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Barakuda der Wächter 03 - Die Freihändler von Cadhras

Barakuda der Wächter 03 - Die Freihändler von Cadhras

Titel: Barakuda der Wächter 03 - Die Freihändler von Cadhras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Pasdani, die in das Große Chaos eingegangen waren; meistens jedoch war sie mit den jungen Frauen und Männern beschäftigt, die sich in den verschiedenen Formen eines kleineren Chaos nicht zurechtfanden, weil sie an eine rigide, terroristische Ordnung gewöhnt waren. Tremughati hielt sich im Hintergrund; sie hütete sich, in beginnende selbstlenkende Gruppenprozesse einzugreifen.
    An einer flachen, sandigen Stelle ohne Schilf legte sie die Tasche mit den Kräutern ab, zog das helle weite Kleid über den Kopf und watete in den Strom, dessen Ufer hier flach waren. Erst nach etwa fünfzig Schritten war das Wasser tief genug zum Schwimmen. Das andere Ufer war fast fünfhundert Meter entfernt; mit kräftigen Schlägen schwamm sie flußaufwärts. Später ließ sie sich auf dem Rücken treiben. Das Wasser erfrischte und entspannte sie, aber es vertrieb nicht die Gedanken.
    Sie watete wieder an Land, legte sich ins Gras der Uferböschung und ließ sich von Wind und Sonne trocknen. Dies war ihr einundvierzigster Sommer, ihr Körper war noch immer straff und geschmeidig. Nach der Rechnung der Cadhrassi war sie fünfundvierzig Gaiajahre alt. Zusammen ergaben die Zahlen etwa ein Zehntel dessen, was sie an Jahren schon erlebt zu haben glaubte. Aber das war eher die Last von Kenntnissen als die von Erfahrungen. Die ehemalige Fürstin der Banyashil, Mutter der Stämme und Städte des Nordens, hatte Teil am Wissen der Heiler, und dieses umfaßte den gesamten Planeten und viele Jahrtausende.
    Fürstin – Potentielles-Notfalls-Haupt –, flüchtig dachte sie an Barakuda, der ihr und Gortahork die andersartigen Vorstellungen der Cadhrassi zu erläutern versucht hatte. Sie hatten all dies nur begreifen können, weil sie Galaktein be herrschten; in ihrer Sprache, in der es für abstrakte Dinge wie Ordnungsprinzipien keine konkreten Wörter gab, sondern nur Potential- und Irrealformen, die das Gesagte von vornherein denunzierten, war es kaum möglich, die entsetz lichen, beklemmenden, unfreien Vorstellungen auszudrüc ken, die in Cadhras mit Wörtern wie Regierung oder Universum verbunden waren. Barakuda. Vor wenigen Tagen hatte Sare la McVitie, seine Nachfolgerin im Wächteramt zu Cadhras, Tremughati besucht und berichtet, daß Dante verschleppt und vielleicht tot sei. Tremughati wußte, daß er lebte, ir gendwo im Süden; sie hätte gefühlt, wenn er gestorben wäre. Sa rela war halb beruhigt wieder abgeflogen.
    Nun wartete Tremughati mit Freude und Sehnsucht auf das Eintreffen des ehemaligen Fürsten Gortahork. Sarela wollte ihn in der Nordsteppe suchen, wo er sich um andere Gruppen von Frauen und Männern aus Pasdan kümmerte; und sie wollte ihn auf dem schnellsten Weg nach Pasdan bringen. Tremughati wußte, daß Gortahork in wenigen Ta gen bei ihr sein würde, mit seinen Tagen und Nächten.
    Sie streifte das Kleid über ihren halb getrockneten Körper. Es würden nicht nur Tage und Nächte sein, sondern auch Sorgen. Neben den Sorgen, die es ohnehin gab. Etwas ging in Gashiri vor; etwas, das Shilgat insgesamt bedrohen konnte. Sie wußte nicht genau, was es war; die Geister derer in Gashiri waren ihr verschlossen, aber sie fühlte deutlich die Bedrohung. Um diese Bedrohung, sollte sie einmal groß und fürchterlich werden, abzuwehren, hatten die Heiler vor Jahrhunderten die Institution der Königin von Kelgarla geschaffen, die für den Süden zu tun hatte, was die Fürsten der Banyashil für den Norden getan hatten. Aber Tremughati konnte ebenso wenig wie Gortahork mit dem Titel die Last der Kenntnisse ablegen, und dieses Wissen drängte sie zum Handeln.
    Abends wurde das Idyll zur Agonie. In einem der Gemeinschaftshäuser des Dorfs erhob sich kurz nach Sonnenuntergang Lärm. Tremughati saß mit einem uralten Heiler vor dessen Zelt; sie aßen schweigend und lauschten dem Klang der beginnenden Nacht, den Gräsern und Vögeln, als die Stille zunächst von erregten Stimmen unterbrochen wur de, denen bald das Krachen geworfener Gegenstände folgte. Plötzlich gellte ein entsetzlicher Todesschrei.
    Der alte Mann blieb sitzen; er murmelte etwas und be gann mit dem Oberkörper zu schaukeln. Tremughati sprang auf und eilte zu dem langen, niedrigen Gebäude.
    Die Tür wurde aufgerissen; Tureela, die Troubadourin, stürzte heraus und lief in Tremughatis Arme, wie blind. »Mut ter«, sagte sie erstickt. Dann biß sie sich auf die Lippen.
    Tremughati schob die junge Frau von sich und betrat das Gebäude. Auf dem Holzboden, zwischen dem langen

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