Banyon, Constance - HG 032 - Bittersüße Jahre der Sehnsucht
auf. „Darf ich Sie nur noch einmal in den Armen halten, Royal?“
Mit einem erstickten Schluchzen warf sie sich ihm an die Brust. Er umklammerte sie, als wollte er sich das Gefühl dieser Berührung für alle Zeit einprägen. „Es wird nicht leicht sein, Sie zu vergessen, Royal.“
Sie löste sich von ihm und trat einen Schritt zurück. „Sie sollten mich nicht vergessen, Preston, denn ich werde auch Sie und Alissa und Ihre Mutter nie vergessen. Ihr habt mir England liebenswert gemacht.“
„Ein schwacher Trost“, sagte er und ließ den Blick über den Fluß gleiten, über die Wiesen und Felder. „Ich werde immer an Sie denken und diese Landschaft vor mir sehen, in der Sie leben. Was auch kommen mag, Royal, hier werden Sie immer sicher sein.“
„Wie meinen Sie das? Ich verstehe Sie nicht, Preston.“
„Haben Sie sich nie gefragt, wie es denn kommen mag, daß Swanhouse Plantation in keiner Weise gelitten hat, obwohl jeder weiß, daß der Besitzer ein gefürchteter Rebell ist? Das war ich Damon einfach schuldig und Ihnen, Royal.“
Jäh begriff sie, daß die Soldaten den Landsitz nicht belauert, sondern geschützt hatten, und strich dem Duke über die Wange. „Ich danke Ihnen, Preston.“
Er ergriff ihre Hand und führte sie an die Lippen. „Leben Sie wohl, Royal. Ich werde mich stets an Sie erinnern, wie Sie jetzt vor mir stehen, immer, solange ich lebe, Liebste.“ Damit wandte er sich ab und schritt die Stufen von der Veranda herunter, ohne sich noch einmal umzudrehen.
Mit hocherhobenem Kopf und gestrafften Schultern verließ der Duke of Chiswick Swanhouse Plantation, und nur Royal Routhland wußte, wie es ihm dabei im Herzen zumute war. Der gute treue Preston mit dem sanften Wesen und seiner großen innigen Liebe! Warum konnte Royal nicht ihn lieben? Warum sehnte sie sich nach dem düsteren fernen Damon Routhland, dessen Namen sie trug und dessen Sohn sie das Leben geschenkt hatte?
*
Royal hätte nicht sagen können, was sie aufgeweckt hatte. Der Kleine schlief im angrenzenden Zimmer. Hatte er sich bewegt? Sie glitt aus dem Bett und stieß im Dunkeln gegen einen Menschen. Mit einemmal war die Erinnerung an Murdock wieder da, an die Entführung, die Gefangenschaft in den Sümpfen. Mit aller Wucht warf sie sich auf den Eindringling, der ihre Hände faßte und mit eisernem Griff festhielt.
„Um Himmels willen, Royal, ich bin es doch.“
Freude und grenzenlose Erleichterung ließen sie schwanken. „Damon, gottlob. Ich fürchtete, es wäre wieder Murdock.“
„Seinetwegen brauchst du nie mehr zu bangen, Royal. Dafür hat Ezekiel gesorgt. Hat er dir nicht gesagt, daß Murdock tot ist?“
„Nein, das hat er nicht“, antwortete sie leise und wußte, daß sie dem Alten damals in der Jagdhütte versichert hatte, nur so lange auf Swanhouse Plantation bleiben zu wollen, wie Murdock am Leben sei. Ezekiel hatte ihr diese Nachricht mit weislicher Absicht verschwiegen.
Damon ließ Royal behutsam auf dem Bettrand nieder, tastete nach einer Kerze und entzündete sie. Eine Weile schauten sie einander wortlos an. Damon Routhlands Gesicht war hager und wies Spuren der Erschöpfung auf. Royal hätte ihm so viel zu sagen gehabt und fand doch keine Worte, übermannt von einer jähen Scheu. Nein, jetzt war nicht die Stunde, über das zu sprechen, was sie beide allein anging. So begann sie endlich unsicher.
„Wir waren alle so glücklich, als wir von dem Sieg bei Yorktown hörten, Damon. Warst du dort auch dabei?“
Er hatte sich einen Stuhl herangezogen, sich rittlings darauf gesetzt und die Arme auf die Rückenlehne gestützt. „Ja, ich war dabei.“
„Ich habe so sehr auf ein Lebenszeichen von dir gewartet, Damon. Warum hast du nie geschrieben? Keine Nachricht, nichts, warum?“
Er schaute sie forschend an. „Ich war nicht so sicher, daß dir etwas daran gelegen wäre.“
Sie suchte in seinen Zügen, erinnerte sich an die Eintragungen John Bartholomews. Jetzt wußte sie, daß Damon Routhland sie liebte, aber er sollte es ihr selbst sagen. Statt dessen erwähnte er, daß er bereits seit ein paar Stunden zurück sei, gebadet und etwas gegessen habe und sich von John habe Bericht erstatten lassen. Dabei ruhte der Blick der goldbraunen Augen immer auf Royal, kehrte stets von neuem auf ihre Brüste zurück, die sich unter dem durchscheinenden Nachtgewand deutlich abzeichneten.
Bei dem Gedanken an das, was sie so innig verbunden hatte, stieg Royal jähe Röte in die Wangen. „Und hast du alles
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