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Bankster

Bankster

Titel: Bankster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gudmundson
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zugezogen seien, aber wir änderten nichts daran.
    Die Balkontür stand einen Spaltbreit offen, und es war kühl im Zimmer. Bewegungslos haben wir unsere Körperwärme ausgenutzt – drei Stunden lang blies der Tag bedächtig zu uns herein.
    Der Regen hatte noch nicht nachgelassen, als ich mich auf den Boden fallen ließ und in der Kälte die Luft anhielt. Ich stützte mich auf die Sofakante und sah Harpa an, wie sie dort auf der Seite lag, sich zu mir drehte und sah, wie ich sie ansah, wie ich diese sanfte, aber komplexe Landschaft auf der gesamten Länge des Sofas betrachtete. Im kalten Tageslicht entstanden Schatten auf dem Körper. Das untere Bein gerade, das andere angewinkelt. Die glänzende Kniescheibe direkt bei mir und ein tiefer Schatten von den Beinen bis zum Bauch. Vollkommene Finsternis im Bauchnabel. Kurz darüber wieder hell, Rippenberge und flache Täler bis zu den Brustwarzen, hellrot und leicht welk. Der untere Arm, über die Sofakante gestreckt, endete in bewegungslosen Fingern, der obere, um den Kopf gelegt, rahmte das ernste Gesicht ein.
    Ich stand langsam auf und ging leicht bekleidet raus in den Regen. Harpa war nicht mehr zu Hause, als ich völlig durchnässt wieder in die Wohnung kam. Aus irgendeinem Grund habe ich Angst, dass sie mich verlassen hat – zum ersten Mal diese Angst vor dem Alleinsein, davor, dass dieser Tag der letzte Knall eines sieben Jahre dauernden Feuerwerks war, dann Stille und absolute Dunkelheit bis ins Unendliche.
    Die Raben

    Zehn bis zwanzig von ihnen sind hier in der Gegend oft gemeinsam unterwegs. Manchmal verschwinden sie für längere Zeit im Stadtzentrum, aber wenn es dunkel wird, gegen sechs Uhr, kommen sie immer zurück.
    Es sind Jungraben. Ich sehe ihnen beim Abendsport zu, lautstarke Verfolgungsspiele. Am Ende landen sie auf den Dächern auf der anderen Seite des Gartens und sammeln Kraft für den Flug über den Sund. Ich weiß nicht, ob sie in diesem Jahr außergewöhnlich spät dran sind, der Winter oben im Hochland hat ihnen irgendwie gut gepasst, jedenfalls sind sie mir bis jetzt in der Stadt noch nicht aufgefallen, haben gerade erst angefangen, Menschen von Laternen oder Hausdächern aus anzukrächzen, und die Menschen haben gerade erst angefangen, zurückzukrächzen und sich zu denken, wie interessant diese Vögel doch sind.
    Mondscheingedanken

    Ich bin noch nie zuvor vom Mond geweckt worden. Er scheint aufs Schlafzimmerfenster. Die Fensterläden waren nicht richtig zu.
    Es war kurz vor vier, als ich mich im Bett aufrichtete und realisierte, dass es nicht Hochsommer und ich nicht mit alten Arbeitskollegen in der düsteren Jagdhütte war und dass sich auch niemand in der Duschkabine erhängt hatte, all das war nur ein Traum gewesen, ein Alptraum. Ich musste blinzeln, als ich durch den Spalt zum Mond sah. Er war ungewöhnlich klar, ungewöhnlich hell, kein gelber Schimmer um ihn herum, und trotzdem war es so dunkel im Zimmer, dass die Wände unsichtbar waren, der Lichtkeil über dem Bett vermischte sich nicht mit der Dunkelheit.
    Ich saß dort und sah mir eine ganze Weile den Mond an, dann flüchtig meine blau-weißen Hände, die ich im Licht drehte, als wäre es klares Wasser und die Hände dreckig. Damit hörte ich schlagartig auf, als ich das Gefühl hatte, allein im Bett zu liegen. Ich guckte zu Harpa. Da war ich plötzlich nicht mehr sicher, vermutete, dass ich mich doch noch im Alptraum befand, und hörte an den dumpfen Schlägen gegen mein Trommelfell, wie mein Herz raste – ich hatte das Gefühl, dass Harpa tot neben mir liegt. Ihr Gesicht war weiß wie Porzellan, und ihre Lippen waren blau, sie schlief so ruhig, dass ich sie weder atmen hörte noch sah, ob sich ihre Augen hinter den gräulichen Lidern bewegten. Ich zögerte, wollte unter keinen Umständen feststellen, dass sie genau das war, wonach sie aussah. Meine Hand war schwer. Ich wollte sie flach auf ihre Brust legen, hoffte, Wärme und ihren Herzschlag zu spüren, musste es aber dann doch nicht tun. Kurz davor hatte Harpa ein leises Stöhnen von sich gegeben und mit einem Fuß gezuckt, als hätte sie im Schlaf eine Botschaft empfangen und keine Lust gehabt, aufzuwachen, weil sie gerade so schön träumte. Ich ließ sie schlafen, zog die Hand zurück, und während ich mich unter die Decke und tief in die Dunkelheit kuschelte, war ich schockiert darüber, dass ich den Tod in unser Bett getrieben hatte. Ich dachte über den Alptraum nach, sah ganz deutlich den Schatten von Füßen, die in

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