Barbarendämmerung: Roman (German Edition)
sämtlichen Gedärme entledigt, leichter dadurch als jemals im Leben. Setepenre ging neben ihm her, tief herabgebeugt, mit vor Aufregung dunkellilafarbenen Wangen.
»Erzähl mir davon, mein Schatz«, forderte sie. »Wie fühlt es sich an? Schmeckt es nach etwas? Kannst du dich selbst riechen? Du stinkst schon ganz furchtbar, aber mir macht das nichts, ich kenne das ja, wir haben ja schon immer alles miteinander geteilt, erinnerst du dich noch? Also sprich mit mir! Kannst du noch reden, denken, wahrnehmen? Ich bin es: dein Juwel.«
Valenzio sagte etwas mit knirschenden Zähnen. Vielleicht hieß es: »Sssstpnnnnrrrrrrrrrr.«
Setepenre geriet ganz außer sich vor Wonne. »Ja! Du erkennst mich noch! Du stirbst mit mir in dir! Weißt du, dass ich davon immer geträumt hatte, in den Momenten höchster Wonne? Zu sterben? Mit dir in mir? Und jetzt kommt es genau andersherum. Das ist sehr poetisch, findest du nicht auch? Sag, Valenzio, was spürst du? Kannst du fühlen, dass deine Innereien deinen Körper längst verlassen haben?«
Valenzio hielt im Krauchen inne. Er konnte ohnehin nirgendwohin. Die Reling ragte für ihn ringsherum auf wie eine Burgmauer. Er schaute sich um und sah tatsächlich sein Gedärm liegen, ein trauriger, ekelhafter Haufen, mehrere Schritt entfernt. Lautlos begann er zu weinen.
Setepenre strich ihm durchs blonde, verschwitzte Haar. »Ach, weine doch nicht so, mein Schatz. Du warst doch tapfer bis zuletzt, hast dich dem schrecklichen Feind mannhaft entgegengeworfen, und das fast ganz alleine. Jetzt bringt das Weinen auch nichts mehr, das siehst du doch ein? Selbst wenn man das alles wieder in dich zurückstopfen würde, was da rumliegt, ich bezweifle, dass es noch so einwandfrei seinen Dienst verrichten würde wie vorher. Ich wüsste auch gar nicht, wo was hingehört, du etwa? Es ist vorbei, mein Schatz, vorbei. Du hattest so viele Möglichkeiten. Dein Vater hätte dir die ganze Welt eröffnet. Ich habe auch mit ihm geschlafen, habe ich dir das je erzählt? Nein? Aber dich mochte ich lieber. Du warst … folgsamer und dümmer. Vor ihm musste ich mich manchmal fürchten. Vor dir niemals. Was ist? Warum schluckst du so schwer? Stirbst du jetzt? Glaubst du an ein Leben nach dem Tod? Ich nicht. Bedeutet das, dass wir uns niemals wiedersehen werden? Macht dich das traurig? Untröstlich gar?«
»Seeee…teeee…pennnn…reeee… mein… Juuuu… weee…«
»Ja, das bin ich. Und eines muss ich dir noch verraten.« Sie beugte sich ganz nahe an sein weinendes Gesicht und hauchte ihm ins Ohr: »Ich glaube, ich werde seinen Schwanz mögen.« Sie kicherte und küsste seine nach ihr tastende Hand. Dann war er tot. Aus dem Wasser drangen das Platschen, Schluchzen und Luftschnappen zweier Ertrinkender. Setepenre erhob sich. »Nun steht nicht so rum und haltet Maulaffen feil«, herrschte sie Valenzios Gäste an. »Schnappt euch Seile und holt wenigstens die beiden dummen Gänse wieder an Bord. Wir wollen doch noch Spaß haben miteinander, oder etwa nicht?« Dann ging sie mit ausgebreiteten Armen auf den Barbaren zu. »Du hast mich gewonnen, du wahnsinniger, hübscher Krieger. In ehrlichem Wettstreit. Was gedenkst du nun, mit deiner Beute anzufangen?«
Der Barbar antwortete ihr wieder nicht, was sie ärgerte, aber nur ein wenig. Er ging an ihr vorbei zu einem der jetzt leer stehenden vorderen Zelte und bediente sich am Braten, den Früchten und dem goldfarbenen, seekühlen Wein. Er fraß wie ein Schwein. Wahrscheinlich tat er nicht nur dies wie ein Schwein. Ihre Augen leuchteten vor Vorfreude.
Setepenre hatte das Kommando übernommen. Der unter Deck zusammengekauerten Mannschaft war es verhältnismäßig egal. Sie war im Voraus bezahlt worden. Hauptsache, eine der wohlhabenden Herrschaften bestimmte, wo es langzugehen hatte und wann.
Sie verblieben noch den Rest des Tages auf dem See, die Nacht und den darauffolgenden Tag. Danach begannen einige der männlichen Gäste zu quengeln. Sie hatten Verpflichtungen in der Stadt, behaupteten sie, und überhaupt hätten sie nicht damit gerechnet, dass die »Festivität« so lange dauern würde.
Setepenre schwelgte mit dem Barbaren, dann noch zusätzlich mit den beiden aus dem Wasser erretteten beringten Mädchen, dann wieder mit dem Barbaren ganz alleine, dann in größerer Runde mit mehreren ältlichen Männern – hierbei vermisste sie Borr, niemals jedoch Valenzio, und es wunderte sie selbst, wie wenig Nachhall der Blondling in ihrem Trachten fand –, dann noch
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