Barakuda der Wächter 03 - Die Freihändler von Cadhras
Taucherboote ab und steuerte in die Bucht hinaus. Die Schiffe waren breit, hatten flache Bordwände und Aufbauten, mit deren Hilfe die Dreiviertelkugel aus halbtransparentem, druckfestem Korall geschwenkt, abgelassen und aufgezogen wurde – eine Art Hebebaum, verbunden mit Riemen, Ketten und Zahnrädern.
Learoyd stieß einen wilden Fluch aus. Bundashil an Ne bentischen warfen ihm interessierte Blicke zu. Er hatte sich auf Galaktein beschimpft, aber Ton und Miene hatten den Nachbarn verraten, daß es sich um interessante Fügungen handeln mußte. Einer der Bundashil erkundigte sich höflich: »Dürfen wir hören, welche anmutigen Bemerkungen du soeben abgesondert hast?«
Bei aller Wut mußte Learoyd doch grinsen. Er versuchte eine Übersetzung, der entgegenstand, daß es auf Shilgat kei ne Hunde gab, so daß er zunächst eine Erläuterung über geringgeschätzte Tiere zu erstatten hatte. Dann sagte er: »Ich habe mich als plattköpfigen, schweißfüßigen Bastard einer räudigen Hündin, in deren Sippe Gehirnschwund erblich ist, bezeichnet.«
Die Bundashil lächelten und dankten höflich für diese willkommene Bereicherung ihrer Kenntnisse.
Learoyd knallte eine Münze auf den Tisch und marschier te los. ›So viele Tage sinnlos vergeudet, dabei gibt es nur eine sinnvolle Möglichkeit‹, dachte er verärgert. ›Kein Wunder, daß ich nicht General geworden bin.‹
Seit Tagen hatte er sich mit Versuchen abgeplagt, Gründe für den Anschlag zu finden. Annehmend, bei den Drahtziehern handle es sich um Leute aus Gashiri, hatte er sich den Kopf mit wilden Hypothesen zerbrochen – Verschwörung der AVs mit Bundashil zur Errichtung einer anarchovegetarischen Kolonie in Bu’ndai; politische Verbindungen zwischen AVs und Korallkorsaren; eine Racheaktion irgendeines AV, dem Barakuda in seiner Zeit als Sicherheitschef auf die Füße getreten haben mochte … All diese und drei Dutzend andere Überlegungen führten immer wieder zur Frage der Nützlichkeit, der Motivation, des Orts und der Zeit. Warum sollten AVs Barakuda und Begleiter verschleppen, statt sie an Ort und Stelle zu töten? Warum in Bu’ndai und nicht beispielsweise in der zu Gashiri gehörenden Station der Taggabahn? Wenn ein Rächer ihnen gefolgt war, warum hatte er dann erst in Bu’ndai zugeschlagen und nicht früher, an einem einsamen Ort? Inzwischen hielt Learoyd es für wahrscheinlich, daß die AVs, aus welchen Gründen auch immer, Barakuda aus dem Weg schaffen, aber nicht sichtbar umbringen wollten, und daß Oubou und er selbst nur notwendige Dreingaben, zufällig ebenfalls anwesende Zeugen darstellten. Zeugen für was?
Der Anblick des Taucherboots gab ihm die einzig sinnvolle Antwort. Er wußte jetzt, warum jemand Dante und Vlad überfallen und verschleppt hatte, und warum versucht worden war, auch ihn zu beseitigen.
Jemand mußte gehört haben, daß Barakuda auf der Suche nach Ambra war. Jemand mußte Interesse daran haben, zu verhindern, daß Barakuda Ambra erhielt und nach Cadhras brachte. Das konnte nur bedeuten, daß jemand – Terence war sicher, daß es sich hierbei um AVs aus Gashiri handelte – selbst an dem Zeug zu sehr interessiert war, um Einmi schung oder Konkurrenz zu dulden.
Learoyd ging schnell nach Süden am Kai entlang, dort hin, wo jener Taucher wohnte, der ihm Ambra gebracht hatte. Dabei schüttelte er immer wieder den Kopf über seine Dummheit. Händler hatte er gefragt; Wirte; Bauern, die in der Nähe großer Straßen arbeiteten; die Leute, die die Endstation der Taggabahn warteten – nur keine Taucher.
Der Mann war zu Hause. Nach einigem Murren erklärte er sich bereit, gegen Zahlung eines größeren Betrags sofort in See zu stechen und Learoyd die ungefähre Stelle zu zeigen, unter der sich die Grotten der sterbenden Wale befanden. Terence erklärte ihm in Umrissen, weshalb er solch großen Wert darauf lege; der Taucher seinerseits bestritt, jemals Ambra an Fremde von außerhalb Bu’ndai abgegeben zu haben. Er könne natürlich nicht für alle Taucher sprechen.
Am Nachmittag des übernächsten Tages liefen sie wieder in den Hafen von Bu’ndai ein. Learoyd hatte einige Dinge gelernt; er wußte, daß die Grotten tief unter der Wasseroberfläche zwischen Riffen und ehemals vulkanischen Inseln lagen, an der unzugänglichen Steilküste im Süden der weiten Bucht.
Mühsam fragte er sich durch das Gewirr der Gassen, Straßen und Plätze. Er hatte die Namen mehrerer Taucher, und bis zum Abend war es ihm gelungen, sechs
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