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Bannkrieger

Bannkrieger

Titel: Bannkrieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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Schankmaiden, die das Gewünschte auftrugen, waren für ihr entgegenkommendes Wesen bekannt.
    Licht fiel durch die offenen Fensterläden der Gasthäuser nach draußen, und der Lärm, der auf die Gassen drang, traf die Vorübergehenden wie ein Schlag.
    Yako hatte eigentlich keinen guten Ruf zu verlieren, trotzdem trug sie einen schwarzen, bis über die Stiefelspitzen reichenden Mantel, der den Gassenstaub aufwirbelte, und ihr Gesicht lag im Schatten der tief herabgezogenen Kapuze. Trotz dieser Vermummung fiel sie nicht weiter auf, denn es gab auch Mannsbilder, die ihre Gestalt derart verhüllten, insbesondere wenn sie die Wolfsgrube ansteuerten, eine der verrufensten Spelunken des ganzen Viertels.
    Die matt schimmernde Mondsichel stand bereits hoch am Himmel, als Yako ihr Ziel erreichte: eine weit ausladende Fassade, hinter der sich ein großer Schankraum im Erdgeschoss und zahlreiche kleine Zimmer in den darüberliegenden Stockwerken befanden. Über der massiven Eichentür quietschte ein wappenförmiges Holzschild in rostigen Scharnieren, auf dem der Namen der Schenke in roten Lettern prangte und für jene, die des Lesens unkundig waren, zusätzlich in drastischer Deutlichkeit aufgemalt war: Manch auswärtiger Besucher erschrak beim ersten Mal, wenn er den riesigen Wolfskopf sah, der ein halb zerrissenes Lamm zwischen den scharfen Fängen hielt, doch wer genügend Mut hatte, kehrte trotzdem ein.
    Vor dem Eingang lag ein Betrunkener, um den sich niemand scherte.
    Yako machte einen großen Schritt, um nicht in die säuerlich riechende Lache zu treten, die sich um den Kopf des Mannes herum ausgebreitet hatte. Ein paar Eimer Wasser oder der nächste Regenguss würden das Erbrochene in die Uchte spülen. In der Oberstadt gab es eine Kanalisation, die noch aus alten Zeiten stammte, ab der Stadtmitte floss jedoch aller Unrat über die gepflasterten Gassen ab. Im Gerberviertel, das am untersten Ende des Gefälles lag, sammelte sich deshalb der Dreck aus den höheren Lagen an. Doch der Gestank der Laugen der Färber und Kürschner überdeckte ohnehin alles, und früher oder später schwemmte er über die zahlreichen in der Ostmauer eingelassenen Roste in den Fluss.
    Trotz der offenen Fenster schlug Yako beim Betreten der Schankstube eine warme Wand aus Schweiß, Küchendünsten und Lampenruß entgegen. Geschmeidig wich sie zwei Männern aus, die haltlos in Richtung Tür stolperten. Einer von ihnen fühlte sich trotzdem provoziert und bedachte sie mit einem finsteren Blick, doch es genügte, dass sie kurz den Mantel lüftete und ihn den Schwertgriff sehen ließ, auf dem bereits ihre Hand lag, und schon wandte er sich eingeschüchtert ab.
    Seinen Kumpanen, den er stützte, drängte es ohnedies hinaus, und als beide durch die Tür waren, wurde auch klar warum. Den würgenden Lauten nach gab er einen Teil der erst kurz zuvor genossenen Speisen und Getränke wieder von sich, und zwar genau an der Stelle, an der bereits jemand in seinem Erbrochenen lag.
    Yako kümmerte sich nicht um das allnächtliche Drama, das sich in ihrem Rücken abspielte, sondern suchte sich eine freie Ecke, von der aus sie das Treiben in der gut gefüllten Schankstube verfolgen konnte.
    Die Wolfsgrube war keine dieser billigen Absteigen, in denen eine über zwei Fässer gelegte Planke die Theke ersetzte; der Schankknecht arbeitete hinter einem gemauerten Tresen, den eine polierte Eichenplatte bedeckte. An der dahinterliegenden Wand lugte zwischen einigen Regalen der große Wolfskopf hervor, dem die Stätte ihren Namen verdankte. Angeblich hatte der Wirt dem grauen Würger persönlich mit blanker Klinge den Garaus gemacht, auf jeden Fall war die Bestie nach ihrem Tode einem Gerber in die Hände gefallen, der sich aufs Ausstopfen verstand. Polierte Quarzsteine, die im Feuerschein glänzten, ersetzten die dunklen Wolfsaugen, ansonsten sah das Untier noch genauso angriffslustig wie zu Lebzeiten aus.
    Ein wenig unterhalb der gebleckten Fänge hatte jemand den Wahlspruch der Schänke in die Rückplatte der Trophäe geschnitzt: Wer die Zeche prellt, stirbt!
    Die meisten Tische in dem großen, nur durch Eichenpfosten unterteilten Raum waren bis auf den letzten Platz belegt, sodass sich die Schankmaiden eilen mussten, um mit dem Auftragen nachzukommen.
    Die Sauberkeit wurde bei so starkem Betrieb naturgemäß vernachlässigt: Viele Tischplatten waren mit Becherringen übersät, auf mancher klebte sogar die Gesichtshälfte eines Betrunkenen, der vorzeitig seinen

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