folie, bog die kleinen Haken auf der Rückseite um und wischte mit einem
Geschirrtuch übers Glas, bevor sie die Bilder an der Wand mit den Fingerspitzen
ausrichtete, damit sie nicht länger schief hingen. Es war, als versuche sie
sich in einem anderen Leben, das sie entdeckt hatte, jedes Mal, wenn sie
Fotopapier in eine Wanne gelegt, mit der Pinzette herausgenommen und wie Wäsche
an eine Leine geklemmt hatte. Vielleicht war es wegen der vielen Fremden, die
sich auf den Bildern zu Familien fügten, mit ihren Ausflügen und Festen, die Évi
immerzu zeigten, was sie und Aja nicht hatten. Jedenfalls schien sie nie genug
gesehen zu haben, wenn sie am Abend über den Feldweg nach Kirchblüt lief,
sobald Aja eingeschlafen war, und meine Mutter sie von der Straße aus im
Fotoladen entdeckte, wenn sie noch immer unter dem Licht einer Lampe Bilder
ordnete.
Trotz Kissen und neuen Schränken
blieb es Évis Haus, auch wenn Évi die Gläser mit einem Sprung und die Geschirrtücher,
deren Flecken sie nicht mehr auswaschen konnte, verschwinden ließ. Mich störte,
dass Évi diese Dinge auf einmal störten und sie ihr Haus verändern wollte, in
dem uns nie etwas gefehlt hatte. Karl und ich jedenfalls waren an keinem
anderen Ort lieber als hier. Wir mochten es, über umgedrehte Kisten zu springen
und unsere Füße ins Waschbecken zu stellen, wenn wir auf der Spüle saßen und
durchs Küchenfenster schauten, aus schmalen Weckgläsern zu trinken, aus den
kleinen Plastiktassen, die der Getränkehändler verschenkte, wenn man zwei
Kästen Limonade mitnahm, und die Évi für uns sammelte. Wir mochten die
Hühner, wenn sie durch den Garten liefen und im Gras verschwanden, das uns im
Sommer bis an die Knie reichte, selbst das Klebeband mochten wir, das die Kabel
und Fensterrahmen hielt. Insgeheim hoffte ich, Évi würde aufhören, ihr Haar
anders zu tragen, es vor dem kleinen Spiegel, den sie aufklappen konnte, zu
färben, zu schneiden und an den Seiten festzustecken, ich hoffte, sie würde
wieder kochen wie früher und nicht nach den Rezepten, die sie von den Bildern
der Zeitschriften abzuschauen schien, die man am Kiosk neben dem Fotoladen
kaufen konnte. Ich wünschte, sie würde wieder so gehen wie immer, weil sie
selbst das geändert hatte, nicht nur die Schnelligkeit ihrer Schritte, sondern
die ganze Art, ihren Körper zu bewegen, den Kopf, den Hals, die Hände zu halten
und die Füße auf den Absätzen aus Holz voreinander zu setzen. Ich hoffte, ihr
neuer Ton würde verschwinden, in den sie fiel, wenn sie mit uns redete, wenn
sie lachte und hustete, ich hoffte, sie würde aufhören, sich an einem neuen
Leben zu versuchen und sich genauso leicht darin bewegen
Weitere Kostenlose Bücher