Bannkrieger
haben keinen strahlenden Sieg errungen, trotzdem haben wir die Schlacht nicht gänzlich verloren. Wir haben Baros’ Priesterschaft aufgeschreckt und mit etwas Glück sogar ein wenig geschwächt.
Genaueres weiß ich erst, wenn ich den EINEN angerufen habe. Lass mein Meditationszelt aufstellen und trag dafür Sorge, dass mich darin niemand stört. Wenn du dich an meine Anweisungen hältst, werde ich dir zum Abend hin mehr sagen können.«
Alvin rieb sich am Kinn, wie so oft, wenn er etwas tun musste, das ihm wenig behagte. Dann gab er die entsprechenden Befehle an Hartmut und Gerolf weiter.
»Es ist wichtig, dass niemand mein Zelt betritt, während ich mich in Trance befinde«, schärfte ihm Zerbe noch einmal ein. »Eine Störung meiner Konzentration könnte unabsehbare Folgen haben.«
Alvin hatte sich schon zum Gehen umgewandt. »Ich werde dafür sorgen, dass alles nach deinem Willen verläuft«, versicherte er über die Schulter hinweg.
Aus den Augenwinkeln erhaschte er dabei einen Blick auf mehrere Laubweber, die gerade ihre Arbeit beendet hatten. Auf langen Beinen huschten sie über Zerbes Gesicht und verschwanden in den Sehschlitzen seiner Ledermaske. Zerbe zuckte nicht mal zusammen, obwohl die Spinnen direkt in seine Augenhöhlen zu krabbeln schienen.
Das war widerwärtig, selbst für eine Kreatur, die nicht blutete, wenn ihr die Hand abgeschlagen wurde. Was für eine Art von Schattenknecht hatten die Schamanen da nur beschworen?
Alvin spürte, wie ihm ein kalter Schauer über den Rücken rieselte. Das war der Moment, in dem er beschloss, an diesem Nachmittag etwas zu tun, was er schon lange hatte machen wollen.
Einen heimlichen Blick in das Meditationszelt werfen.
Das Schattengespinst
Yakos lederner Kinnriemen hatte dem Zusammenprall nicht standgehalten. Als sie unter Zerbes Pferd begraben wurde, war ihr Helm davongewirbelt und irgendwo im tiefsten Dickicht verschwunden. Ihr dickborstiges Haar lag nun bloß. Es war knapp fingerlang und schwarz bis auf die weißen Spitzen, als hätte es jemand abwechselnd mit Ruß und Mehl bestreut. Im Moment lagen die flexiblen Hornstränge, die den Stacheln eines Igels ähnelten, fest am Schädel an, doch die Phaa waren dafür bekannt, dass sie ihre Haare zu einem bizarren Stachelwald aufrichten konnten.
Unter anderen Umständen hätte ihn dieser ungewöhnliche Anblick fasziniert, doch im Augenblick hatte Rorn nur Augen für die Jadeträgerin, die gerade, schwer auf den Magnus gestützt, davonhumpelte. Dabei versicherte Nispe leise flüsternd: »Keine Sorge, das ist nichts, was sich nicht durch ein Reinigungsritual beheben lässt.«
Rorn fühlte sich so erniedrigt wie noch nie zuvor in seinem Leben. Seine Wange brannte noch von der Ohrfeige, aber der körperliche Schmerz war zu ertragen. Meas schändliche Worte wühlten dagegen wie glühende Klingen in seiner Seele. Schwein! Du hast mich durch deine Berührung entehrt und besudelt! Auf so beschämende Weise hatte noch niemand zu ihm gesprochen. Das war eine Schmähung, die sich eigentlich nur mit Blut abwaschen ließ.
Wäre die Jadeträgerin ein Mann gewesen, hätte er sie auch auf der Stelle niedergestochen, so aber blieb ihm nichts anderes übrig, als ihr zornig hinterherzublicken. Und ihr stumm die Pest und weitaus schlimmere Krankheiten an den Hals – und noch wesentlich delikatere Körperstellen – zu wünschen.
Yako sah ihn eine Weile lang mitfühlend an. Dann zog sie ihr Schwert und kniete neben dem Pferd des Lederhäuters nieder, das längst nicht mehr versuchte, sich mit seinen gebrochenen Vorderläufen aufzurichten. Ein sauberer Stich erlöste das Tier von seinen Leiden. Die Phaa hielt ihm den Kopf, bis es sein Leben endgültig ausgehaucht hatte.
Rorn nahm das nur am Rande wahr, auch wie sie die blutbefleckte Klinge im Gras sauber wischte und zurück in die Schwertscheide steckte. Yako sah zu ihm in die Höhe, doch er wich ihrem Blick aus. Am liebsten wäre er davongelaufen, aber das hätte wie Flucht ausgesehen, und er hatte keinen Grund, sich schuldig zu fühlen. Im Gegenteil, er hatte der Jadeträgerin das Leben gerettet und war zum Dank dafür beschimpft und geschlagen worden.
»Du darfst es ihr nicht übel nehmen«, sagte die Phaa, die plötzlich so nahe vor ihm stand, dass sie die Sicht auf die beiden Davoneilenden versperrte. »Mea wurde schon in jungen Jahren auserwählt und in aller Abgeschiedenheit aufgezogen. Von Jademeistern, die ihr ein Leben lang eingebläut haben, dass sie etwas
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