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Bankgeheimnisse

Bankgeheimnisse

Titel: Bankgeheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Sievers
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Parkplatz.
    Die Stelle, wo sie auf ihn wartete, befand sich in der Nähe, aber wegen des dichten Verkehrs brauchte er fast zwanzig Minuten, bis er dort war. Während der Fahrt behielt er den Rückspiegel im Auge, hatte aber nicht den Eindruck, verfolgt zu werden. Er parkte den Wagen vor dem Eingang einer Laubenkolonie, die sich im Schatten des aufragenden Turms in südwestlicher Richtung erstreckte. Das Gelände wirkte um diese Tageszeit wie ausgestorben. Fabio sah sich suchend um. In der Nähe gab es eine Telefonzelle, aber sie war leer. Dann sah er, wie Johanna sich zwischen wucherndem Gestrüpp hervorschob, sich mißtrauisch umschaute und schließlich mit unsicheren Schritten auf ihn zukam. Fabio starrte sie an. Wenn er nicht gewußt hätte, daß sie es war, hätte er sie nicht erkannt. Ihr Gesicht war ausgezehrt und kalkweiß, bis auf die violetten Ringe unter ihren Augen. Um die Mundwinkel hatten sich Linien eingegraben, die beim letztenmal noch nicht dort gewesen waren. Das Haar hing ihr klebrig und strähnig um den Kopf. Das sonst so helle Lichtblau ihrer Augen war stumpf und dunkel. Ihre Hose war naß von Blut. Fabio riß das Handtuch aus der Tasche seiner Windjacke und reichte es ihr. Im selben Moment wurde ihm klar, wie lächerlich unzureichend diese Geste war, und ohne zu zögern nahm er Johanna auf die Arme und trug sie zum Wagen. Ihr Körper war schmal und leicht, sie wog nicht mehr als ein Kind. Er setzte sie behutsam auf dem Beifahrersitz ab.
    Sie stopfte das Handtuch zwischen ihre Schenkel, atmete durch und legte die Stirn gegen das Armaturenbrett. Fabio ging um den Wagen herum und ließ sich hinter das Steuer fallen. Während er seine blutbeschmierte Jacke auszog, musterte er Johanna. »Du mußt sofort in ein Krankenhaus.«
    »Nein. Es ist schon viel besser geworden, es blutet längst nicht mehr so stark wie vor einer Stunde. Ich bin in Ordnung.«
    »Aber du hast doch...«
    »Es ist vorbei. Bring mich... bring mich irgendwo hin, wo sie mich nicht finden.«
    Er schob den Schlüssel ins Zündschloß und startete den Motor. Im Wageninneren roch es durchdringend scharf nach Gemüse und Gewürzen, was ihm unerklärlicherweise plötzlich peinlich war. Auf der Ladefläche stand noch ein halbes Dutzend Kisten, die er vom Markt geholt hatte. Schweigend lenkte er den Lieferwagen von den Parkplätzen und fuhr auf den Alleenring zurück. Sie wischte sich die Haare aus der Stirn, und er konnte sehen, daß ( ihre Finger blutverkrustet waren.
    »Was, zum Teufel, ist passiert?«
    »Als ich aufwachte, war ich in einem Krankenhaus, ich weiß nicht mal, was es für eins war.« Sie sprach schnell, leise und ohne sichtbare Emotionen. »Ich hing am Tropf, und Leo saß an meinem Bett. Ich war kaum wach, als er mich auch schon aus dem Bett zerrte, mich anzog und nach draußen schleppte. Aber sie waren schon da. Sie haben in ihrem Wagen gesessen und nur darauf gewartet, daß es richtig Tag wurde.«
    »Wer sind sie?«
    »Die Typen, die gestern bei mir waren. Als wir losfuhren, haben sie uns gesehen und uns verfolgt. Sie haben Leo in voller Fahrt angeschossen, der Wagen raste die Böschung runter, Leo ist durch die Scheibe geflogen.«
    »Leo ist...«
    »Ja, ich hab neben ihm auf der Erde gekniet, als er gestorben ist.« Johannas Stimme hatte einen seltsam leiernden Klang, und sie wiegte sich vor und zurück, die Arme eng um den Körper geschlungen. »Ich hatte Glück, ich war angeschnallt. Einer von den beiden Typen hat am Straßenrand gestanden. Ich bin sofort abgehauen.«
    »Hast du zuerst versucht, mich in meiner Wohnung zu erreichen?«
    Sie nickte mechanisch. Ihre Anspannung verschwand von einer Sekunde zur nächsten und wich tödlicher Erschöpfung. Sie spürte genau den Moment, in dem alle Lebensenergie aus ihr herausgezogen wurde wie von einem starken Magneten, der sie restlos ausgebrannt zurückließ.
    »Ich hab oben bei mir das Telefon abgestellt«, erklärte er ungefragt. »Gina war außer sich nach dem, was da gestern abend im Penthouse passiert ist. Sie ist erst um fünf ins Bett gegangen, sicher schläft sie noch. Was sind das für Leute, die hinter dir her sind? Hat es etwas mit Klingenberg zu tun? Mit der Bank?« Johanna starrte blind durch die Scheibe. Sie hörte, daß er redete, aber sie verstand den Sinn seiner Worte nicht mehr. Ihr Körper war eine einzige schmerzende Wunde. Ihre Sicht war getrübt. Wie hinter Milchglas zuckten Häuserfronten und Verkehrsschilder an ihr vorbei. Sie schloß die Augen und sah

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