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Bankgeheimnisse

Bankgeheimnisse

Titel: Bankgeheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Sievers
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das Geld hierherkommt?«
    Johanna fühlte den verrückten Impuls, ihrer Sekretärin zu sagen: Ja, genau das glaube ich, es paßt zu Ihrer Art, mit vertraulichen Daten umzugehen, denken Sie nur daran, daß Sie wochenlang die Geheimnummer Ihrer Codekarte an die Pinnwand da vorne geheftet hatten, weil Sie nicht imstande waren, eine vierstellige Zahl im Kopf zu behalten!
    Statt jedoch irgend etwas in dieser Art zu sagen, räusperte sie sich. »Sonst steht nichts von Bedeutung drin. Nichts, das ich nicht erwartet hätte. Eine lange Liste von Empfängern der Stiftungsmittel. Ein paar Dankschreiben von Landespolitikern. Eine stinknormale Satzung. Gründungsurkunden.«
    »Gründungsurkunden? Soll das heißen, die Stiftung existiert bereits?« fragte Hilda überrascht.
    Johanna nickte. »Mit Sitz in Brandenburg. Die gesamte Gründung ist schon gelaufen, über dortige Notare. Er hat nichts dem Zufall überlassen. Von der Verwendung des Geldes hat er sehr genaue Vorstellungen.«
    »Welche denn?«
    »Es soll in den Osten Deutschlands, in die ehemalige DDR. Die Stiftung hat auch den entsprechenden Namen. >Deutsche Stiftung für Wissenschaftsförderung — Ost<. In erster Linie Unternehmenssponsoring. Wissenschaftsentwicklung, ausschließlich auf dem Gebiet der Naturwissenschaften. Computertechnologie. Elektronikforschung. Astro- und Strahlenphysik. High-Tech eben. Es ist eine ellenlange Liste von Firmen dabei, die bedacht werden sollen. Bis auf einen geringen Teil...«, sie zögerte unmerklich und sagte dann leiser: »...für Kinderheime.«
    Hilda blätterte in der Mappe. »Hier ist die Liste. Geht über zehn Seiten. Liest sich wie ein futuristisches Branchenbuch. Aha, jetzt wird’s interessant. Da steht, was er so an den Füßen hat. Eine Aufstellung über das Firmenvermögen in Nordamerika, Fernost und Europa. Achthundertundfünfzig Millionen. Immobilienvermögen in Tokio, Hongkong, Singapur, New York und London. Dreihundertundachtzig Millionen. Dann das Bar- und Wertpapiervermögen.« Hilda pfiff geräuschlos durch die Zähne. »Eins Komma drei Milliarden. Wahnsinn! Du liebe Zeit, exotische Institute, das muß ich schon sagen. Liechtenstein. Hongkong. Luxemburg. Uruguay. Wo die reichen Leute überall ihr Geld haben!«
    »Alle Steueroasen dieser Erde sind vertreten«, sagte Johanna trocken. »Als Inhaber der Firmen, Konten, Grundstücke und Depots sind Treuhandgesellschaften auf den Niederländischen Antillen, Channel Islands, Panama, Gibraltar und so weiter genannt, bis hin zu den Kokos-Inseln. Er hat auch hier nichts dem Zufall überlassen.«
    »Tatsächlich. Da könnte man meinen... Ob das alles sauberes Geld ist?« Hilda griff geistesabwesend in die Tüte mit den Gummibärchen, die neben ihrem PC lag, und schob eine Handvoll in den Mund. Kauend meinte sie: »Blöde Frage, klar ist es sauber, er will’s ja verschenken, oder?«
    »In der Tat. Und zwar nicht nur die Erträge, sondern sukzessive auch das Stiftungskapital selbst. Es soll alles ausgeschüttet werden, bis auf exakt hundert Millionen.«
    »He, das hatten wir noch nie. Geht das denn überhaupt?«
    Johanna zuckte die Achseln. »Bei diesen Summen? Allein das, was übrigbleibt, ist mehr, als neunundneunzig Prozent aller deutschen Stiftungen an Vermögen haben. Wer sollte etwas dagegen sagen? Es ist ganz einfach ein Verteilungsprojekt, und zwar eins von gigantischen Ausmaßen, schon deswegen wird es Jahrzehnte dauern, bis alles ausgeschüttet ist. Und der Rest soll in permanenter Verwaltung der Bank bleiben.«
    »Damit wird der Wikinger wohl in die Geschichte eingehen, ich meine, mit all diesem vielen Geld«, sinnierte Hilda mit vollem Mund. »Mit dieser Sache hat er ja wohl einen glänzenden Einstand als Vorsitzender hingelegt und alle seine Vorgänger weit in den Schatten gestellt, oder?« Sie schluckte die Bärchen geräuschvoll und nahm sich neue. Johanna sah es und spürte ihren Magen, trotz der beiden Tabletten, die sie kurz nach dem Aufstehen genommen hatte.
    »Das wird sich finden.« Schärfer als beabsichtigt fuhr sie fort: »Ach, und Hilda... ich würde es begrüßen, wenn Sie in der Frühstückspause essen könnten.«
    »Warum?« fragte Hilda und erwiderte aggressiv Johannas gereizten Blick.
    Johanna holte Luft, setzte zu einer Erwiderung an. Hilda schaute an ihr vorbei, zur offenen Tür. Johanna folgte ihren Blicken und sah in Leos grinsendes Gesicht. Seine Stimme klang aufgeräumt. »Wir beide haben in einer Minute ein wichtiges Meeting, Schatz. Ich

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