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Bankster

Bankster

Titel: Bankster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gudmundson
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Rotweinflasche leer. Harpa ging und öffnete die andere, schenkte uns ein und sagte, dass sie an den Computer wolle, während ich suchte. Ich bat sie zu bleiben, aber sie massierte nur meine Schulter und meinte, dass ihr ziemlich kalt sei, bevor sie aufs Sofa unter die Decke kroch, den Fernseher lauter stellte und nicht einmal in die Nähe des Computers kam.
    Ich trank den Wein in großen Schlucken, sah immer wieder zu Harpa rüber. Sobald ich ein Puzzleteil mit gerader Kante entdeckte, schnipste ich es in den durchlöcherten Rahmen, und als ich fand, dass es genug waren, rief ich Harpa. Sie hatte sich auf das Armlehnenpolster gelegt und die Beine angezogen. Ich habe sie dreimal aufgefordert, herzukommen, mir zu helfen und sich noch mehr Rotwein zu nehmen. Als sie sich schließlich auf den Stuhl neben mir plumpsen ließ, hatte sie das Glas vor dem Sofa auf dem Boden vergessen und erklärte, dass sie sowieso nichts mehr trinken wolle, so dass ich die Flasche in mein Glas leerte. Durch den Wein war mein Sehvermögen unzuverlässig geworden, und ich bat Harpa, die Puzzleteile einzusetzen. Sie war selbst so müde, dass sie kaum noch die Augen offen halten konnte, sie musste die Augenlider durch hochgezogene Brauen oben halten. Ich lachte sie an, hatte das Kinn auf die Hand gestützt, lachte und sagte, dass sie bald schlafen gehen könne, wir hätten nur noch ungefähr zweitausend Teile übrig. Sie antwortete ernsthaft, dass wir uns an diesem Abend nur über den Rahmen Gedanken machen müssten, über den Rest später.
    Stück für Stück vervollständigte sich der Rahmen. Wir waren nicht mehr so konzentriert wie am Anfang, mussten es nicht mehr sein, der Sieg war in Sicht, und wir fingen an, uns zu unterhalten. Ich redete irgendeinen Unsinn und merkte es erst, als Harpa mich darauf aufmerksam machte, während sie das letzte Puzzleteil anlegte und mit der Faust in den Rahmen schlug: »Was ist eigentlich los mit dir?! Ich versuche, über die Zukunft nachzudenken, und du versinkst in der Vergangenheit, ich versuche, über das Leben zu sprechen, und du fängst an, über den Tod zu reden. Ist in deinem Schädel alles durcheinander?! Und es fehlt immer noch ein Teil, Herr Suchspezialist.« Sie wartete keine Antwort ab, ging direkt ins Badezimmer und blieb dort eine ganze Weile. An ihrer Art zu gehen, wie sie mit kurzen, schnellen Schritten lief und versuchte, sich zu zügeln, sah ich, dass sie weinen musste.
    Jetzt empfinde ich es als schrecklich, nicht aber gestern, nachdem der Rotwein mich in einen dumpfen, grinsenden Idioten verwandelt hatte. Und jetzt ist Harpa zu Besuch bei ihrer Schwester, bei ihren Freundinnen oder einem Treffen mit irgendwelchen Leuten, ich weiß es nicht. Sie ist immer irgendwo, sagt mir, wohin sie geht, aber ich begreife es nie, dass ich nicht dort bin, ist das Einzige, was ich weiß. Es fehlt immer noch dieses eine Puzzleteil im Rahmen. Heute Abend habe ich den Haufen schon zweimal durchsucht – ohne Erfolg.
    Spaziergang

    Als ich gerade einen Abschiedsgruß in die Wohnung gerufen und gesagt hatte, dass ich rausgehen will, um frische Luft zu schnappen, kam Harpa angaloppiert: »Ich möchte mal mitgehen auf einen deiner heiligen Spaziergänge.« Ich hatte mein Umherstromern ohnehin satt und sagte, dass sie gerne mitkommen könne. »Ich bin trotzdem nicht bei dir, okay? Du gehst einfach wie immer, und ich folge dir. Aber du musst laut denken, alles, was du denkst, musst du so sagen, dass ich es hören kann. Einverstanden? // Und du? // Ich bin nicht da, kann deswegen nichts sagen.« Harpa hatte in der Zwischenzeit Schuhe und Mantel angezogen und die Mütze aufgesetzt, während sie die Regeln dieses schrecklichen Spiels erklärte. Wir gingen zusammen aus dem Haus und bis zur nächsten Ecke, aber dann blieb Harpa zurück. Ich wurde zweimal langsamer, beim dritten Mal musste ich anhalten. »Ich bin nicht hier, Markús. Geh weiter, geh spazieren und sag alles, was du denkst.« Es war ihr offensichtlich ernst damit, und ich musste lachen, bevor ich mich umdrehte und laut dachte: »Dass Harpa noch vor mir verrückt wird, habe ich nicht erwartet.«
    Wir gingen weiter, ich wusste nicht wohin und fand es auf einmal unangenehm. Harpa war immer einen Schritt hinter mir, als ob wir strenggläubige Muslime wären. Sonst war immer ich derjenige, der beim Spazierengehen zurückfiel, ließ mich absichtlich zurückfallen, um zu sehen, wie sie geht, sich bewegt, sanft die Hüfte wiegt und die Arme gleichmäßig

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