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Barakuda der Wächter 03 - Die Freihändler von Cadhras

Barakuda der Wächter 03 - Die Freihändler von Cadhras

Titel: Barakuda der Wächter 03 - Die Freihändler von Cadhras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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einen Blick. Sie sah undeutlich im Flackerlicht zwei Gestalten und glaubte, beide schauten in den Paß hinein. Sie unterhielten sich über etwas in der Wachhütte, blickten wahrscheinlich unwillkürlich dorthin.
    Wie eine Schlange näherte Toyami sich dem Paß, eng an die steilen Seitenwände gepreßt. Unterhalb der westlichen Armbrust sprang der Felsen ein Stück vor, warf einen zuc ken den Schatten. Dahinter, im Dunkel, tat sich eine Nische auf.
    Sie kauerte sich hinein. Die beiden Frauen waren kaum zehn Meter entfernt. Endlich beendeten sie ihre Unterhaltung; die Schlankere ging fort, die Stämmige begann mit der unvermeidlichen Wanderung, knapp hinter den montierten Armbrüsten, fünf oder sechs Meter entfernt.
    Das Gesicht war nicht zu sehen, und auf den wenigen Metern ließ sich aus dem Gang nicht viel ablesen, aber das Wenige reichte. Toyami schloß auf Kraft und gute körperliche Verfassung; die Frau war ihr vermutlich überlegen, und sie konnte es nicht auf einen Ringkampf ankommen lassen. Alles mußte schnell und völlig geräuschlos gehen.
    Seit dem Wachwechsel war etwa eine dreiviertel Stunde verstrichen. Nur die Schritte, manchmal der Atem der Frau, die auf und ab ging, auf und ab, wie ein Uhrwerk.
    Toyami wunderte sich plötzlich über das leichte Erdbeben, bis sie begriff, daß die Kälte der Bergnacht nach ihr faßte. Sie kauerte dort barfuß und ohne Jacke und zitterte erbärmlich. Es wurde Zeit.
    Als die Frau wieder auf ihrer Seite des Passes war und sich auf dem Absatz umdrehte, sprang Toyami. Zwei weite, lautlose Sätze. Sie hielt den Dolch in der Rechten und preßte die Linke auf Mund und Nase der Wachtfrau. Die Halsmuskeln waren hart.
    Toyami hielt den erschlaffenden Körper fest. Die Frau trug einen Degen an der Seite; sie durfte um keinen Preis auf den steinigen Boden stürzen. Die Nacht blieb still. Toyami schulterte den Körper und glitt wieder aus dem Paß. Sie trug die Tote in die Nähe der Stelle, wo ihre Sachen verborgen waren. Dort legte sie die Frau hinter einen Felsen.
    In der Dunkelheit versuchte sie, Hände und Dolch mit Erde zu reinigen. Plötzlich bemerkte sie, daß ihr Tränen über das Gesicht liefen. Sie schluckte, drängte alle Gedanken bei seite, zog die Jacke an, stopfte den Lederhut zwischen die Pfeile im Köcher, damit sie nicht klapperten, klemmte sich die Stiefel unter einen Arm, warf mit dem anderen Beutel und Köcher über die Schulter, griff nach dem Bogen und lief wieder bergauf.
    Sie glitt über den unebenen Boden des Passes. Am anderen Ende sah sie nun erstmals die Postenhütte. Sie hielt den Atem an und huschte zum südlichen Ausgang. Im Sternenlicht sah sie, daß der Weg abfiel und dann in einem langen Bogen wieder anstieg. Neben dem Pfad lag eine umzäunte Weide, auf der sie fünf Pferde zählte. Sie näherte sich den Tieren, die nicht unruhig wurden, stieg über den Zaun, öffnete das Gatter von innen, schlüpfte in die Stiefel und trieb vier der Pferde hinaus. Dann sprang sie auf das fünfte. Sie nahm sich nicht die Zeit, nach Sattel oder Zaumzeug zu su chen. Das Pferd war sanftmütig und ging gehorsam im Schritt; die anderen folgten. Toyami ließ das Tier weiter gehen, neben dem Weg, nach Süden, bis ans Ende des grasbewachsenen Stücks. Dann schnalzte sie mit der Zunge und preßte ihre Absätze in die Flanken des Tieres. Die anderen vier Pferde folgten noch eine Weile, ehe ihnen der nächtliche Ausflug uninteressant wurde. Aber da waren sie schon einige Kilometer vom Paß entfernt, und der Weg flog unter Toyami dahin.

 
14. Kapitel
     
    Nach acht Tagen kannte Terence Bu’ndai auswendig. Lerio fuhr tagsüber mit anderen hinaus, um zu fischen und Hummerkörbe zu kontrollieren. Einmal fuhr sie nicht; diesen Tag verbrachte sie mit Terence in ihrer Wohnung. Für beide war es eine gute Zeit, und die Gewißheit, daß sie enden würde, beeinträchtigte die Freude nicht.
    Am neunten Tag entdeckte Learoyd zwei Löcher in der Sohle seines rechten Stiefels. Er grinste und suchte einen Schuhmacher auf, der abfällige Äußerungen über die Qualität der Infanteriestiefel aus dem Commonwealth machte (»Aber langes Gehen ist zwischen den Sternen wohl von Übel, wie?«) und beide Stiefel mit neuen Sohlen aus P’aodhu-Leder versah.
    Außer den Sohlen erreichte er nichts. Er schlenderte zum x-ten Mal durch die engen Hafengassen, setzte sich vor ein Lokal am Kai, trank schwarzes Bier und rollte eine Zigarette nach der anderen. Als er die zweite anzündete, legte eines der

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