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Bankgeheimnisse

Bankgeheimnisse

Titel: Bankgeheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Sievers
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hatte sich mit Klingenberg über ihre mittelfristigen Karriereaussichten in der Bank unterhalten. Irgendwie war dabei die Rede auch auf Helmberg gekommen. Sie hatte sich in abfälligem Ton über ihn geäußert.
    Er taktiert und laviert, Harald. Er windet und schlängelt sich. Er ist allzusehr Jurist, finde ich. Immer dieses Ja, aber. Immer dieses Vorausgesetzt, daß. Wie konnte er es zum Syndikus bringen?
    Du unterschätzt ihn, Johanna. Natürlich ist er nicht so versiert im Stiftungsrecht und bei den Wertanlagen wie du. Seine Stärke liegt im Konsortialbereich. Aber er ist erfahren. Du wirst noch lernen, daß mit wachsendem Alter die Entscheidungsbereitschaft sinkt. Man sieht die Dinge, die danach kommen, und man sieht mehr davon. Helmberg hat mir und der Bank durch seine Vorsicht viele Fehler erspart. Auf seine Art ist er ein feiner alter Kerl.
    Sie lehnte an der Chromwand des Aufzuges, die Hände um den Griff ihrer Tasche gekrampft. Sie wußte, daß sie krank war. Ihr Hals tat so weh, daß sie glaubte, ersticken zu müssen. Vermutlich hatte sie hohes Fieber. Die Beleuchtung des Aufzugs verschwamm vor ihren Augen.
    Du hattest recht, Harald, dachte sie. Er ist ein feiner alter Kerl. Und er hat die Dinge gesehen, die danach kamen. Ich nicht. Ich bin in Panik davongelaufen, als ich die Wahrheit herausfand. Micky. Leo. Sie starben meinetwegen. Aber jetzt kriegen wir sie, Harald. Du hast es geschafft, du mit deiner zerbrochenen Fiedel. Der alte Aufschneider, dieser Amery mit seinem komischen Wappen, er hat auch dazu beigetragen. Eine Botschaft hinterlassen, genau wie du. Und dieser feine alte Kerl da oben aus der Rechtsabteilung, der Heraldiker ist und den Grabstein spendiert hat. Er hatte die Akte. Er hat mir den Zauberstab gegeben. Tapferer Mann. Einer von den Männern mit Mumm.
    Johanna sagte es laut vor sich hin, mit einer Stimme wie geborstenes Glas. »Männer mit Mumm. Männer mit Mumm machen meist miese Mätzchen. Männer mit Mumm machen mordsmäßige Moneten, montieren maximale Motoren, murksen müde Mädchen, mischen meisterhaft mit.«
    Johanna fiel noch mehr ein. Ihr hysterisches Kichern hallte heiser von den Wänden zurück. In dem Moment, als sich die Aufzugtüren im Erdgeschoß öffneten, riß ihre kontrollierte Wahrnehmung endgültig ab und löste sich auf in einen bunten Wirbel bewegter Bilder. Da war der Wachmann, der hinter seiner Glasscheibe saß und telefonierte. Johannas Irritation wich erst Sekunden später, noch bevor sie den Grund ihrer Beunruhigung erkannte. Sie wußte, daß er mit Helmberg sprach, der den Wachmann anrufen wollte, doch sie hatte vergessen, warum. Dann fiel es ihr unvermittelt wieder ein. Um ihn abzulenken, wenn sie aus dem Aufzug kam. Sie hörte Wortfetzen. »...paar Rowdies, die Streit hatten... längst verschwunden... nichts von Bedeutung... alles in Ordnung.« Der Boden schien an ihren Füßen zu saugen, als sie die Aufzugkabine verließ.
    Sie stand vor der Tür zur Treppe nach unten und wußte nicht, was zu tun war. Blinzelnd fixierte sie das Terminal an der Wand vor ihr. Eine Karte. Sie mußte eine Karte hineinstecken. Sie hatte eine, daran erinnerte sie sich. Sie hatte sie jahrelang Morgen für Morgen und Abend für Abend benutzt, um in die Bank hinein- und wieder hinauszukommen. Aber jetzt durfte sie die Karte nicht benutzen. Es war gefährlich. Ihre Karte war gesperrt, und der Computer würde Alarm schlagen. Verzweiflung überrollte sie wie eine Woge dunklen Wassers. Dann ging die Tür auf. Ein freundlicher Mann hatte sie ihr geöffnet. Sie kannte ihn nicht, schaute ihn mit zusammengekniffenen Augen an. Dann sah sie, daß es der Wachmann war. »...fertig mit der Arbeit? ... Schriftstücksammlung mit vier Buchstaben?«
    Johanna starrte die Wand hinter dem Mann an. Etwas fehlte. Sie dachte nach, dann erinnerte sie sich. Das große Graffito. Es war weg. Wiking, natürlich. Er stahl alles, was ihm unter die schmutzigen langen Finger kam. Er war ein Dieb.
    Das Gesicht vor ihr verzog sich zweifelnd. »Dieb?... vier Buchstaben, aber...«
    Sie lächelte höflich. Ihr Mund war blutrot in dem weißen Gesicht, sie faßte sich an den Hals.
    »...auch Halsweh? Es scheint zu grassieren.« Sein Mund öffnete und schloß sich, aber sie konnte nichts mehr hören.
    Irgendwie war sie in die Tiefgarage gelangt. Sie ging langsam und konzentrierte sich darauf, den Wagen zu finden, und dann, ihn aufzuschließen. Sie stieg ein und ließ den Motor an. Das Fahren klappte merkwürdigerweise besser

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