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Bankgeheimnisse

Bankgeheimnisse

Titel: Bankgeheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Sievers
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einzige, was er noch hatte von zu Hause. Den Fotoapparat und eine Schwester, die vor seinen Augen mißbraucht wurde. Er hat dagestanden, mit dem kleinen Fotoapparat, und er hat geweint vor Angst und Haß. Er wollte mir helfen, aber der Junge schlug und trat ihn, und als er mir das nächste Mal weh tat, drohte er damit, meinen Bruder umzubringen, wenn ich schreie. Also habe ich nicht geschrien. Ich habe mich gewehrt, ich mußte es einfach tun, doch das war ihm egal, er war viel stärker. Heute glaube ich, daß es ihm sogar Spaß machte, wenn ich mich wehrte. Ich wurde schwanger und hatte eine Fehlgeburt. Wir kamen in ein anderes Heim, Micky und ich. Ich habe dem Tag entgegengefiebert, an dem ich achtzehn wurde.«
    Fabio konnte nicht sprechen, sein Hals war zugeschnürt. Regungslos hielt er ihren zerbrechlichen Körper in seinen Armen, ohnmächtig vor grenzenlosem Haß auf jene Männer in ihrer Vergangenheit. Er wagte kaum zu atmen, so als würde die geringste Bewegung sie verletzen.
    »Ich hatte keinen Mann, bis Leo kam. Ich dachte, er wäre anders. Er war so zärtlich. Er hat mir beigebracht, daß die körperliche Liebe schön ist. Wir hatten eine gute Zeit, wir beide. Das war, bevor er genauso wurde. Bevor er mir weh tat.«
    Fabio schloß die Augen, aber er konnte nicht verhindern, daß Tränen unter seinen Wimpern hervortraten.
    »Er hat mich vergewaltigt und mir ein Kind gemacht. Zuerst wollte ich es nicht bekommen, aber später doch. Es wäre mein Kind gewesen. Ich hätte einen Menschen gehabt, den ich lieben kann. So wie früher meinen Bruder, als er klein war und ich mir einbildete, daß er mein Kind wäre. Jetzt ist niemand mehr da. Micky. Leo. Mein Baby. Sie sind alle weg.« Ihre Stimme hatte wieder jenen seltsam tonlosen, leiernden Klang angenommen wie an dem Morgen, als er sie hinter dem Fernmeldeturm blutend und halb tot aufgelesen hatte. Ihr Rücken war starr und unnachgiebig unter seinen Händen.
    Er ließ sie abrupt los, drehte sich von ihr weg und setzte sich auf. Minutenlang verharrte er bewegungslos, den Kopf in den Händen vergraben. Schließlich wandte er sich ihr langsam wieder zu. An seinem Kinn zuckte ein Muskel, als er mit schwerem italienischen Akzent zu reden begann. »Ich bin genauso wie die anderen. Ich will dich verletzen, quälen. Dir Gewalt antun. Das glaubst du jetzt, oder? Ich kann’s dir nicht verdenken. Nicht, nachdem ich gerade diese Dinge zu dir gesagt habe und zu dir ins Bett gestiegen bin.« Sie kehrte ihm den Rücken zu und zog sich die Decke über den Kopf.
    »Johanna. Bitte sieh mich an!« Fabio nahm ihr vorsichtig die Decke vom Gesicht und drehte sie an der Schulter zu sich herum. Er zeigte ihr seine offenen Hände. »Ich schwöre dir, ich habe dich noch nie belogen. Ich verspreche dir jetzt etwas, und ich möchte, daß du gut zuhörst. Ich werde dich niemals wieder gegen deinen Willen anfassen. Niemals. Ich bitte dich um Verzeihung für das, was ich gerade zu dir gesagt habe und was ich getan habe. Ich wollte das nicht. Ich wollte dir nicht weh tun, das mußt du mir glauben. Ich wollte... ach verdammt, ich wollte, daß du aufwachst, daß du wieder da bist. Du mußt jetzt nichts sagen. Hör mir nur zu. Du kannst hier liegen und schweigen und schlafen, solange du willst. Ich werde für dich da sein und mich um dich kümmern. Ich werde dich mit meinem Leben beschützen. Ich werde dafür sorgen, daß niemand in deine Nähe kommt. Ich verstecke dich, solange du willst und wo du willst. Was meine Schwester dir über meine Gefühle gesagt hat, ist wahr, Johanna.«
    »Ach. Was du nicht sagst.« Ihre Stimme war rauh und höhnisch. »Wenn du nur den Mund aufmachst, kommt Mist heraus. Du solltest besser die Klappe halten, du blöder Itaker.«
    Er war machtlos gegen das jähe Gefühl der Kränkung, das in ihm aufstieg, aber dann erkannte er, daß er es geschafft hatte. Sie hatte eine Reaktion gezeigt. Sie war wieder da.

    Auf dem Teufelsbrück an der Hamburger Elbchaussee, am äußersten Anlegeplatz der Linienschiffahrt im Hafen, stand ein Mann. Er trug einen mit Lammfell gefütterten Wintermantel. Gegen die schneidende Kälte hatte er den Kragen hochgeschlagen. Er starrte durch den nebligen Dunst die Ovelgönne entlang in Richtung Norderelbe, die Hände tief in den Manteltaschen vergraben. Der Wind führ in sein Haar, wehte es vor sein Gesicht und um seinen Kopf, der für den schmalen Körper zu groß wirkte.
    »Sie sind zwei Minuten zu spät.« Er sagte es, ohne sich zu dem Mann

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