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Bankgeheimnisse

Bankgeheimnisse

Titel: Bankgeheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Sievers
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hatte sie bei einer Unregelmäßigkeit erwischt. Und er hatte ihr einen netten Abend in Aussicht gestellt. Auf seinem Gesicht erschien ein Ausdruck kalkulierter Besorgnis, als er sie fragte, ob sie heute morgen Zeitung gelesen habe. Sie schüttelte den Kopf, aber ihr war sofort klar, worauf er hinauswollte. Natürlich wußte sie auch ohne Zeitung von dem, was gestern in Johannas Penthouse passiert war. Die Nachricht war heute früh wie ein Lauffeuer durch die Bank gegangen.
    Wiking bat Hilda, für zweihundert Mark Blumen und eine Genesungskarte zu besorgen und zu veranlassen, daß sie Johanna ins Krankenhaus geschickt wurden, so, als wüßte er nicht ganz genau, daß sie bereits untergetaucht war. Morgen früh, vielleicht heute abend schon, würde die ganze Stadt aus den Zeitungsmeldungen und Nachrichten vom spektakulären Tod ihres Mannes und ihrer Flucht erfahren.
    Dann kam er zur Sache. »Ach, da wäre noch eine Kleinigkeit. Es betrifft die Amery-Stiftung.«
    »Ich weiß. Die ist geplatzt. Zu schade, oder? Das wäre für die Bank eine Riesensache gewesen, die größte überhaupt.«
    Er zuckte die Achseln. »Das muß nicht heißen, daß niemals etwas daraus wird. Nächsten Monat sieht es vielleicht schon wieder anders aus.«
    Sie nickte verständnisvoll. »Reiche Leute sind oft komisch.«
    »Richtig. Jetzt zu der Akte. Es ist doch noch alles intern, oder?«
    »Natürlich. Ihre Sekretärin hat mich doch heute morgen schon angerufen, daß in dieser Sache nichts mehr rausgehen darf.«
    »Ja, aber das ist nicht genug. Der Vorgang enthält absolut vertrauliche Daten.«
    »Ich weiß. Frau Dr. Herbst hatte mich schon daraufhingewiesen, daß alles top secret ist. Die gesamte Liste der Konten. Firmeninterna...«
    Er unterbrach sie. »Genau. Mit anderen Worten, sämtliche verfügbaren Unterlagen sind ab sofort Vorstandsvorgänge. Wenn ich dann bitten dürfte...«
    Sie wurde rot und schielte unter ihren Schreibtisch. Er merkte, daß sie ihre Füße bewegte. Wahrscheinlich hatte sie die Schuhe ausgezogen. Sie schaffte es nicht, sie unbemerkt wieder überzustreifen. Mit einer gemurmelten Entschuldigung bückte sie sich und verschwand für einige Sekunden unter der Schreibtischplatte. Als sie wieder auftauchte, war ihr Rock hochgerutscht. Er betrachtete ungeniert ihre Beine, während sie ihr Kostüm zurechtzupfte. Als sie sich umdrehte, um zum Wandsafe zu gehen, straffte er sich. In diesem Augenblick hatte er nichts mehr von einem freundlichen Bären an sich. Während er beobachtete, wie sie die Akte aus dem Safe holte, nahm sein Gesicht einen wölfischen Ausdruck an. Sie überreichte ihm die ledergebundene Mappe mit dem protzigen Wappenaufdruck.
    »Kopien?« fragte er beiläufig.
    »Es gibt drei.« Sie zog eine Schublade an ihrem Schreibtisch auf und nahm drei ausgefüllte Formularblätter heraus. »Hier sind die Empfangsbestätigungen. Eine Kopie haben Sie selbst. Eine Herr Helmberg. Eine Herr Herbst.«
    »Mehr sind nicht da?«
    »Nein, ich hatte sie selbst gemacht und dann die Akte wieder weggeschlossen.«
    »Hat Frau Dr. Herbst noch eine Kopie in ihrem Büro liegen?«
    »Nein.«
    Er frohlockte innerlich. Offenbar hatte sie vorgehabt, mit dem Original zu arbeiten. Bei Hildas nächsten Worten erstarrte er.
    »Sie hat es in ihr Notebook eingescannt.«
    »Was?«
    »Sie hat es in ihr Notebook eingescannt.«
    »Verdammt, ich bin nicht taub«, fuhr er sie an. »Was zum Teufel soll das heißen?«
    »Sie hat... sie hat es eingescannt«, stammelte sie. »Mit einem Handscanner. In ihr Notebook. Das ist ein...«
    Er atmete ruckartig aus. »In Ordnung. In Ordnung. Ich weiß, was ein Notebook ist. Wo ist es? Dieses Notebook?«
    »Es lag auf ihrem Schreibtisch, als sie gestern ging. Ich meine, es war noch da, als sie schon weg war...« Sie brach verwirrt ab, als er sich abrupt abwandte und zur Tür ging.

    An den folgenden Tagen konnte Fabio nicht mit Johanna über die Ereignisse sprechen, die zum Tod ihres Bruders und ihres Mannes geführt hatten. Er sah sie nur abends, und jedesmal, wenn er kam, schlief sie bereits. Tagsüber lag sie apathisch im Bett und starrte blicklos an die Decke. Gina, die sich den ganzen Tag um sie kümmerte und nachts nebenan im Wohnzimmer auf der Couch schlief, versuchte ihr Bestes, um sie aufzumuntern. Mit sanfter Stimme redete sie auf Johanna ein, sie versuchte es täglich unzählige Male, doch sie erreichte nichts.
    Johanna hatte den Unfall und die Fehlgeburt ohne körperliche Folgen überstanden. Die

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