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Bankgeheimnisse

Bankgeheimnisse

Titel: Bankgeheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Sievers
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Arbeitsgewohnheiten von Bankern bekannt. Der private Sicherheitsdienst, dem er angehörte, beschäftigte regelmäßig um die hundert Männer, die in Schichteinsätzen die Tempel des Geldes bewachten und dafür sorgten, daß all diese hochbezahlten, teuer gekleideten, selbstsicheren Männer und Frauen unbehelligt blieben.
    Er blickte auf die Tür links neben den Aufzügen, die in derselben Farbe wie die Wand gestrichen war. Die Frau würde jeden Augenblick auftauchen. Er widmete seine Aufmerksamkeit erneut dem Kreuzworträtsel, das er vor sich liegen hatte. Schriftstücksammlung mit vier Buchstaben. Er dachte nach, aber es fiel ihm nicht ein. Er schaute wieder auf die Tür, gerade als diese sich langsam öffnete. Dann hörte er das Geräusch, einen dumpfen Schlag, gefolgt von einem Klirren. Er fuhr herum. Da war etwas an der Glasfront. Wieder hörte er ein Klirren, diesmal lauter. Im selben Moment sah er im milchigen Licht der Eingangshalle auf dem Vorplatz des Bankgebäudes zwei dunkle Gestalten, die sich hin und her bewegten. Der Wachmann erkannte, daß sie allem Anschein nach miteinander kämpften. Das dichte Schneetreiben machte es unmöglich, weitere Einzelheiten zu erkennen. Der Wachmann erhob sich halb und reckte den Kopf. Eine der Gestalten prallte mit dem Rücken gegen das zentimeterdicke Panzerglas der Frontscheibe und sackte nach unten. Der Wachmann stand vollends auf und rannte aus der Loge. Aus den Augenwinkeln sah er den schwingenden, sherryfarbenen Wollmantel der Frau, die zu den Aufzügen ging.
    »Ärger?« rief eine leicht heisere Stimme. Der Wachmann hob die Hand, ohne sich zu der Frau umzusehen. Er ging zögernd auf die Eingangstür zu. Die zweite Gestalt tauchte hinter einem Vorhang aus Schnee auf und stürzte sich auf den anderen, der gerade mühsam auf die Beine kam. Es waren zwei Männer, dunkelhaarig, offensichtlich Ausländer. In der Hand des Größeren blitzte plötzlich ein Springmesser, mit dem er vor dem Gesicht des anderen Drohgebärden ausführte.
    »Nehmen Sie den Aufzug, bleiben Sie nicht hier.« Der Wachmann blickte sich über die Schulter flüchtig zu der Frau um, die sich hastig zum Lift umdrehte und gehorsam ihre Karte in den computergesteuerten Codeabtaster schob. Die langen, rötlichblonden Haare fielen wie ein Schleier vor ihr Gesicht. Sofort richtete der Wachmann seine gesamte Konzentration wieder auf die Männer, die einander umkreisten. Der kleinere der beiden ließ ebenfalls ein Messer aufschnappen. Der Wachmann konnte die Gesichter der beiden nicht erkennen. Der eine Mann kehrte ihm den Rücken zu, der andere hatte in Abwehrhaltung den Unterarm erhoben. Der Wachmann nahm das Funkgerät vom Gürtel und piepte die Sicherheitsstreife an, die in der Gegend mit Hunden patrouillierte.
    »Zwischenfall vor dem Bankgebäude. Unmittelbare Objektbedrohung nicht erkennbar. Zwei Männer, vermutlich Ausländer. Eine Messerstecherei vor dem Haupteingang.« Bevor das Antwortsignal ertönte, zog der Wachmann seine Pistole aus dem Gürtelhalfter und entsicherte sie. Es war der erste Zwischenfall dieser Art, den er zu meistern hatte. In seinem Kopf überschlugen sich die Gedanken. Er malte sich aus, daß einer der Männer den anderen niederstach und ihn vor seinen Augen tötete. Oder daß der Verletzte mit einem Messerstich im Bauch vor der Tür der Bank lag und langsam verblutete, während der andere Fersengeld gab. Der Wachmann eilte instinktiv zur Tür, um sie zu öffnen. Er streckte die Hand zur elektronischen Türsicherung aus, ließ sie dann jedoch zögernd wieder sinken. Es war gegen die Vorschrift. Egal, was sich da draußen abspielte, er durfte die verdammte Tür nicht öffnen.
    Die beiden Männer bewegten sich langsamer. Sie hatten sich etwa zehn Meter vom Gebäude entfernt. Der Wachmann betete, daß die Kälte ihre Kampflust abkühlen möge. Funksignale drangen aus seinem Pieper. Ein Kollege meldete sich. »Bin auf dem Weg. Zwei Minuten. Ist die Polizei benachrichtigt?«
    »Oh, Scheiße!« Der Wachmann verfluchte seine Nachlässigkeit. Statt mit der Pistole herumzufuchteln und zum Eingang zu rennen, hätte er sofort die Polizei rufen müssen. Er rannte zum Schaltpult in der Loge, um das Versäumte nachzuholen. Den Telefonhörer schon am Ohr, blickte er nochmals nach draußen. Sein Finger verharrte in der Luft, Zentimeter über den Telefontasten. Die beiden Männer waren verschwunden.

    In der zehnten Etage gab es nirgends Licht. Der Gang wurde durch die Fahrstuhlbeleuchtung matt

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