Banyon, Constance - HG 032 - Bittersüße Jahre der Sehnsucht
Alba?“
„Natürlich werden Sie selbst es Mr. Routhland wissen lassen. Ich bin sicher, daß Mr. Bartholomew weiß, wo eine solch wichtige Nachricht unseren Herrn erreichen kann.“
Royal schien eine Zeitlang zu sinnen. „Ich werde mit meinem Mann darüber sprechen, sobald der Augenblick dafür gekommen sein mag. Aber Sie erinnern mich: Wie geht es heute Mr. Bartholomew?“
„Nicht besonders gut, Miss Royal. Das Fieber ist immer noch hoch, und er hat Schmerzen in der Brust. Ich habe ihm Tee gekocht und ihm heiße Wickel gemacht. Mehr kann ich auch nicht tun. Der Ärmste ist schon ganz außer sich, daß er die Rechnungsbücher nicht führen kann, obwohl wir doch größere Verkäufe abgeschlossen haben, Pferde und Saatgut und derlei mehr.“
„Ich werde zu ihm gehen. John ist nicht der Mensch, der freiwillig im Bett bleibt. Es muß schlimm um ihn stehen.“
„Tun Sie das, Miss Royal, ich werde Sie begleiten. Aber zuerst wird brav gegessen.“
Man konnte sich gegen Alba Beemish nicht durchsetzen.
„Gut“, seufzte Royal Routhland und gab sich geschlagen. „Aber etwas ganz Leichtes, Alba.“
17. KAPITEL
John Bartholomew versuchte mühsam, sich auf den Ellbogen aufzurichten, als die junge Herrin des Hauses in sein Zimmer trat.
„Nicht doch, Madam, Sie sollten nicht selbst kommen.“
Er ist blaß, stellte Royal beunruhigt fest. Seine Augen waren glasig vom Fieber.
„Es geht Ihnen nicht gut, John, Sie sind ernstlich krank. Ich werde einen Arzt kommen lassen.“
„Nein, nein“, wehrte der Sekretär ab. „Es ist nichts als ein Anfall von Erkältung und in ein, zwei Tagen wieder vorbei.“
„Ich höre von Alba, daß Sie sich Sorgen machen wegen Ihrer Bücher. Wie wäre es, wenn ich das inzwischen für Sie besorgte?“ Sie lächelte ihm beruhigend zu. Natürlich würde es ihm schwerfallen. Er war so überaus genau in seiner Arbeit. „Vielleicht erinnern Sie sich noch, ich hatte zum Schulabschluß in London recht gute Noten in Mathematik.“
Allein die Anstrengung des Sprechens war zu viel für den Kranken. Er begann zu zittern, und der Schweiß trat ihm in feinen Perlen auf die Stirn. Dennoch leuchteten seine Augen auf, und er nickte eifrig. „O ja, Madam, ich weiß, ich war damals sehr stolz auf Ihre Fortschritte. Vielleicht wären Sie wirklich so gütig, die Eintragungen über Ausgaben und Einnahmen nachzutragen. Ich mache das ja sonst immer täglich, aber jetzt ist etwas liegengeblieben, Madam.“
Royal legte ihre Hand begütigend über die seine. „Sie werden ganz schnell wieder gesund. Und bis dahin kümmere ich mich um die nötigen Eintragungen. Morgen früh werde ich gleich damit anfangen, John. Seien Sie unbesorgt.“
„O Madam, ich danke Ihnen. Sie sind so gütig.“
Royal Routhland hielt Wort. Gleich am nächsten Tag saß sie im Arbeitszimmer über die Bücher gebeugt. Sie waren peinlich genau, nach Tagen gesondert, geführt, und es fiel Royal leicht, die Zahlenreihen sorgfältig zu addieren und nachzuschreiben. Bald schon war sie so in die Bücher vertieft, die auch knappe und anschauliche Bemerkungen zu einzelnen Transaktionen enthielten, daß sie immer weiter zurückblätterte und wie aus einem Tagebuch Einblick gewann in die alltäglichen Vorgänge auf Swanhouse Plantation – Hochzeiten, Geburten und Todesfälle eingerechnet.
Manche Notiz ließ Royal laut auflachen. Der gute John hatte sich wirklich um alles und jeden gekümmert wie ein guter Hausvater. Unvermittelt stieß sie auf ihren eigenen Namen und wurde aufmerksam.
„… Miss Royal ist sofern von daheim und scheint keine Freundinnen zu haben. Es bricht mir das Herz, ihre Briefe zu lesen, in denen sie fleht, zurückkommen zu dürfen. Obwohl ich sie nie persönlich kennengelernt habe, scheint sie mir eine sehr ungewöhnliche junge Dame. Ich hoffe, sie eines Tages selbst zu sehen …“
Sein Mitgefühl rührte Royal einmal mehr. Dieser verschlossene Sonderling hatte in all den Jahren eine lebhafte persönliche Anteilnahme für sie gezeigt. Sie kam sich auf einmal vor, als hätte sie an einer fremden Tür gelauscht, und blätterte hastig weiter zurück, ob ihr Name sich noch irgendwo fände. Es war ziemlich häufig so.
„… heute habe ich weg en Miss Roy als Finanzlage mit Mr. Routhland gesprochen. Für meine Begriffe gibt sie viel zu leicht zu große Summen für Kleider und derlei aus. Mr. Routhland gab mir deutlich zu verstehen, daß er wünschte, sie möge alles haben, was ihr Herz begehrt. Nach
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