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Bankgeheimnisse

Bankgeheimnisse

Titel: Bankgeheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Sievers
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Weshalb lade ich mir noch einen Haufen Sorgen zusätzlich auf? He, können Sie mir das vielleicht sagen?«
    Er fuhr mit quietschenden Reifen an. Bis er die Hauptstraße erreichte, schwieg er und schaute alle paar Sekunden in den Rückspiegel. Sie lag zusammengekrümmt auf dem Rücksitz. Das, was er von ihrem Gesicht sehen konnte, war eine groteske Maske aus schneeweißer Haut und geronnenem Blut.
    »Ich kann Sie natürlich nicht zum Arzt bringen, das war nur so dahingesagt. So blöd können Sie nicht sein, daß Sie das glauben. Oder?«
    Sie antwortete nicht.
    »Ich bringe Sie irgendwo hin, wo die beiden Sie nicht finden, mehr kann ich nicht tun. Und ich muß eine Weile Zeit haben, mich abzusetzen. Einen kleinen Vorsprung. Ich würde sagen, ein hübscher Wald wäre das Richtige.« Er zögerte. »Ich verbinde Ihnen auch die Füße. Wozu habe ich den Verbandskasten? Auf die paar Minuten kommt’s dann auch nicht mehr an.«
    Sie fuhren eine halbe Stunde auf der Autobahn. Irgendwo im Taunus bog er in einen einsamen Waldweg ein, fuhr weitere zehn Minuten leicht bergauf und hielt dann an. Er schaltete die Scheinwerfer aus. Bis auf die Innenbeleuchtung des Wagens war es stockfinster um sie herum. Er drehte sich zu der Frau um. Sie hatte sich aufgerichtet. Die Wirkung des Medikaments schien zu verfliegen.
    »Können Sie mich verstehen?«
    Sie nickte schwach.
    »Na gut. Ich hab’s versprochen.« Er beugte sich herab und entriegelte den Kofferraum, dann stieg er aus, ging nach hinten und holte den Verbandskasten. Schnaufend fiel er wieder auf den Sitz und zog die Tür zu. Die wenigen Sekunden hatten gereicht, um es im Wagen eiskalt werden zu lassen. Strass stellte die Standheizung auf Maximalstärke und klappte den Beifahrersitz in Liegeposition. »Hier. Legen Sie die Füße da drauf.«
    Sie schaffte es nicht allein. Er half ihr, zog ihre Füße auf den Sitz, und dann verband er sie. Sie hielt still, weinte jedoch lautlos, und wieder sah sie ihn an wie der Hase, den er im Wald gefunden hatte.
    »Das tut weh, stimmt’s? Scheiße aber auch, diese Mistkerle, wieso mußten sie das machen?« Er nestelte ein Tablettenröhrchen aus seiner Parkatasche. »Hier, das ist gegen Kopfschmerzen, vielleicht hilft es auch gegen Fußschmerzen.« Er schob ihr eine Tablette zwischen die Zähne. Sie kaute und schluckte mit gläsern starren Augen, ohne sich über den Geschmack zu beschweren, der, wie er wußte, gräßlich bitter war.
    »Tapfere kleine Frau«, brummte er. Er befestigte den Verband mit Leukoplaststreifen. Schweigend starrte er die unförmigen, weiß umwickelten Füße an. »Verflucht und zugenäht, ich kann es nicht. Ich kann Sie nicht hier oben sitzenlassen. Sie würden erfrieren, bis Sie jemand findet. Und laufen können Sie nicht. Schöne Sauerei!« Er schüttelte den Kopf. »Ich werde sentimental. Ich schaufle mir damit mein Grab, aber was soll’s. Ich nehme Sie mit zurück, bis zur Straße.«
    Ihr Kopf fiel nach hinten. Er wertete das als dankbare Erleichterung. Mit zusammengekniffenen Augen sah er sie an. »Eigentlich gibt es dabei kein Problem«, meinte er schlau. »Sie wissen nicht, wohin ich fahre. Sie kennen meine Autonummer nicht, und ich passe auf, daß Sie sie auch nachher nicht zu sehen bekommen.« Fast vergnügt startete er den Motor, wendete den Wagen und fuhr über den holprigen Weg zurück in Richtung Straße. Es hatte wieder angefangen zu schneien, und im Licht der Scheinwerfer verschwanden die Bäume rechts und links des Weges hinter wirbelnden Flocken. Während der restlichen Fahrt wurde er geradezu leutselig. Er erzählte ihr von seinen überragenden Fähigkeiten als Top-Devisenbeschaffer. »Bei diesen Wahnsinnsmengen fiel überhaupt nicht auf, wenn ein bißchen abgezweigt wurde. Am besten war die Bargeldmethode. Weg damit, bevor es offiziell überhaupt da war. Diplomatenkoffer, CD-Wagen, und los ging die Reise. Hunderte von Malen. Das kann niemand je zurückverfolgen. Und natürlich Bartergeschäfte. Verkaufe zum Beispiel eine Panzerflotte und laß dir dafür einen Öltanker geben. Den verscherbelst du in irgendeine Bananenrepublik, ohne ihn je gesehen zu haben, und dafür bekommst du einen inoffiziellen Teil des Kaufpreises als hübsche saubere Überweisung auf ein Cayman-Konto.« Beifallheischend blickte Strass über die Schulter. Die Frau lag unverändert da, mit geschlossenen Augen, doch das tat seiner Gesprächigkeit keinen Abbruch. Er erzählte weiter, von seiner kleinen Lebensversicherung in Paris und

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