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Barbarendämmerung: Roman (German Edition)

Barbarendämmerung: Roman (German Edition)

Titel: Barbarendämmerung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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wich aus, mied und konterte mit dem langen Speer, während der sterbende Sklave ihm immerhin die Zweitwaffe behinderte, weil er mit seinen Rippen und seinem Gewicht die Spitze wie mit einer Zange umschlossen hielt.
    Der andere Sklave suchte seine Chance. Holte aus. Wollte werfen. Tödlich. Gezielt.
    Der Barbar ging hinter Valenzio in Deckung.
    Der Sklave fiel nicht darauf herein, warf nicht, wartete weiter auf seine Gelegenheit.
    Der Barbar ließ nun den halben Speer los und schlug Valenzio mit der Faust ins Gesicht. Dieser wurde dadurch in seinem Wüten kurz gestoppt, machte dann aber mit fahrigeren Bewegungen und aus der Fassung geratener Frisur weiter. Ein zweiter Faustschlag mitten ins Gesicht verlangsamte ihn zusätzlich.
    »Zeigt uns doch endlich eure Schwänze, ihr Idioten!«, forderte Setepenre dazwischen. »Macht schon, was soll denn diese Prüderie auf diesem Schiff?«
    »Se…te…penre«, ächzte Valenzio, ohne den Barbaren aus den Augen zu lassen, »wenn ich dich noch einmal das Wort Schwanz sagen höre, dann erschlage ich dich und nicht ihn !«
    Sie verstummte tatsächlich, tänzelte aber weiterhin leichtfüßig um das Kampfgeschehen herum.
    Der Barbar grollte. Valenzio war viel langsamer und klobiger als Setepenre, aber zu nah an ihm dran, um den langen Speer richtig einsetzen zu können. Der halbe wäre jetzt praktischer gewesen. Aber nach wie vor führte er den langen nahe vor sich, um die Klinge des Blondlings zu parieren. Was nicht einfach war. Denn die Schneide würde den Schaft zerteilen. Er musste die flache Seite des Schwertes treffen, um parieren zu können. Oder er konnte …
    Er ließ sich den Speer von Valenzio in zwei Hälften schneiden.
    Dann fasste er die verkürzte Waffe neu unter der Spitze und bohrte sie dem Blonden vom Bauch her durch die Innereien aufwärts bis in Höhe der Brust. Valenzio, nun eine Puppe auf einem Stab, zappelte und röchelte. Er erzählte etwas, das nach »Vater« und »Mutter« und »Schaukelpferd« klang, aber das Wort »Schaukelpferd« ergab für den Barbaren keinen Sinn. Valenzios Gaumen schmatzte nass von Blut.
    Die Mädchen schrien.
    Setepenre hatte die Hände vor dem Mund, um ihr triumphierendes Kichern zu unterdrücken, das in Schüben aus ihr hervorbrach.
    Der Sklave mit dem Speer war noch immer eine Gefahr.
    Der Barbar führte den Puppenblonden nun am Stiel vor sich her. Valenzio redete immer noch Unsinn, während seine Eingeweide aus der Bauchhöhle flutschten und auf die Planken klatschten wie ein Orakel. Jetzt fielen zwei der Gäste und eines der Mädchen in Ohnmacht. Einer sprach von Selbstmord. Einer vom Angeln. Einer von seiner Ehefrau, der er hätte immer treu bleiben sollen. Zwei der Mädchen beschlossen, über Bord zu springen und sich »lieber den Fischen preiszugeben«. Vielleicht konnten sie nicht oder zumindest nicht gut schwimmen.
    Der Barbar drängte mit Valenzio gegen den letzten Sklaven. Dieser stach mit dem Speer um Valenzio herum. Nur mit Mühe konnte der Barbar, der nun keine freie Waffe mehr hatte, diesen Stößen ausweichen. Dann gelang es ihm endlich, Valenzio das Spielzeugschwert, das dieser immer noch krampfhaft umklammert hielt, zu entwinden. Der Sklave war nicht dumm genug, seinen Speer in Valenzios Leib zu verhaken. Es musste auch anders gehen.
    Der Barbar schleuderte die blonde Puppe gegen den Sklaven. Der Sklave wich so weit zurück, bis er beinahe gegen die jenseitige Reling stieß. Der Barbar sprang an ihn heran, mit einer eigenartig pendelnden und unglaublich schwer zu treffenden Bewegung des Oberkörpers. Der Sklave stieß zu. Der Barbar durchhieb ihm den Speer. Ein Schicksal, das hier an Bord die meisten Speere zu ereilen schien.
    Kurz dachte der Barbar darüber nach, diesen einzigen formidablen Gegner dieses Schauplatzes am Leben zu lassen, einfach so, als Lohn, und dazu noch die Freiheit. Aber es war zu riskant. Ein Sklave war ein Sklave. Wer wusste schon, wie sehr er an seinem Herrn hing, welche Eide er ihm geschworen hatte? Er schlug erst zu, dann stach er nach. Der Sklave verhauchte sein Leben, zitternd wie eine seltene Blume im Herbstwind.
    Der Barbar richtete sich auf und schaute sich um. Im Hintergrund sprangen gerade zwei Mädchen über Bord, eingeölt, beringt und Hand in Hand. Alle anderen kauerten sich zusammen und starrten ihn aus Augen an, die einander ähnlich sahen wie die von Geschwistern. Leidensschwestern waren sie alle, sogar die Männer.
    Valenzio lebte noch immer. Er kroch umher, seiner

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