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Bannkrieger

Bannkrieger

Titel: Bannkrieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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Schweiß lief ihm in die Augen, während er mit der freien Hand über den aufgewühlten Boden strich. Statt des falkenköpfigen Streithammers ertastete er nur einige leblose Käfer, die bei der leisesten Berührung zu Staub zerfielen.
    Wo kamen die auf einmal her? Rorn musste unwillkürlich an die drahtigen Klumpen denken, die aus den Augen des Lederhäuters gerieselt waren. Gab es da einen Zusammenhang? Ehe er diesen Gedanken weiterverfolgen konnte, berührte seine Hand den eichenen Hammerstiel.
    Hastig klaubte er die Waffe auf und stolperte weiter.
    Rorn rannte schneller, als es seine Verletzung eigentlich zugelassen hätte. Aber was blieb ihm anderes übrig? Sollten ihn seine monströsen Verfolger in die Klauen bekommen, wäre es zweifellos um ihn geschehen.
    Die Lippen trotzig zusammengepresst, hielt der junge Schmied auf den sumpfigen Teil des Schimmerwalds zu. Seine Verfolger holten beständig auf, aber dank seiner guten Ortskenntnis schaffte er es, mehrmals aus ihrem Blickfeld zu entwischen, sodass sie sich jedes Mal neu orientieren mussten. Zweimal gelang es ihm sogar, die Lederhäuter im Dunkeln zu umgehen und in eine neue Richtung davonzueilen. Die beiden Kreaturen, die ihm auf den Fersen waren, stöberten ihn zwar immer wieder rasch auf, trotzdem brauchten sie wesentlich länger als das gefährliche Dutzend, das Neele und ihn auf dem Weg ins Dorf verfolgt hatte.
    Doch in der Senke, in der sich die ersten Sumpfausläufer schmiegten, war es mit dem Versteckspielen vorbei. Die Buchen und Erlen standen so weit auseinander, dass der Mondschein ungehindert zu Boden drang. Wer dort entlanglief, hob sich deutlich zwischen den rissigen Stämmen ab, die wie steinerne Säulen in die Höhe ragten.
    Um Kraft zu sparen, rutschte Rorn auf seiner Kehrseite einen steilen Erdhang hinab. An hohen, von Regen und Sturzbächen ausgespülten Baumwurzeln vorbei glitt er einer weitläufigen, mit Furchen und Gräben durchzogenen Landschaft entgegen, die nach außen hin völlig harmlos wirkte, aber ihre Tücken hatte.
    Von da an versanken seine Sohlen tief im Morast.
    Jeder seiner Schritte verursachte schmatzende Geräusche, während er auf eine einsame, an einem breiten Graben wurzelnde Birke zurannte. Das war kein Bach, der dort verlief, sondern eine natürliche Furche, in der übel riechendes Sumpfwasser dümpelte. Je näher er der Bodenspalte kam, desto höher wucherte das Gras. Die Ährenspitzen reichten Rorn bis zu den Knien, während seine Stiefel bis zu den Knöcheln im weichen Untergrund versanken.
    Sein Gewicht versetzte den Morast in Bewegung. Rund um ihn herum begann der Boden zu schwappen und zu glucksen. Hätte Rorn nicht ganz genau gewusst, dass die tieferen Bodenschichten an dieser Stelle massiv waren, wäre er zurückgewichen. Stattdessen rannte er, dunklen Schlamm aufwirbelnd, so schnell er konnte, weiter. Erst auf Höhe der Birke, gut zehn Königsschritte von ihrem grotesk verwachsenen Stamm entfernt, hielt er abrupt inne und kniete nieder.
    Ein beherzter Sprung über den dunkel im Mondlicht glänzenden Graben war verlockend, hätte ihn aber das Leben gekostet. Auf der anderen Uferseite war der Untergrund so schwammig, dass ein erwachsener Mann darin sofort bis zu den Oberschenkeln oder gar bis zur Hüfte einsank. Ohne fremde Hilfe gab es dann keine Rettung mehr. Was der Sumpf erst einmal umschlungen hatte, gab er so schnell nicht wieder frei. Der Morast saugte sich regelrecht an seinen Opfern fest, sodass man wie eine Fliege im Siruptopf strampeln konnte, ohne seine Freiheit wiederzuerlangen. Im Gegenteil, jede heftige Bewegung ließ die Unglücklichen noch schneller einsinken.
    Rorn atmete erleichtert auf, als seine Hände zwei tief eingeschlagene Pfähle ertasteten. Sie ragten nur eine Handbreit aus dem Boden hervor, und das wesentlich höher wuchernde Gras entzog sie den Blicken der Uneingeweihten. Rorns Verfolger hatten glücklicherweise noch nicht bis zu ihm aufgeschlossen, so sah auch keiner von ihnen, was weiter geschah.
    Die beiden geteerten Enden standen etwa eine Elle weit auseinander. Rorn tastete um sie herum, bis er die Ketten spürte, die zwischen ihnen und zwei weiteren Pfählen auf der gegenüberliegenden Uferseite verliefen. Es waren stählerne Glieder aus der eigenen Schmiede, darum vertraute er ihnen bedenkenlos sein Leben an, obwohl sie bereits seit Jahren in Wasser und Schlamm ruhten. Mit einer Leichtigkeit, wie sie nur Moorbewohnern zu eigen war, krabbelte Rorn auf den Eisensträngen

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