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Bankgeheimnisse

Bankgeheimnisse

Titel: Bankgeheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Sievers
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umzudrehen, der hinter ihm aus dem Nebel aufgetaucht war.
    Strass hüstelte entschuldigend. »Es hat eine Weile gedauert, bis ich es gefunden hatte. Es ist so abgelegen.« Er trat von einem Bein auf das andere, frierend die Arme um den Körper geschlungen. Als er Paris am Morgen verlassen hatte, war es dort zwar unwirtlich, aber nicht annähernd so kalt gewesen wie in Hamburg. Es sah Ernst ähnlich, ihn ausgerechnet hierher zu beordern, an eine Stelle, wo es so kalt und windig war wie nirgends sonst in dieser Stadt. Daß Strass Paris überhaupt hatte verlassen müssen, war typisch für Ernst, eine seiner Methoden, andere an ihre untergeordnete Stellung zu erinnern.
    Ernst betrachtete die Raffinerie vor dem Petroleumhafen am gegenüberliegenden Ufer, wo ölige Schwaden aufstiegen und sich mit dem Nebel mischten. Ein Lotsenboot tuckerte vorbei und legte am westlich vorgelagerten Kai des Köhlfleethafens an.
    Ernst drehte sich zu Strass um. Seine Miene war unbewegt, und im bleichen Licht des beginnenden Novembers waren seine Augen so grau wie das träge fließende Wasser der Elbe. Seine Lippen schienen sich beim Sprechen nicht zu bewegen. »Sie fahren heute noch nach Frankfurt.«
    Strass unterdrückte ein frustriertes Seufzen. Er hatte es geahnt. Ernst setzte sich in Bewegung. Strass folgte ihm. Sein Atem bildete Dampfwolken vor dem geröteten Gesicht, und er fror erbärmlich. Nach einem dürftigen, lieblos zubereiteten Lunch auf dem Flug von Paris nach Hamburg rumorte es hörbar in seinem Magen. Er hatte Hunger.
    »Hat es mit der Frau zu tun?« fragte er ohne besonderes Interesse. »Sie ist doch schon so lange verschwunden.«
    »Bis jetzt hat sie sich noch nicht gerührt. Vielleicht liegt es daran, daß sie steckbrieflich gesucht wird. Aber sie ist noch in der Stadt. Ich weiß es. Und sie wird auftauchen. Bald. Auch das weiß ich.«
    »Ich hätte schwören können, daß sie in die Schweiz geht, wo ihre Belohnung auf der Bank liegt.«
    »Verlassen Sie sich darauf, sie ist in Frankfurt. Also fahren Sie auch da hin.«
    »Und was soll ich in Frankfurt?«
    »Sie suchen und davon abhalten, uns Schwierigkeiten zu machen.«
    Strass kniff die Lippen zusammen. Er wußte, daß Ernst bereits zwei Tage nach dem Unfall nach Frankfurt geflogen war, weil Wiking in der Bank Probleme bei der Vertuschungsaktion gehabt hatte. Ebensogut hätte er sich jetzt auch selbst um die Liquidierung der Frau kümmern können, oder er hätte es Jorge überlassen können, der liebte diese Art von Arbeit über alles. Aber Ernst genoß es, Strass springen zu lassen. Und er wollte ihn noch tiefer in die Sache hineinziehen. Ernst würde nicht eher ruhen, bis auch an seinen Händen Blut klebte. »Und wie soll ich sie davon abhalten?« fragte er, obwohl er die Antwort kannte.
    »Indem Sie sie töten.«
    »Sie hätte längst etwas unternehmen können, wenn sie gewollt hätte. Vielleicht hat sie gar nicht vor, uns Schwierigkeiten zu machen. Immerhin wird sie gesucht. Sie wäre schön dumm, wenn sie zur Polizei ginge.«
    »Wenn sie sich doch noch dazu entschließt, könnte sie mehr Staub aufwirbeln, als wir verkraften würden. Unser gesamtes Projekt wäre dann ernsthaft in Gefahr. Wahrscheinlich wäre es sogar endgültig zu Ende. Es ist schlimm genug, daß wir es schon wieder verschieben mußten.«
    »Aber sie hat keine Beweise. Wiking hat doch alles...«
    Ernst maß ihn mit einem Blick, der Strass verstummen ließ.
    Strass schlug die Augen nieder. »Und wo finde ich sie?«
    »Ich sagte es schon. Sie suchen sie.«
    »Die Stadt ist riesengroß«, protestierte Strass.
    »Nicht so groß wie Paris oder Hamburg. Zugegeben, die Anzahl der möglichen Verstecke scheint auf den ersten Blick unüberschaubar, aber wenn Sie methodisch zu Werke gehen, dürfte es nicht allzu schwierig werden. Jorge und Chen sind in Frankfurt und stehen zu Ihrer Verfügung. Die beiden anderen Männer der Brigade schicke ich auch noch hin.«
    »Woher wollen Sie wissen, daß sie nicht längst woanders ist?«
    »Weil ich es weiß. Sind Sie nicht auch meiner Meinung?« Ernst fragte es leichthin, doch seine Augen verengten sich kaum merklich.
    Strass’ Lächeln wirkte aufgesetzt. »Natürlich haben Sie recht. Frankfurt ist ihre Stadt. Sie kennt sich dort aus. Hat Freunde, Bekannte. Sie hat sich einen Schlupfwinkel gesucht, wo sie untergekrochen ist und ihre Wunden leckt.« Er haßte sich für den Eifer in seiner Stimme und überlegte fieberhaft, wie er seinen unumstößlichen Vorsatz in die Tat

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