Bankgeheimnisse
Unterwäsche, die sie gerade in einem der Schrankfächer verstauen wollte, fiel zu Boden. »Verdammt«, entfuhr es ihr. Sie bückte sich und hob sie wieder auf. Ihre Stimme war kalt, und sie schaute ihn wütend an. »Nett von dir, daß du es für nötig hältst, das gelegentlich zu erwähnen.«
»Es war vorgesehen, daß wir ihn heute abend noch sehen, falls du dich erinnerst.«
Sie blickte auf die Uhr. Fast sieben. Sie hatte mehrere Stunden geschlafen. »Du hättest mich wecken können.«
»Das habe ich eben gerade getan, oder nicht? Ich weiß, wie lange du brauchst, um dich ausgehfertig zu machen, immerhin bin ich dein Mann. Du hast genug Zeit. Komm, laß uns nicht streiten. Wir ziehen an einem Strick, Schätzchen. Es ist besser, wenn deine Laune nachher keine Risse hat. Du mußt strahlen, innerlich und äußerlich. Ach, da fällt mir ein... Hast du das Collier eingepackt?« Sie zog das Kostüm aus und streifte die Strumpfhose ab. Er beobachtete im Kleiderspiegel, wie sie, nur mit einem Slip bekleidet, Waschzeug und Schminkmäppchen aus ihrem Koffer nahm.
»Du hast wohl keine Angst, daß ich dir zu nahetrete?«
»Dafür würde die Zeit nicht reichen«, sagte sie ungerührt. »Außerdem würde meine Laune davon Risse kriegen.«
»Komm her.«
Sie warf ihren Koffer zu. »Ich denke nicht dran.«
Er lachte. »Komm schon her. Ich will nicht das, was du denkst. Das heißt, ich will es schon, aber ich tu’s nicht. Nun mach schon.« Er stand erwartungsvoll da, wie ein Junge etwas hinter seinem Rücken verbergend.
Sie blieb stehen, wo sie war und schüttelte den Kopf. »Leo, hör zu...«
Er zeigte ihr die Tüten. »Kenzo. Ich war an der Place des Victoires. Gar nicht weit von hier. Und das hier...« er hob die andere Tüte hoch »...sind passende Dessous aus dem >Impulsif<, das ist am Boulevard St. Germain. Etwas weiter weg, aber der kleine Ausflug über die Seine hat sich gelohnt. Jetzt komm. Du verplemperst deine Zeit.« Er hielt ihr die Tüten entgegen, und als sie keine Anstalten machte, sie zu nehmen, schüttelte er ungeduldig den Inhalt auf das zerwühlte Bett. »Die blaue Seide paßt exakt zu deinen Augen. Blau ist deine Farbe. Und es paßt zu den Saphiren. Es ist wie gemacht dafür.« Er klappte den Deckel ihres Koffers auf und suchte. »Ah, da ist es ja, dachte ich mir doch, daß du es einpackst.« Er nahm das Collier aus der Schachtel und hielt es gegen den tiefblauen, klassisch streng geschnittenen Hosenanzug. »Schau. Ganz schlicht. Die einzige Extravaganz daran ist die Farbe und das Material.«
Sie trat zögernd näher. »Du bist verrückt. Das kann ich nicht anziehen.«
»Probier ihn an. Ich wette, er paßt. Die Sachen, die ich für dich besorge, passen immer.«
»Das meine ich nicht. Er ist durchsichtig.«
»Was spielt das für eine Rolle? Du hast zwar oben herum nicht allzu viel, aber das, was du hast, kann sich sehen lassen.«
»Es ist ein Geschäftsessen. Und das >Espadon< ist keine Nudistenkolonie.«
»Du wirst ätherisch aussehen, nicht nackt. Sieh mal.« Er zog ein winziges, schimmerndes Etwas aus der anderen Tüte. »Bodystocking in der passenden Farbe.« Er strahlte sie an, sein Grübchen wurde sichtbar.
»Du hast wie immer recht. Es ist perfekt.« Sie nahm es ihm aus der Hand, zog den Hosenanzug vom Bett und ging mit den Sachen ins Bad. Als sie über die Schulter zurückblickte, sah sie seinen Gesichtsausdruck in dem Kleiderspiegel, dem er sich zugewandt hatte. Sie meinte, unterdrückte Sehnsucht zu erkennen, wie bei einem Kind, das um Liebe bettelt. Doch sie sah noch etwas anderes, etwas Abwartendes, beinahe Lauerndes. Dann, einen Sekundenbruchteil, bevor sie die Badezimmertür hinter sich schloß, war es wieder weg, und seine Lippen öffneten sich zu einem Lächeln. Er hatte im Spiegel gesehen, daß sie ihn anschaute.
7 . Kapitel
Amery blickte der Frau entgegen, die, flankiert von den beiden Männern in dunklen Abendanzügen, auf seinen Tisch zukam. Für die Männer hatte er keinen Blick. Er konzentrierte sich auf die Frau. Sie trug einen intensiv leuchtenden Hosenanzug aus dünner Seide, in der Farbe ihrer Augen. An ihrem Hals glitzerten Saphire. Sein geschultes Auge erkannte sofort, daß sie ein kleines Vermögen wert waren. Das hellblonde, schulterlange Haar der Frau war seitlich gescheitelt und glatt aus der Stirn und hinter die Ohren gekämmt, so daß das Gesicht frei blieb. Ein klares Gesicht, schmale, elegant gewölbte Brauen, ein eigensinniges Kinn. Perfektes Make-up. Er
Weitere Kostenlose Bücher