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Bankgeheimnisse

Bankgeheimnisse

Titel: Bankgeheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Sievers
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den blutigen Klumpen, aus dem in einem anderen Leben ein Kind geworden wäre, ihr Kind, das jetzt in den Büschen hinter dem Fernmeldeturm lag. Fabio lenkte den Wagen stadteinwärts in Richtung Main. »Du kannst es mir später erzählen, wenn wir da sind. Ein Freund von mir hat hier in der Nähe eine Wohnung. Er ist für ein paar Monate im Ausland, ich habe den Schlüssel und sehe ab und zu nach dem rechten. Ich denke, da können wir rein, ohne daß es jemand mitkriegt. Es ist eins von diesen modernen Apartmenthäusern. Unauffällig. Unpersönlich. Tiefgarage, Aufzüge. Wenn wir da sind, rufe ich einen Arzt.«
    Sie legte den Kopf in den Nacken und schloß die Augen. »Nein, zu gefährlich...«
    Er beugte sich näher, um ihr Gemurmel verstehen zu können. »Ich muß... nur auf die Beine kommen... etwas ausruhen...«
    »Johanna?«
    Sie gab keine Antwort.
    »Das mit deinem Bruder tut mir leid.«
    Sie schwieg immer noch.
    »Weißt du, ich hatte mitbekommen, wie er zu dir hochging, und ich wollte nachsehen, was los war.« Er merkte, daß es unbeholfen klang, wie die Einleitung zu einer Rechtfertigung, doch da Johanna nicht darauf reagierte, vertiefte er das Thema nicht weiter. Er nahm sich vor, ihr irgendwann zu erzählen, daß er ihren Bruder gekannt hatte. Aber nicht heute. Stockend fuhr er fort: »Ich glaube, ich habe mit dir noch nicht darüber gesprochen, aber ich... ich hatte auch einen Bruder. Er war zwei Jahre älter als ich und mein bester Freund. Er starb, als ich vier war und er sechs.« Sie antwortete nicht. Ihr Kopf war zur Seite gefallen. Fabio erkannte, daß sie ohne Bewußtsein war.
    Er überlegte, ob sie ihre körperliche Verfassung richtig einschätzte, ob er es riskieren konnte, sie in die Wohnung seines Freundes zu bringen anstatt in das nächstbeste Krankenhaus. Schließlich entschied er, ihrem Wunsch Folge zu leisten. Sie hatte mehr Grund, sich zu verstecken, als sie im Moment ahnte.
    Fabio dachte erneut an die vergangene Nacht. Während er vor der offenen Wohnungstür des Penthouse einem übermüdeten Kripobeamten seine Aussage zu Protokoll gegeben hatte, war ein Spurensicherungsteam damit beschäftigt gewesen, den Tatort zu untersuchen. Er hatte noch den überraschten Ausruf im Ohr, mit dem einer der Beamten eine besondere Entdeckung angezeigt hatte — ein Päckchen mit Drogen und tödlichem Gift.
    Doch nicht nur dieser Fund hatte Fabio in Alarmzustand versetzt, sondern vor allem der wilde Triumph, den er im Gesicht eines grauhaarigen Mannes gesehen hatte, eines Staatsanwalts namens Jäger.

    Am Nachmittag dieses Tages saß Wiking an seinem Schreibtisch in der Bank. Alle paar Minuten sah er nervös auf die Uhr, obwohl er wußte, daß Ernst zu der vereinbarten Zeit anrufen würde, weder früher noch später, sondern auf die Minute genau. Wiking schloß die Augen und legte beide Hände um den geschliffenen Opal, der ihm als Briefbeschwerer diente. Sekunden später öffnete er die Augen wieder und sah abermals auf die Uhr. Noch fünf Minuten. Fahrig zog er die vor sich liegende F.A.Z. näher heran und schlug sie auf. Er blätterte mehrmals um, blieb bei den Börsennotizen hängen, schaffte es jedoch nicht, sich zu konzentrieren. Aus einem inneren Zwang heraus schlug er, wie bereits mindestens ein halbes Dutzend Male zuvor, die Lokalnachrichten auf, an der Stelle, wo über die ungeklärten Umstände berichtet wurde, unter denen am Vorabend ein junger Mann namens Michael Sonntag ums Leben gekommen war. Wikings Augen glitten über die Zeilen und blieben an dem Wort »Krankenhaus« hängen, bevor sie die ganze Zeile fokussierten. »Mußte wegen einer drohenden Fehlgeburt in ein Krankenhaus eingeliefert werden.« Da war sie jetzt nicht mehr, wie er wußte. Wiking sah abermals zur Uhr. Noch zwei Minuten.
    Er schob die Zeitung zur Seite, stand auf und ging zum Fenster. Ein grauer Himmel hing über den Zwillingstürmen der Deutschen Bank. Die weiter entfernten Hochhäuser waren vom ewigen Nieselregen umhüllt. Über den Parkanlagen im Herzen der Stadt lastete die Feuchtigkeit wie ein schweres, modriges Tuch.
    Wiking drückte die Stirn gegen die dicke Sicherheitsscheibe und stützte sich mit beiden Händen ab. Das schlechte Wetter der letzten Tage machte ihn schwermütig. Er fühlte sich alt und ausgelaugt. Er fragte sich, wie er das alles überstehen sollte.
    Gestern war es ihm in dem allgemeinen Trubel gelungen, sich aus dem Penthouse wegzustehlen, bevor Polizei und Ambulanz kamen, aber er war sich nicht

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