Barakuda der Wächter 03 - Die Freihändler von Cadhras
ernst, aber der stumpfe Schleier glitt von den Augen.
»Wenn Byam will, werde ich sie mitnehmen. Wir werden viele Male Pfeil und Bogen brauchen, fürchte ich. Das ist auch eine Gelegenheit, die Große Waage des Chaos an einer Stelle wieder auszubalancieren.«
Byam nickte nur.
Tureela räusperte sich. »Wir können nichts gegen deine Entscheidung sagen, Mutter. Ich glaube, sie ist gut. Aber nimmst du auch Freiwillige?«
12. Kapitel
Nach dem Frühstück zerstreuten sich die wenigen noch in Shontar befindlichen Leute der TraPaSoc. Begheli und Kakoiannis gingen ins Büro. Sie hatten sich kaum niedergelassen, als das Visifon schrillte. Die Commonwealth-Bank Cadhras meldete den Eingang einer Überweisung aus Puerto Albaicin auf dem fernen Neu-Granada, in Höhe von 112.376,21 Drachmen. »Ich dachte, von einem derartigen Betrag würden Sie gern sofort wissen«, sagte die lächelnde Bankangestellte.
Begheli dankte und beendete das Gespräch. Dann dachte sie daran, daß Dante alles eingeleitet hatte und verschollen war.
Der glühende Herbst vor dem Fenster entsprach Beghelis Stimmung gar nicht. Das Kinn auf die geballten Fäuste gestützt, starrte sie lange Minuten dorthin, wo der farbtriefende Zweig einer Blutweide im leichten Seewind schaukelte.
Sie riß sich vom Bürofenster los und wandte sich Kakoiannis zu, der auf der anderen Seite des Schreibtischs saß und sie aufmerksam und voll Mitgefühl betrachtete.
»Tut mir leid«, sagte er leise. »Soll ich es erledigen?«
Begheli gab den Blick zurück. Ihre Augen schienen verschleiert. Sie musterte das feingeschnittene, braune Gesicht des Mannes, als gebe es darin versteckt den Rat, die Idee, die Erlösung. Dann blieb ihr Blick an den langsam ergrauenden Schläfen des ehemaligen Don Juan der Garnison hängen, und mit einer kleinen Irritation sagte sie sich, daß auch Yasuhiro mit seiner Bildung, seinen Manieren und seiner geheimnisvollen Vergangenheit unvollkommen war. Wie sein Haar. Wie seine Möglichkeiten. Wie sie selbst.
»Warum bist du eigentlich einfacher suldau geworden, statt bei deiner zweifellos noblen Familie zu bleiben?« frag te sie zerstreut.
Kakoiannis hob eine Braue. »Ich verstehe, daß du ablenken willst. Aber das Problem muß gelöst werden, und in meiner Vergangenheit, die keinen etwas angeht, liegt der Schlüssel nicht.«
Begheli nickte. »Entschuldige«, sagte sie halblaut. »Aber es ist nicht ganz einfach.«
»Es ist nur halb so schwer«, gab er zurück. »Warum läßt du mich das nicht erledigen?«
»Ich muß mich da durchbeißen, sonst wird es mir immer nachhängen.«
Dante war verschwunden. Shulamit as-Sabah ritt mit der Karawane zu den namenlosen Dörfern der Mischlinge im Norden. Lugo Bondak hatte zugestimmt, aber die letzte Entscheidung mußten Begheli und Kakoiannis treffen. Begheli nahm wieder den Bericht des Labors in die Hand. Er hatte die TraPaSoc 1000 Drachmen gekostet.
»Zusammenfassend ist zu sagen, daß es sich um eine Substanz mit faszinierenden Eigenschaften handelt, die mit den Mitteln des Hospital-Labors von Cadhras keineswegs erschöpfend analysiert werden können.«
So stand es im Bericht. Man hatte das Ambra beziehungsweise eine kleine Probe unter den unterschiedlichsten Bedingungen getestet, verflüssigt, vergast, erhitzt, gefroren, mit tausend anderen Substanzen, von destilliertem Wasser bis zu Radium, gemischt, jedes Mal mit anderen Ergebnissen.
Kakoiannis stand auf. Er streichelte Beghelis Kopf. »Ich lasse dich wohl besser allein.«
Begheli starrte wieder eine Weile aus dem Fenster. Dann seufzte sie und aktivierte das Visifon. Sie wählte die Funkzentrale des Raumhafens an und bat um eine Auskunft. »Geben Sie mir bitte die Ortszeit von Pugan auf Osiris.«
Der freundliche junge Mann am anderen Ende betätigte die Tasten seines Terminals. »Einundzwanzig neunundsiebzig.«
Begheli nickte. »Verbinden Sie mich doch bitte mit folgender Nummer.«
Nur etwa zwei Minuten waren vergangen, als sich der graue Bildschirm stabilisierte. Begheli sah den massigen Kopf von Hludon Gerames über einem offenen Hemd, aus dem die gewaltigen Brusthaare quollen.
Der Konstrukteur hatte offensichtlich gearbeitet; er lehnte sich überrascht zurück, und die Automatik seines Geräts veränderte die Einstellung. Er saß am Schreibtisch. An ei nem antiken, wunderschön gearbeiteten Schreibtisch, dessen grü ne Lederplatte von Papieren übertürmt war. Begheli nahm diese und noch viele weitere Einzelheiten mit träumerischer
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