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Bankgeheimnisse

Bankgeheimnisse

Titel: Bankgeheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Sievers
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Ihnen und Ihrer Arbeit im Stiftungswesen erzählt hat. Von seiner und Wikings und Ihrer netten kleinen Privatbank, wo die Stiftungen so perfekt verwaltet werden.«
    »Warum wir? Warum nicht die Deutsche? Die Dresdner? Eine der großen? Sie machen es genausogut.«
    Er lächelte. »Interessant, daß Sie nicht sagen: Besser. Warum sagen Sie nur: genausogut?«
    »Sie sind nicht besser. Ich weiß, was ich kann.«
    Er nickte. »Das klingt weder überheblich noch selbstgefällig. Kein Wunder, es ist die Wahrheit. Ich weiß das, weil ich Sie kenne, Johanna.«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Das, was ich gesagt habe. Ich weiß fast alles über Sie.«
    Seine Blicke schienen sich in den Grund ihrer Seele zu bohren. Sie fröstelte unwillkürlich.
    »Ich habe alles über Sie in Erfahrung bringen lassen. Ihr ganzes Leben. Alles, Johanna.«
    »Warum?« flüsterte sie.
    Er ließ ihren Arm los, legte ihr beide Hände auf die Schultern. Der medizinische Geruch, den er ausströmte, wurde stärker, als er sie näher zu sich heranzog. »Leo hat mir etwas über Sie erzählt, das mich veranlaßt hat, diese Bank auszuwählen. Sie auszuwählen.« Sie starrte ihn nur schweigend an, wartete.
    »Sie sind wie ich, Johanna.«
    »Wie Sie?«
    Sein Blick löste sich von ihr, schweifte in die Ferne. »Sie waren im Waisenhaus. Man hat Ihnen schreckliche Dinge angetan. Ich habe etwas Ähnliches erlebt.« Unvermittelt sah er sie wieder an. In seinen Augen stand die Erinnerung an unsägliche Dinge. »Ich habe als junger Erwachsener jahrelang in Einzelhaft gesessen. Leo wird es Ihnen erzählt haben, nehme ich an.«
    Sie nickte.
    »Ich habe gelitten, Johanna. Menschen können so grausam sein. Sie haben...« Seine Stimme brach, und er stieß pfeifend den Atem aus. Der medizinische Geruch wehte ihr als Schwall ins Gesicht, und unbewußt wich sie zurück.
    Er ließ ihre Schultern los. »Ich will nicht mehr darüber sagen. Reimen Sie sich den Rest selbst zusammen.« Er trat abrupt einen Schritt zur Seite und setzte sich dann in Bewegung, in Richtung der nahen Straße. Johanna folgte ihm, zuerst zögernd, dann schneller, bis sie ihn eingeholt hatte.
    »Wollen Sie... wollen Sie mit dem Geld Kinderheime...«
    Er hob abwehrend die Hand und ging schneller. »Nur mit einem Bruchteil davon, aus sentimentalen Gründen gewissermaßen. Mein eigentliches Anliegen ist mein Land. Meine Heimat. Da gibt es viel zu tun. Zuviel, selbst für mich.«
    »Ihr Land hat Sie doch verraten«, sagte sie ruhig.
    »Niemals«, fuhr er sie leidenschaftlich an. »Es ist nicht wahr. Menschen haben mich verraten, mich und mein Land. Diese Menschen gibt es noch, sie sind wie klebrige Schatten auf den neuerrichteten Fundamenten. Aber sie werden verblassen, und das neue Haus wird fest und stark. Ich will daran mitbauen.« Er hob beide Hände und hielt ihr die Handflächen hin. »Meine Hände. Sie werden helfen, Stützpfeiler zu errichten.« Er lächelte dünn. »Bildlich gesprochen. Ich liebe das Bildhafte, Johanna.« Sein Lächeln verblaßte, als sie etwas einwenden wollte. »Lassen Sie mich jetzt damit in Ruhe. Lesen Sie die Satzung. Ich lasse Sie Ihnen zusammen mit den anderen Unterlagen zu gegebener Zeit zukommen.«
    »Ja, aber...«
    Er blieb stehen, fuhr zu ihr herum. Sie wäre fast gegen ihn geprallt. Er umfaßte mit kühlen Fingern ihr Kinn, hob ihr Gesicht zu sich empor. Seine Stimme war sanft und traurig. »Johanna. Es ist alles gesagt. Glauben Sie mir. Fragen Sie nicht soviel. Fühlen Sie doch einfach. Sehen Sie mich an, Kind.«
    Ein Tropfen löste sich aus dem Geäst eines Baumes über ihm, fiel wie eine Träne auf seine rechte Wange. Er bemühte sich nicht, das Wasser wegzuwischen, schaute sie nur unverwandt an. Sie erwiderte seinen Blick seltsam suchend und fand Regungen, die ihr auf schreckliche Weise vertraut waren. Schmerz, Einsamkeit, Furcht. Die Gefühle eines getretenen Tiers, gejagt und in die Enge getrieben. Er hatte recht. Er war wie sie.
    »Ja«, flüsterte sie. Sie hob zitternd die Hand, berührte zögernd die Nässe auf seiner Wange. Er ließ es geschehen. Als sie die Hand fortnahm, sah sie, daß auch seine andere Wange feucht war.

    Sie trieb in dem türkis schimmernden Wasser des Pools. Ihre nassen Haare legten sich vor ihr Gesicht, und sie wischte sie mit einer traumgleich langsamen Bewegung beiseite. Außer ihr befand sich niemand in dem Becken. Amery hatte vor zehn Minuten mit dem Schwimmen aufgehört. Davor hatte er fast eine halbe Stunde lang schweigend Bahn um Bahn

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