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Bannkrieger

Bannkrieger

Titel: Bannkrieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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Schneeschmelze hatte es nur maßvoll geregnet, deshalb war der Hügel, auf dem sie wohnte, bis weit in den Sumpf hinab begehbar. In regenreichen Zeiten kam es hingegen vor, dass sie den flachen Kahn, mit dem sie über den Morast fuhr, am Fuße ihrer Pfahlhütte anbinden musste.
    Zwischen den Sträuchern und Büschen, die am Fuße der Anhöhe wucherten, zeichnete sich ein menschlicher Schatten ab. Hatras dürre Gestalt spannte sich, bis ihre Schlangenaugen erkannten, wer der Unbekannte war, der sich da langsam aus der Dunkelheit schälte.
    Tatsächlich! Das war der junge Schmied, der taumelnd auf sie zueilte!
    Ein Stahlwandler, fürwahr, aber doch keiner, der große Macht in Händen hielt. Für einen kurzen Augenblick glaubte Hatra schon, ihre magischen Sinne hätten ihr einen Streich gespielt, bis sie spürte, wie stark Rachsucht und Mordlust in Rorns Brust wühlten. Der junge Kerl suchte sie aber nicht auf, um sich an ihr zu rächen.
    Im Gegenteil, er brauchte dringend …
    »Hilfe!«, rief er ihr schon von Weitem zu. »Lederhäuter greifen das Dorf an! Dutzende von ihnen!«
    Hatra wurde das Gefäß in ihren Händen schwer. Beinahe hätte sie es zu Boden fallen lassen. »Komm näher«, rief sie mitleidig, als sie seine Verletzungen erblickte. »Ich will sehen, was ich für dich tun kann.«
    Schwer atmend legte er die letzten Schritte zurück. Verwundert erkannte sie, dass Rorn einen Schnabelhammer bei sich trug. Wo mochte er die alte Waffe der Greifen nur herhaben?
    An der Holzstiege angelangt, verschnaufte Rorn eine Weile. Die geteerten Eichenpfähle, auf denen die Holzhütte ruhte, ragten gut eine Mannlänge aus dem sumpfigen Boden empor. Noch sichtlich gegen Schwindel und Ohnmacht kämpfend, stieg er zu ihr hinauf.
    Hatra konnte dem Schmied nicht beim Aufstieg helfen, sie musste sich erst des Schattengespinstes entledigen, das sie noch in Händen hielt. Als das Glas endlich auf dem mit Tiegeln, Holztellern und Messern übersäten Tisch stand, stolperte Rorn bereits zur Tür herein. Rasch geleitete sie ihn zu ihrem Schemel, half ihm, sich zu setzen, und kümmerte sich gleich darauf um seine Schulterwunde. Als Kind des Waldes hatte er bereits das Notwendigste getan, trotzdem pulte Hatra das klebrige Moos aus der Wunde und reinigte sie mit heißem Wasser aus dem Kessel.
    Rorn berichtete ihr atemlos, was vorgefallen war, während sie die abgestreiften Kokons einiger Schimmerlarven in den Stichkanal stopfte und ihn anschließend mittels einer Knochennadel und einer Tiersehne vernähte. Für den Schnitt an der Hüfte reichten fünf Nesselblätter, die sie so fest aufdrückte, dass die gekrümmten Widerhaken an ihren Unterseiten die Wundränder zusammenhefteten.
    »Mehr kann ich nicht für dich tun«, sagte Hatra, nachdem sie Rorn verbunden hatte. »Nur eine bescheidene Unterkunft für die Nacht anbieten. Nach allem, was du erzählt hast, werden sich die Lederhäuter davor hüten, tiefer in den Sumpf vorzudringen. «
    Die Enttäuschung, die in seinen Augen aufblitzte, schmerzte sie stärker als erwartet. Irgendwie war es beinahe schmeichelhaft, dass er in ihr eine mächtige Hexe sah, die es selbst mit Dutzenden von Zerbes Art aufnehmen konnte, andererseits war er aber auch nur ein dummer Moorbauer, der nicht im Geringsten ahnte, womit sie es zu tun hatten.
    »Aber…«, stammelte Rorn. »Du musst uns helfen! So wie heute Morgen! Webe einen neuen Zauber, der die Lederhäuter für alle Zeiten aus dem Schimmerwald verbannt!«
    »Das vermag ich nicht!«, antwortete Hatra eine Spur schroffer, als nötig gewesen wäre, denn es ärgerte sie, dass er nach einem Zauber verlangte, wie ihn die Jadepriester ausübten. »Bannkreise sind eine Sache der Greifensteiner, nicht die meine.«
    Rorn sah sie aus weit aufgerissenen Augen an. »Dann tu etwas anderes«, verlangte er. »Etwas, das du vermagst.«
    Seufzend sah sie auf den kräftigen Kerl hinab, der in diesem Moment so hilflos wie ein Kleinkind wirkte. Wie sollte sie jemandem, der nichts außer der Schmiede und das einfache Waldbauernleben kannte, bloß erklären, was ihr die Hände band?
    »Du armer Junge«, sagte sie kopfschüttelnd. »Könntest du auch nur erahnen, welches Unheil ich um uns herum verspüre, würdest du vielleicht verstehen. Heute Nacht toben unbezähmbare Mächte, die weit höher als dein heiliger Amboss stehen. Mächte, die so gewaltig wirken, dass kein Sterblicher in ihren Verlauf einzugreifen vermag.«
    Rorn verstand kein Wort von dem, was sie sagte, das sah

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