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Bannkrieger

Bannkrieger

Titel: Bannkrieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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entlang, die immer wieder unter ihm schwankten, so straff sie auch gespannt waren. Während er die Kettenglieder mit den Händen umfasste und seine Knie auf ihnen nachzog, begann die Schulterwunde erneut zu bluten.
    Rorn kümmerte sich nicht darum. Allen Schmerz ignorierend, zog er sich Handbreit für Handbreit weiter. Seine Hose sog sich voll Wasser, während er den nach Schwefel stinkenden Graben überquere.
    Leise Flüche vor sich hinmurmelnd, überwand er die nasse Stelle und den sich daran anschließenden Morast, der erst zwölf Schritte hinter dem Ufer endete. Als er endlich wieder festen Boden unter den Sohlen spürte, taumelte er erleichtert in die Höhe. Kurze Zeit spielte er mit dem Gedanken, die Pfähle zu seinen Füßen aus dem Boden zu reißen. Das hätte jede Verfolgung vereitelt, doch für einen solchen Kraftakt fühlte er sich längst zu schwach. Darum rannte er sofort weiter, um die geheime Stelle, an der sich das Sumpfloch überqueren ließ, so schnell wie möglich zu verlassen.
    Er war gerade ein gutes Stück vorangekommen, als die beiden Lederhäuter aus dem Schimmerwald drangen und die Böschung herabstürmten. Unten angekommen, drehten sie sich kurz im Kreis, um sich zu orientieren. Als sie Rorn erblickten, eilten sie auf direktem Wege auf ihn zu.
    Beide Kreaturen rannten mit der für sie typischen Geschwindigkeit. Nicht übermäßig schnell, aber unablässig und ohne zu ermüden. Sie rannten, bis sie bemerkten, dass sie mit jedem Schritt tiefer im Boden versanken. Das ließ sie zunächst langsamer werden und schließlich ganz im Schritt verharren.
    Aber stehen zu bleiben verschlimmerte ihre Lage nur noch. An der Stelle, an der sie auf den Wassergraben zugelaufen waren, sank ein Mann rasch bis zu den Knien ein, wenn er nicht schnell genug den Rückzug antrat.
    Als die beiden Lederhäute endlich begriffen, dass es für sie immer schwerer wurde, die Füße der feuchten Umklammerung zu entreißen, begannen sie mit den Armen zu rudern. Das half ihnen, das Gleichgewicht zu halten, während sie ihre Beine ein ums andere Mal mit Gewalt aus dem grün bewachsenen Morast lösten und laut platschend in Richtung Abhang zurückstapften.
    Rorn grinste triumphierend. Er hatte richtig vermutet. Von der durchweichten Erde verschlungen zu werden war für die Lederhäuter genauso schrecklich wie für einen Menschen, vielleicht sogar noch schlimmer. Wer vermochte schon zu sagen, ob diese Kreaturen wirklich erstickten, wenn die Schlammmassen über ihnen zusammenschlugen, oder ob sie nicht danach auf ewig lebendig im Schoße des Sumpfes begraben lagen?
    Rorn schüttelte den Kopf, um diese und andere finstere Visionen zu vertreiben. Wahrscheinlich fieberte er, dass er sich mit solchen Gedanken beschäftigte!
    Er sah die beiden Lederhäuter entlang des Sumpflochs umherirren, während sich sein Abstand zu ihnen immer mehr vergrößerte. Diese elenden Kreaturen wussten nicht, wie sie weiterkommen sollten.
    Er hatte sie tatsächlich abgehängt! Nun konnte er alles daransetzen, sein ursprüngliches Ziel zu erreichen.
    Die Pfahlhütte, in der die Sumpfhexe lebte.

10
     

Hexenbann
     
    Hatra legte ein paar neue Scheite auf und schürte das Feuer mit einem rußgeschwärzten Haken, bis die Flammen prasselnd in die Höhe schlugen. Die sich ausbreitende Hitze vermochte trotzdem nicht, die Kälte aus ihren Knochen zu vertreiben. Fröstelnd zog die Hexe ihren Umhang enger, während sie leise die Tücken des Alters verfluchte. Noch vor einhundert Jahren hätte ihr ein einfacher Nebelzauber kaum etwas ausgemacht, inzwischen fühlte sie sich nach einem solchen Kraftakt matt und ausgelaugt.
    Seufzend ließ sie sich auf einen alten Schemel nieder und richtete den Blick auf das große Kristallglas, in dem das schattenhafte Gespinst aus Zerbes Handschuh schwebte. Als sie eine Bewegung in dem schwarzen Wust zu sehen glaubte, kniff sie die faltigen Augenlider zusammen, um den Blick zu schärfen. Lag es nur am flackernden Feuerschein, der über die Wände zuckte, oder war das gestaltlose Etwas tatsächlich gerade zu neuem Leben erwacht?
    Hatra war sich nicht ganz sicher, trotzdem fegten kalte Eisschauer über ihren Rücken. Sie war schon alt, älter, als die meisten Menschen zählen oder sich überhaupt vorstellen konnten, doch eine Aura, wie sie dieses Gespinst verbreitete, hatte sie in all den Jahrhunderten noch nicht verspürt. Auf eine merkwürdige, nicht näher bestimmbare Weise erinnerte die gestaltlose Masse an die unseligen

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