Bannkrieger
Gardisten mit der Peitsche deutete und seinen Bauern befahl: »Schlagt das Schwein tot! Wir dürfen keinen Gardisten am Leben lassen, oder die Rache der Fagoner wird fürchterlich sein!«
Rasch ließ der Veteran die Klinge fallen, die er in Händen hielt, doch es war bereits zu spät, um sich zu ergeben. Die Dörfler kannten kein Erbarmen. Mit vereinten Kräften rückten sie gegen ihn vor und ließen erst wieder von ihm ab, als er, kaum noch mehr als ein blutiges Bündel, zusammengesunken zu ihren Füßen lag.
Rorn konnte das Vorgehen der Dörfler verstehen.
Widerstand gegen die kaiserlichen Garden zu leisten war ein schweres Vergehen, das mit Folter und Tod bestraft wurde. Blieb auch nur einer der Soldaten am Leben, mussten alle Bewohner Dornhains mit einer gnadenlosen Verfolgung rechnen, die auch nicht vor Frauen und Kindern haltmachte.
Rorns Mitwisserschaft fürchteten sie hingegen nicht, schließlich hatte er sich ebenfalls der Obrigkeit entgegengestellt. Entsprechend neugierig wurde er von allen Seiten gemustert. Junge Kerle mit weißblondem Haar waren nicht häufig anzutreffen, aber auch wieder nicht so selten, als dass sie sein Äußeres stutzig gemacht hätte. Sein Schwert allerdings unterschied sich völlig von denen, die sie für gewöhnlich zu sehen bekamen. Vor allem, was die gleißenden Entladungen betraf.
Der Dorfschulze war der Erste, der den Jadesplitter in der Breitseite der Klinge entdeckte. »Ist das ein Bannschwert?«, wollte er wissen. »Kämpfst du für die Jadepriester?«
Rorn zog kurz in Erwägung, sich tatsächlich als einer von Dagomars Rittern auszugeben, dadurch wäre vieles leichter zu erklären gewesen. Er verwarf diesen Gedanken jedoch wieder und entschied sich, möglichst nahe bei der Wahrheit zu bleiben.
»Ich bin nur ein einfacher Schmied aus dem Schimmerwald«, wiegelte er ab. »Meinem Dorf ist etwas ganz Ähnliches widerfahren wie dem euren. Es wurde von einer dämonischen Horde angegriffen, die ihre wahre Gestalt hinter ledernen Masken und Kluften verbarg. Sie hatten keine menschlichen Körper, so wie dieser Kraal, und ließen sich nicht mit blankem Stahl bekämpfen. Feuer ist das Einzige, das sie zu besiegen vermochte.«
»Und dieses Schwert, das du mit dir führst!«, erkannte der Schulze. »Wo hast du diese mächtige Waffe her? Hast du sie von den Jademeistern erhalten?« Wegen des Jadesplitters konnte er sich ganz einfach nichts anderes vorstellen.
»Nein!«, antwortete Rorn eine Spur schroffer, als nötig gewesen wäre. »Dieses Schwert habe ich einst selbst geschmiedet!« Die bohrenden Fragen des Schulzen verunsicherten ihn, weil er selbst nicht genau wusste, was eigentlich vor sich ging. Deshalb fügte er mehr für sich selbst als für die anderen hinzu: »Aber irgendetwas scheint mit ihm während des Kampfes gegen die Lederhäuter passiert zu sein.«
»Das kann man wohl sagen.« Die Augen des Schulzen begannen zu glänzen. »Die Götter, wenn nicht der EINE selbst, haben dich in jener Nacht offensichtlich dazu erwählt, Bedrängten wie uns zu Hilfe zu eilen. Anders ist dies nicht zu erklären!«
Die Worte des Schulzen fielen auf fruchtbaren Boden. Die übrigen Dörfler stöhnten laut auf vor Ergriffenheit. Nun glänzten auch ihre Augen. Unter ehrfürchtigem Schweigen rückten sie vorsichtig näher, um einen besseren Blick auf den weißblonden Krieger in dem zerschlissenen Mantel zu werfen.
Die erwartungsvolle Hoffnung, in der sie ihn betrachteten, empfand Rorn als äußerst unangenehm. »Lass dir von deinem Weib die Wunden versorgen«, fuhr er den Schulzen an, der sich als Bento vorgestellt hatte. »Du fieberst ja.«
Der Gescholtene schwieg, und auch sonst wagte niemand, Rorn wegen seiner harschen Worte zu tadeln.
In seiner Verlegenheit nahm er die leere Uniform zu seinen Füßen auf und begann die blutbefleckte Klinge an einer sauberen Stelle des Waffenrocks zu reinigen. Dabei berichtete er in knappen Worten von dem Besuch der Jadeträgerin im Schimmerwald und wie sie von einem Unhold und mehreren iskandischen Banditen gejagt worden war sowie von dem Überfall, bei dem alle Bewohner des Dorfes ums Leben gekommen waren. Dass er mit seinem glühend heißen Schwert auf einen gestohlenen Jadestein eingeschlagen hatte, behielt Rorn allerdings für sich. Er war sich nämlich immer noch nicht sicher, ob er damit großes Unheil heraufbeschworen oder etwas sehr Wertvolles geschaffen hatte.
»Seit jener Nacht ziert dieser Jadesplitter also deine Waffe?«, fragte
Weitere Kostenlose Bücher