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Bankgeheimnisse

Bankgeheimnisse

Titel: Bankgeheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Sievers
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nichts gefunden. Wiking ist nicht dumm. Sie dürfen ihn nicht unterschätzen. Er wirkt oft so unbeholfen, manchmal sogar naiv. Aber sein Aussehen täuscht. Er ist clever. Sehrclever. Auch in seinem Büro hätten Sie nichts gefunden, wenn Sie es dort gesucht hätten. Sie wollten es doch dort suchen, oder?« Johanna fand den Hebel. Fabio hatte es oft genug mit ihr geübt. Sie entsicherte die Pistole. Das Geräusch war deutlich hörbar.
    »Tun Sie das nicht, Johanna. Ich meine es gut mit Ihnen. Ich gebe Ihnen die Akte.«
    »Was?«
    »Das überrascht Sie, nicht wahr? Ja, ich habe die Akte. Natürlich hat Wiking damals meine Kopie einkassiert, genau wie bei Ihnen und Leo. Aber ich hatte zu dem Zeitpunkt schon meine private Kopie. Eigenhändig angefertigt.« Helmberg trat ins Zimmer. Jetzt war deutlich zu sehen, daß er lächelte. Johanna lehnte sich gegen den Schreibtisch. Ihre Knie zitterten. Sie ließ die Pistole nicht los. »Ich weiß, was Sie von mir halten. Sie denken, daß ich alt und abgehalftert und als Jurist zweitklassig bin. Ein Opportunist und Steigbügelhalter. Jemand, der nur noch stur auf seine Pensionierung schaut und auch nicht davor zurückschreckt, fragwürdige Gratifikationen auf einem Nummernkonto anzunehmen. Vielleicht haben Sie recht. Vielleicht trifft von all dem etwas zu. Vielleicht bin ich ein Mann, der sich nach dem Wind dreht. Der Unbequemlichkeiten lieber aus dem Weg geht. Irgendwo sind wir doch alle so. Aber trotzdem bin ich ein Mensch, der Wahrheiten erkennt, Johanna.«
    »Was, zum Teufel, wollen Sie damit sagen?«
    »Ich glaube, daß ich sogar noch vor Ihnen gemerkt habe, wer dieser Amery in Wirklichkeit ist.« Helmberg ging zum Fenster und blickte hinaus. Das Schneetreiben war schwächer geworden. »Ich habe ein Hobby. Heraldik.«
    Johanna öffnete den Mund, um zu fragen, was das ist, doch dann fiel es ihr ein, im selben Moment als er es aussprach. »Wappenkunde.« Er wandte sich zu ihr um. Sein Gesicht lag im Dunkeln, bis auf den blitzenden Rand seiner Brille. »Eine interessante Beschäftigung. Ich korrespondiere mit höchsten wissenschaftlichen Autoritäten auf diesem Gebiet.«
    »Das Wappen auf der Akte. War es falsch?«
    Er schüttelte den Kopf. »Es war vollkommen richtig. Ich habe es gleich erkannt. Es ist das Wappen einer Gilde.«
    »Gilde?«
    »Ja. Das ist eine Vereinigung. Eine ziemlich alte Schauspielervereinigung in diesem Fall. Mit Hugenotten hat es soviel zu tun wie... Mir fällt kein Vergleich ein. Es hat nichts damit zu tun. Es gibt adlige Amerys, denen bestimmte Wappen zugeordnet sind, aber keines von denen hat auch nur die geringste Ähnlichkeit mit dem Wappen dieser Gilde. Für mich war das Anlaß genug, eine Kopie zurückzubehalten. Die Ereignisse haben mir recht gegeben.«
    »Was haben Sie unternommen?« fragte sie heiser.
    Helmberg drehte den Kopf weg, so daß sie sein Profil sehen konnte. Er schwieg lange. Als er schließlich zu reden begann, klang seine Stimme ausdruckslos. »Ich habe drei Kinder. Mein ältester Sohn ist zweiunddreißig. Er tritt nächsten Monat eine Stelle als Bergbauingenieur an. Meine Tochter ist zwei Jahre jünger. Sie bekommt in ein paar Wochen ihr zweites Kind. Mein jüngerer Sohn wohnt noch zu Hause, bei mir und meiner Frau. Er studiert. Er will Jurist werden, vielleicht Banksyndikus wie ich. Jeden Sonntagnachmittag trifft sich die ganze Familie bei uns zu Kaffee und Kuchen. Meine kleine Enkelin ist vier Jahre alt. Sie ist unser größtes Glück. Ich kann die Vorstellung nicht ertragen, sie nie mehr zu sehen.« Er räusperte sich und wandte sich ihr wieder zu. »Johanna, ich habe Wiking sofort durchschaut, als er bei mir persönlich erschien, um die Akte abzuholen. Diese Geschichte, daß Amery sich alles anders überlegt hätte und keine Stiftung mehr machen will, war so dünn wie Seidenpapier. Ich habe kein Wort davon geglaubt. Ich habe ihm die Akte widerspruchslos gegeben, aber ich habe nicht verschwiegen, was ich von dieser Sache halte und ihm auch von dem falschen Wappen erzählt. Ich habe ihm ins Gesicht gesagt, daß ich Klingenbergs Tod mit dieser Sache in Verbindung bringe. Daß ich nicht an Selbstmord glaube. Er wurde bleich und ging. Am nächsten Tag kam ein Mann zu mir ins Büro. Ich weiß nicht, wie er es geschafft hat, ohne Voranmeldung zu mir zu gelangen. Wiking wird es ihm ermöglicht haben. Der Mann gab mir die Hand, dabei sah ich seine Fingernägel. Gräßliche Krallennägel, die er in meine Haut bohrte und mir damit weh tat,

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