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Bankster

Bankster

Titel: Bankster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gudmundson
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nach Hause fahren. Wir haben dieses Missverständnis nicht aufgeklärt, und ich bin ihm durch die Diele ins Wohnzimmer und die zwei Stufen runter in den Wintergarten gefolgt. Ich setzte mich ihm gegenüber an den kleineren Tisch – der andere ist zu groß für zwei Männer, die etwas zu bereden haben – und nahm eine No-Name-Zigarre an. Sie war ziemlich trocken, aber ich versuchte, sie genauso sichtlich zu genießen wie mein Tischgenosse, der anfing, über Handball zu reden, wie schlecht sich seine Männer angestellt hätten: »… aber das sind junge frische Kerle da in der Mannschaft, die werden aufsteigen, sobald sie keinen Schiss mehr haben.« Ich konnte dazu nichts Gescheites sagen, und er zeigte Verständnis für mein beschränktes Fachwissen, wir wechselten das Thema.
    Irgendwann meinte Schwiepa, dass sich die Reisegewohnheiten des Landes in der nächsten Saison ziemlich ändern würden, es seien in diesem Herbst überhaupt keine Prospekte über Winterreisen nach Thailand, in die USA oder europäische Kulturstädte im Briefkasten gelandet. Das bestätigte ich, indem ich erzählte, dass wir unsere Italienreise storniert haben. Das gefiel ihm, jetzt sei Zeit, zu protestieren und nicht in ausländischem Schnee Ski zu fahren. Das fand ich auch. Da fragte er, ob ich es auch richtig fände, dass man in der Notenbank und der Regierung mal so richtig aufräumt. Ich erwiderte, dass es irgendwann unweigerlich dazu kommen müsse, wichtig sei nur, dass man die Aufgabenliste klug aufstelle, damit der Gesamtzusammenhang nicht aus dem Fokus gerate, und dann redeten wir über den Gesamtzusammenhang, bis sich Schwiepa – als ob er sich für eine gigantische Informationsflutwelle rüsten würde – nach vorne beugte und nach der Landsbanki fragte, ob ich nicht einiges wüsste, das nicht bis in die Medien vorgedrungen sei. Ich antwortete, dass man sich natürlich um vieles hätte besser kümmern müssen, musste aber zugeben, dass ich von keinem Geheimnis wusste, das alles erklärt hätte, nur das, was ohnehin schon bekannt war – aber vielleicht war es das Bier, vielleicht war jetzt genug Zeit verstrichen, vielleicht wollte ich ihm auch nur keine weitere Enttäuschung zumuten, jedenfalls habe ich weitergeredet, gemeint, dass es ein paar Männern gelungen sei, eine Zukunft zu erfinden, eine gigantische Zukunft unter der Überschrift »Was kommen soll«, und dass diese Zukunft sich gut verkauft habe. Die Banken seien schnell gewachsen, nur eben in diese verfluchte Zukunft hinein, die eine waghalsige, aus einem Minderwertigkeitsgefühl heraus entstandene Erfindung war, sie seien in einen leeren Raum hineingewachsen, in dem es keinen Widerstand gab. Wenn man das im Hinterkopf habe, sei ganz klar, dass die Banken nicht auf die Wirklichkeit gebaut hatten, sie hätten sich in einer Zeit entwickelt, in der »Erfolg« die Regel und »nach oben« der einzige Weg in die Zukunft waren, in die wir hineinkrochen und die mit der Realität oder einem realistischen Wert nichts zu tun hatte. In einem Zimmer, in dem keinerlei Luftzug weht, ist es möglich, hohe Kartenhäuser zu bauen, aber irgendwann brauche der Kartenhausbauer unweigerlich Sauerstoff, um weitermachen zu können. Und wenn er dann das Fenster öffne, vielleicht nur einen Spalt, dann immer mehr, und auch noch die Tür für ein bisschen mehr Sauerstoff gegen die Müdigkeit, dann dauere es nicht lange, bis er der Tatsache in die Augen blicken müsse, dass alles nur vorübergehend ist, dass es jederzeit passieren kann und es mehr oder weniger schmerzhaft ist, alles zusammenbrechen zu sehen. Ich sagte Schwiepa, dass es dementsprechend unweigerlich zu diesem Ende hatte kommen müssen. Wir räusperten uns ein paarmal und machten betretene Gesichter. Die Bierdose war fast leer, und die Zigarre hatte ich kurz vorher ausgedrückt, als ich sie so weit geraucht hatte, dass es nicht unhöflich wirkte.
    Solange unsere Gespräche lebendig waren, kam es mir vor, als säßen wir zu viert am Tisch: Ich, Schwiepa und das, was vorne an seinen Armen ist, als ob er zwei große Vögel in den Händen hält, die langsam mit den Flügeln schlagen, sobald er die Hände hebt, um die Argumente seiner Rede zu betonen – aber zu jenem Zeitpunkt schwiegen wir und waren nur zu zweit. Er drückte seinen Zigarrenstummel aus, und ich kippte den letzten abgestandenen Schluck Bier in mich hinein, wir standen auf und gingen zu Mutter und Tochter ins Haus. Auf dem Weg habe ich einen langgezogenen Rülpser

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