Bannsänger
Unnatürlichkeit dieser Situation gespürt?« Er schritt vor Jon-Toms Pritsche auf und ab und warf gelegentlich die Fäuste hoch.
»Wir sind mehr als Tiere – oder nicht? Die Natur beabsichtigt eindeutig unsere Überlegenheit; doch irgendwelche unnatürlichen Mächte oder Umstände hindern uns daran, unser Geburtsrecht zu erlangen. Die Zeit, das zu ändern, ist endlich nahe! Schon bald wird der Mensch diese Welt erben, wie die Natur es beabsichtigte.«
»Dann sprichst du also«, sagte Jon-Tom langsam, »von einem Rassenkrieg?«
»Nein!« Der Anführer sah ihn zornig an. »Dies wird ein Krieg für die Rasse, für die menschliche Rasse, um sie in ihre rechtmäßige Position als Führerin der Zivilisation zu bringen.« Er beugte sich vor und starrte suchend in Jon-Toms Gesicht.
»Sag mir eins, Bannsänger: Existieren die Menschen deiner Welt gleichberechtigt neben den Tieren?«
Mein Gott! dachte Jon-Tom voller Panik. Was antworte ich? Wie empfindsam sind sie? Können sie durch Magie oder sonstwie eine Lüge bemerken? Und wenn sie die Wahrheit erfahren, werden sie sie dazu benutzen, um unter den Menschen dieser Welt Unterstützung für ihre haßerfüllten Pläne zu bekommen?
Aber sind sie wirklich so haßerfüllt? Haßt du, was dieser Mann sagt, Jon-Tom, oder haßt du den Gedanken, daß du mit ihm übereinstimmen könntest?
»Nun?« hakte der Mann nach.
Keine Antwort war schlimmer als irgend etwas zu sagen, überlegte Jon-Tom. »Die Menschen, denen ich hier begegnete, sind den Tieren an Intelligenz und Größe gleich. Einige haben sich als verdammt darunter liegend erwiesen. Was läßt euch denken, daß ihr überlegen seid?«
»Glaube und inneres Wissen«, kam die unverzügliche Antwort. »So wie es jetzt ist, kann die Natur es nicht gewollt haben. Irgend etwas stimmt nicht. Aber du hast noch nicht meine Frage bezüglich der Beziehung zwischen Menschen und Tieren in deiner Welt beantwortet.«
»Wir sind allesamt Tiere. Intelligenz ist der ausschlaggebende Faktor, und die anderen Personen, denen ich hier begegnete, waren in ihrer Intelligenz sehr gleich.«
»Äh... die anderen Tiere, denen du h i er begegnet bist. Was ist mit den Tieren deiner Welt?«
Verwirrung ließ Jon-Toms Stimme laut werden. »Verdammt, Form und Größe haben nichts damit zu tun!«
»Das bestätigt, was die Traumsucher uns sagten«, murmelte jemand im Hintergrund des Raums. Es gab weiteres Gemurmel, dünkelhaft und selbst zufrieden. Jon-Tom empfand es als beunruhigend.
»Trotzdem, ich werde mich euch jedenfalls nicht anschließen.« Er verschränkte die Arme. »Und ich bezweifle, daß das viele tun werden. Ich kenne bereits eine Menge Menschen, die ohne viel Nachdenken zwischen zivilisiert und unzivilisiert unterscheiden können, zwischen intelligent und dumm, und es hat keinen Deut mit Körpergeruch zu tun. Also könnt ihr euren ›Glauben‹ und euer ›inneres Wissen‹ nehmen und euch irgendwo hinstecken! Das sind genau die unsinnigen halbgaren Pseudogründe, die in der ganzen Geschichte von Diktatoren benutzt wurden, um andere zu diskriminieren und als minderwertig darzustellen; und ich will nicht das geringste damit zu tun haben.
Außerdem sind Menschen hier einfach eine weitere Säugetierminderheit. Selbst wenn sie alle durchdrehen und sich euch anschließen, seid ihr zahlenmäßig immer noch so unterlegen, daß der von euch ins Auge gefaßte Massenmord keinerlei Erfolgschance hat.«
»Du hast in allen Punkten recht«, sagte der Blonde, »bis auf einen.«
»Ich glaube nicht, daß ich etwas übersehen habe.«
»Vielleicht ist es besser, wenn ich es erkläre.« Die Stimme war von einer Heiserkeit, die an eine schwere Erkältung oder Kehlkopfentzündung denken ließ. Ihr Besitzer trat ins Licht. Er war so untersetzt wie der Anführer und noch zottiger. Langes schwarzes Haar fiel schwer über die Schultern, und der Bart verdeckte das Gesicht fast völlig. Ein zeltähnlicher Umhang aus braunem und blauem Leder fiel ihm von den Schultern.
Jon-Tom war inzwischen fast zu wütend, um noch klar denken zu können. »Wer zum Teufel bist du, Typ?« Er dachte an Mudge und Clodsahamp, an den aristokratischen, aber freundlichen Caz und den sardonischen Pog. Die Vorstellung, daß dieser bunt zusammengewürfelte Mob von Halbwilden sich für gut genug hielt, über seine frischgewonnenen pelzigen Freunde zu herrschen, ging an die Grenze dessen, was er verdauen konnte.
»Meine Identität ist wohl besser gezeigt als behauptet«, sagte die
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