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Bannkrieger

Bannkrieger

Titel: Bannkrieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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Kratzer auf seinen Armen und in seinem Gesicht. Ihre Hände tief ins Gewand gekrallt, stand sie mit bleichen Wangen unter all den anderen Schaulustigen und schien als Einzige zu ahnen, dass sich etwas Schlimmeres zugetragen haben könnte.
    »Es gab einen Überfall«, eröffnete Rorn den übrigen Dörflern, sobald alle Erwachsenen in Hörweite waren. »Iskandische Vaganten sind über diese Greifensteiner hergefallen und haben ihre Begleiter niedergemacht. Sie brauchen Unterschlupf und Verflegung, außerdem müssen wir einen Boten nach Fagon schicken, damit eine Eskorte zu ihrem Schutz ausgesandt wird.«
    Nispe hatte ihm zuvor genau eingeschärft, was er der Gemeinde erzählen sollte. Wie Rorn vorausgesagt hatte, zauberte die Erwähnung der Eskorte ein ungläubiges Staunen auf viele Gesichter.
    In dem Moment des Schweigens, der Rorns kurzer Ansprache folgte, trat Torson vor, einer der Ältesten, dessen Wort im Dorfrat großes Gewicht besaß.
    »Hast du die Iskander mit eigenen Augen gesehen?«, wollte er von Rorn wissen. »Nicht, dass du uns hier drei Läuse in den Pelz setzt.«
    »Ich habe sogar mehrere Vaganten mit meinem Bogen getötet«, erwiderte Rorn voller Stolz.
    Die Wirkung der Antwort, die er sich bereits auf dem Weg ins Dorf sorgsam zurechtgelegt hatte, übertraf noch seine kühnsten Erwartungen. Überraschte und bewundernde Laute drangen aus vielen Mündern, und es gab sogar ein paar echte Neider, wie Gosar, der im selben Winter wie er geboren war und der immer noch nicht verwinden konnte, dass Neele das Stroh lieber mit einem anderen teilte als mit ihm.
    »Bist du dir auch wirklich sicher, dass du die Richtigen getroffen hast?«, rief der Nebenbuhler in das allgemeine Erstaunen hinein.
    »Sei vorsichtig mit dem, was du hier andeutest«, warnte Rorn, der aus den Augenwinkeln sah, dass sich in Mea bereits erster Unmut anstaute. »Du sprichst hier über die Jadeträgerin.«
    Alles Gemurmel und Getuschel erstarb auf einen Schlag, dafür brach nur zwei Atemzüge später hemmungsloses Gelächter aus. Rorn spürte, wie ihm die Röte ins Gesicht schoss, dabei konnte er der umstehenden Menge die Reaktion gar nicht mal verdenken, immerhin hatte er sich am Anfang auch nicht vorstellen können, dass sich eine derart hochgestellte Persönlichkeit in ihre einsame Gegend verirrt haben könnte.
    Trotzdem, die geballte Schadenfreude, die ihm so unverhohlen entgegenschlug, verletzte ihn. Scheinbar hielten ihn alle Dörfler für einen leichtgläubigen Trottel, der einigen gerissenen Halunken oder Schlimmerem aufgesessen war. Vom allgemeinen Spott angesteckt, lachten ihn alle aus, außer Neele und seine Mutter, die ihn mitleidig ansahen, und seinem Vater, der betreten zu Boden starrte – was Rorn am allermeisten schmerzte.
    Nispe wollte die Stimme erheben, doch Rorn bedeutete ihm mit einem Handzeichen, dass er sich noch ein wenig gedulden sollte. Mit rot glühenden Wangen wartete der Schmied ab, bis sich der Lärm wieder allmählich beruhigte, bevor er laut rief: »Hatra hat mir bestätigt, dass diese Frau die Jadeträgerin ist!«
    Die Erwähnung der Sumpfhexe ließ alle Spötter verstummen. Verwirrt sahen die Dörfler einander an. Sollte das Unglaubliche wirklich wahr sein?
    Sie wussten es nicht.
    Betretenes Schweigen breitete sich aus.
    Torson machte als Erster Anstalten, das Wort zu ergreifen, doch sein eigenes Weib kam ihm zuvor. »Was ist bloß in euch gefahren?«, rief Prill beherzt aus. »Eine junge Edeldame wurde überfallen! Ob sie die Jadeträgerin ist oder nicht, das ist doch wohl einerlei. Sie ist in Not und braucht unsere Hilfe!«
    Obwohl sie alle ansprach, sah sie besonders in die Richtung ihres Mannes, der mit seiner ersten Frage das Misstrauen ausgelöst hatte. Torson funkelte sein Weib böse an, wagte aber keinen offenen Widerspruch. Das wäre auch nicht klug gewesen, denn aus den Reihen der umstehenden Frauen wurde längst Zustimmung laut.
    »Ihr lieben Leute«, verschaffte sich Mea mit bebender Stimme Gehör, bevor sie in sarkastischem Tonfall anfügte: »Ich danke euch für euer freundliches Angebot und die Gastfreundschaft, die ihr mir in so schwerer Stunde gewähren wollt. Mit Freuden werde ich den Schutzbann über euer Dorf und eure Felder sprechen, wenn ihr mir zuvor ein wenig Ruhe und die Möglichkeit zu einem heißen Bade gönnt.«
    Bei den letzten Worten begannen ihre Augen zu glänzen. Die zurückliegenden Anspannungen hatten ihr ordentlich zugesetzt. Mühsam drängte sie die Tränen zurück,

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