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Bannkrieger

Bannkrieger

Titel: Bannkrieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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war sie auch nicht mehr zu sehen. Sie hatte sich wieder einmal unbemerkt davongestohlen.
    Verwirrt drehte sich Rorn im Kreis, doch obwohl er die Sumpfhexe nur wenige Herzschläge lang aus den Augen gelassen hatte, war sie bereits völlig außer Sichtweite gelangt.
    »Ich wünschte, du würdest das lassen!«, rief er ihr nach.
    Das schrille Lachen, mit dem sie ihm antwortete, klang bereits sehr weit entfernt.

An der Grenze zu Baros
     
    Während die meisten der Reiterschar in Felle gehüllt vor sich hindämmerten oder verborgen auf Wache standen, erkundete Alvin zu Fuß die Umgebung. Der Nebelzauber hatte sie in einen entlegenen, aber fruchtbaren Flecken ihrer Heimat verschlagen. Das Rotwild drängte sich so zahlreich durchs Unterholz, dass Alvin schon nach kurzer Zeit einen kapitalen Hirsch erlegte. Der Vrell, den er geschleudert hatte, steckte so tief im Blatt, dass er nicht einmal einen Gnadenstoß durchführen musste; das Tier lag bereits reglos am Boden, als er es erreichte.
    Zufrieden brach Alvin den Hirsch auf und entweidete ihn mit dem Geschick eines Mannes, der die Hälfte seines Lebens im Sattel verbracht hatte. Nieren, Lunge und Gedärme ließ er als Gabe für die Aasfresser zurück, nur das Herz wickelte er in die blutige Innenseite eines frisch gehäuteten Fellstücks und steckte es in den ledernen Jagdbeutel, den er am Gürtel trug. Nachdem er die Hirschläufe mit ledernen Riemen zusammengebunden hatte, machte er sich auf die Suche nach einem Bachlauf, den er schon seit einiger Zeit in der Nähe vor sich hinplätschern hörte.
    Als er zwischen den Bäumen hervortrat, stand er unversehens am Rande einer hohen Steilwand, die, von mehreren Absätzen unterbrochen, in gähnende Tiefe fiel. Von oben aus hatte er eine gute Aussicht über die umliegenden Berge und Täler, in denen Freud und Leid dicht aneinandergrenzten. In den höheren Lagen, in denen sich der Frost länger hielt, sah es ebenso grün aus wie bei ihm, aber je tiefer es ging, desto bedrückender wurde der Anblick.
    Aus den Rauchfängen der unter ihm liegenden Höfe stiegen dünne Fahnen auf, die nur langsam vom Wind verweht wurden. Die Gegend war bewohnt, trotzdem waren viele Felder kahl und wirkten unbestellt. Und selbst dort, wo die Saat spross und gedieh, gab der Acker wohl kaum genug her, um jene zu ernähren, die ihn mit Hacke und Sichel bearbeiteten. Die Ebene ähnelte einem grünbraunen Flickenteppich, in dem das öde Braun eindeutig überwog.
    Noch schlimmer sah der große Wald aus, der zwischen zwei kleinen Dörfern lag und der aus der Ferne wirkte, als hätte ein Feuer in ihm gewütet. Nur an seinen Rändern standen noch einige dichter belaubte Eichen, an denen aber vor allem vertrocknete und verfärbte Blätter hingen. Das Gros der übrigen Bäume war vollkommen kahl und obendrein seiner Rinde beraubt. Abgebrochen, abgerissen und abgeblättert lagen Äste, Zweige und Rinden auf dem Boden verstreut herum, wurmstichig, morsch und dem raschen Verfall preisgegeben. Wo ein frischer Wind entlangstrich, stiegen dichte Wolken auf, doch es war keine Asche, sondern Holzmehl, das dort aufgewirbelt wurde.
    Alvin hatte solche Landstriche schon häufig gesehen, es gab sie in allen Fürstentümern des Landes. Und es wurden immer mehr.
    Verdrossen wandte er sich der klaren Quelle zu, die aus einem Felsspalt trat und die über einige tiefer liegende Steine strömte, sodass sie wie ein größerer Bachlauf plätscherte und gluckste. Das kleine Rinnsal färbte sich rot, als er das Blut von seinen Fingern wusch.
    Iskans Bauern waren noch nie von den Göttern verwöhnt worden, doch seit den Tagen seiner Jugend hatten Plagen und Unwetter, die das Land peinigten, stetig zugenommen. Man brauchte kein Schamane zu sein, um den gleichzeitigen Aufstieg der Jadepriester damit in Zusammenhang zu bringen.
    Alvin trank Wasser aus der hohlen Hand, bis sein ärgster Durst gelöscht war. Danach kehrte er zu dem Hirsch zurück, legte sich erst die Läufe auf die Schultern und wuchtete sich anschließend das ganze Tier auf den Rücken. Indem er den Vrell zwischen die zusammengebundenen Hufe schob und an beiden Enden fest zupackte, brauchte er den Wurfspieß nicht zurückzulassen und konnte die Jagdbeute obendrein bequemer tragen.
    Alvin war schwere Lasten gewohnt. Er schritt nicht mehr ganz so schnell aus wie in jungen Jahren, trotzdem schleppte er den Hirsch ins Lager, ohne ins Schwitzen zu geraten. Ein Späher, der in einer hohen Astgabel saß, grüßte ihn schläfrig,

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