Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bank, Zsuzsa

Bank, Zsuzsa

Titel: Bank, Zsuzsa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die hellen Tage
Vom Netzwerk:
alle vier Wochen gebracht hatte, und
wenn ihn noch jemand auf seine Katalogzeiten ansprach, gab er einfach vor,
nicht der zu sein, für den ihn alle hielten.
    Évi begann, im Fotoladen hinter
dem großen Platz zu arbeiten, zu dem jeder in Kirchblüt seine Filme brachte,
um nach einer Woche die Bilder in einem roten Umschlag abzuholen, und wo Karl
später alles lernte, was man in unserer kleinen Stadt über Fotografie lernen
konnte. Der Ladenbesitzer hatte Évi gefragt, ob sie es sich zutraue, in seinem
Geschäft zu arbeiten, als sie dabei war, mit einem feuchten Tuch über seine
Fensterscheiben und Möbel zu wischen, und Évi hatte nicht überlegt, sie hatte
sofort ja gesagt, ja, sie traue es sich zu, in seinem Geschäft zu arbeiten,
natürlich traue sie sich, jedenfalls hatte sie es so am Abend meiner Mutter
erzählt, als passe nichts besser zu ihr, als in einem Fotoladen hinter der
Theke zu stehen und Filme in Umschläge zu stecken. An einem hellen Aprilmorgen,
der die letzten Reste Eis und Nebel mitnahm und uns nach den Wintermonaten, die
uns eingesperrt hatten, endlich freiließ, war Évi am großen Schaufenster mit
den Fotoapparaten, Objektiven und Bilderrahmen die Treppe hochgestiegen und
im Laden erschienen, in ihren offenen Schuhen mit den Absätzen aus Holz und
den zwei breiten Lederriemen, die ihre lackierten Fußnägel zeigten, mit dem
bunten Tuch im Haar, unter dem die eine wirre Strähne nicht bleiben wollte, in
dem dunkelblauen Kleid, das sie mit der Hand genäht hatte, an den Nachmittagen
davor, als sie zwischen uns auf einem der schiefen Stühle in ihrer Küche
gesessen und den Stoff über die Tischplatte geworfen hatte, mit weißem Garn
zwischen den Zähnen und einem Stück Kreide in der linken Hand, als bereite sie
sich auf etwas vor, auf das sie lange gehofft und das sich endlich erfüllt
hatte.
    Noch am ersten Tag gab man Évi
eine Schürze, auf der in grünen Buchstaben der Name des Fotoladens auf der
Brusttasche zu lesen war, und sagte ihr, sie brauche nicht in zu guten
Kleidern zu kommen, diese Schürze solle sie tragen. Fortan nahm Évi sie am
Morgen aus einem Metallschrank hinter dem dunklen Vorhang, brachte sie samstags
nach Hause, wusch sie im Garten in einer Schüssel aus, in der sich das Wasser
schnell grau färbte, und hängte sie zum Trocknen zwischen die Birnbäume, um sie
montags wieder in das Netz zu stecken, in dem sie sonst ihre Einkäufe trug.
Manchmal vergaß sie, die Schürze auszuziehen, wenn sie den Laden über Mittag
schloss, die Stufen hinabstieg und über den großen Platz spazierte, wegen der
frischen Luft, die sie schnappen musste, wie sie sagte, mit einem Brötchen in
der einen, einem Apfel in der anderen Hand, um sich vom Staub zu befreien, von
dem Geruch, der aus den roten Kuverts kam, sobald sie eines öffnete und auf die
Theke legte. Manchmal trug sie ihren Kittel noch am Abend, wenn sie nach den
Johannisbeeren sah, wenn sie Erde zwischen den Fingern zerbröselte und Wasser
über die Beete goss, und erst wenn wir sagten, du trägst deine Ladenschürze
noch, öffnete Évi sie Knopf für Knopf und hängte sie an einen Nagel, den sie
neben die anderen Haken in die Wand geschlagen hatte, am selben Tag, an dem sie
im Fotoladen angefangen hatte.
    Évi hatte nie Fotos gebraucht,
Zigis Zeichnungen hatten ihr genügt, ein Augenblick der Ruhe, um ein Bild einzufangen
und nicht mehr zu vergessen, und zuerst hatte sie sich gewundert über die
vielen Leute, die ihre Filme brachten, über die vielen Bilder, die in Kuverts
lagen und oft nur das Gleiche zu zeigen schienen. Etwas drängte sich in ihre
Tage, das ihr bislang fremd gewesen war, jedes Mal, wenn sie rote Umschläge
über die Ladentheke reichte und Negative durchsah, die hinter dem Vorhang in
einer großen Kassette lagen. Wenn wir Évi nach der Schule besuchten, durften
wir Fotokleber auf Karton schmieren, bunte Papierreste zerschneiden, und
sobald das Glöckchen an der Tür klingelte und Évi den Vorhang beiseiteschob,
durften wir zuschauen, wenn jemand Namen und Anschrift auf ein Kuvert schrieb,
bevor Évi den kleinen Beleg abtrennte und auf die Theke legte. Wenn sie die
Umschläge vor dem vergitterten Fenster zum Hof mühsam nach den Anfangsbuchstaben
der Namen ordnete, sah sie die Bilder manchmal durch, als suche sie eines
darunter, und wenn sie den weißen Handschuh überzog und die Fotos unter dem
grellen Licht einer Lampe mit einer Pinzette fasste, konnten wir ahnen, dass
etwas daran verboten sein musste. Évi

Weitere Kostenlose Bücher