Barbarendämmerung: Roman (German Edition)
einmal mit dem Barbaren und dem hübschesten der angemieteten Mädchen und zuletzt noch mit zwei Glücklichen von der Mannschaft. Sie kam sehr auf ihre Kosten, wozu womöglich beitrug, dass sie angeordnet hatte, die Leichen nicht anzurühren, über Bord zu werfen oder sonst etwas zu tun, das sie verbergen oder entfernen würde. Die Anwesenheit des ungeschminkten Todes auf diesen Planken, auf denen Setepenre sich ungehemmt der Lust hingab, verstärkte noch die Kontraste und die Reibungen.
Auch der Barbar war zufrieden. Setepenre gefiel ihm sehr. Ihre Haut war so fein und makellos wie höchstens die einiger Mädchen in Ionies Haus der Freuden, aber im Gegensatz zu denen handelte Setepenre aus eigenem Antrieb. Sie war nicht so schläfrig und willfährig. Im Herzen war sie eine Barbarin. Eine Wilde mit dem makellosen Körper einer in Milch badenden Prinzessin.
Er überlegte, ob er sie begleiten sollte in die Stadt. Aber allein das Wort »Stadt« stieß ihn schon ab. Sie würde ihn in ihren Haushalt eingliedern, wie auch Ionie das schon getan hatte. Ihn vorzeigen. Mit ihm angeben. Und binnen einer Woche schon würden ihre Reize ihm schal und immer wieder gleich vorkommen. Er würde sich nach den Wäldern sehnen und etwas niederbrennen müssen, um sich wieder lebendig zu fühlen.
Er dachte an die Frau mit den Männermuskeln. Wo sie jetzt wohl war? Ob sie noch lebte, in Freiheit oder erneut in Ketten, weil sie niemals irgendwohin gehen konnte, ohne aufzufallen und Gewinnsucht in den Menschen zu wecken.
Setepenre war auch so eine, die das Dunkle in Männern anfachte. Aber solange sie zufrieden war, gab sie einem ein ausgesprochen gutes Gefühl dabei.
Niemand an Bord hatte einen Helm gehabt, auch niemand von der Mannschaft.
Als die Wege von Setepenre und dem Barbaren sich am Westufer des Sees trennten, trug er immer noch nichts weiter als seine zerschlissene Hose und eine Vogelfeder im Haar, aber das Zierratschwert des blonden Stutzers hatte er in einer Schmuckscheide über der Schulter. Den Ohrring hatte er Setepenre gegeben, sie hatte ihn wiederholt für sich verlangt, bis er endlich nachgegeben hatte. Dafür hatte sie ihm einen der ihren gegeben, ein Gehänge mit in Gold eingefassten blauen Steinen, das vielleicht noch wertvoller war als sein ursprünglicher einfacher Ring.
»Vielleicht sehen wir uns eines Tages wieder, mein Schatz«, sagte sie zum Abschied und küsste ihn auf seine von ihrem nachwachsenden Schamhaar ganz zerkratzten Lippen.
Sie empfand es durchaus als wohltuend, dass er keine abgeschmackten Koseworte entgegnete, bevor er sich davonmachte.
ZeRSTöReN
In dem Zelt, das aussah, als wäre es aus Menschenhaut genäht, roch es nach Schweiß und Bier. Der Kommandant, ein vierschrötiger Kerl mit den Lippen und den Ohren eines ehemaligen Faustkämpfers, legte einen wuchtigen Hammer und einen Meißel vor sich auf den Kartentisch.
»Darum geht es«, sagte er. Seine Stimme grollte, als steckte ihm zwanzig Jahre alter Schleim in der Kehle. Er blickte auf zu dem vor ihm stehenden Wilden mit dem Frauenohrring.
»Man hat mir gesagt, dass sie dir nichts antun. Dass sie dich einfach passieren lassen. Ist das richtig?«
Der Barbar zuckte leicht die Schultern.
Der Kommandant grollte. »Warum ist das so? Keiner von meinen Leuten kommt auch nur hundert Schritt weit, ohne von Pfeilen gespickt zu werden wie ein Stachelschwein. Aber du, du kommst da einfach durch. Warum?«
Der Barbar antwortete nicht, schaute sich im Zelt um.
»Hm. Du gehörst nicht zu ihnen und nicht zu uns. Sie können das sehen. Verstehe. Gut so. Ich gebe dir das hier.« Er stellte ein Säckchen voller Münzen auf den Tisch neben den Hammer und den Meißel. »Wenn du eine Kleinigkeit für mich erledigst.«
Der Barbar begutachtete weiterhin das Innere des Zelts. Es war klein und speckig und vollgeräumt mit den Insignien eines hastig geführten Krieges. Er erblickte einen Helm. Den nahm er und legte ihn auf den Tisch. Das Geldsäckel dagegen schubste er in den Schoß des Kommandanten zurück. Zur Bekräftigung tippte er noch einmal auf den Helm.
»Verstehe. Du willst einen Helm. Also gut. Den kannst du aber nicht haben, das ist nämlich meiner. Du sollst einen Helm aus dem Mannschaftsstand bekommen, ein gutes Lederwams und einen Schild noch dazu. Was sagst du?«
Der Barbar tippte noch einmal auf den Helm.
»Den kannst du nicht haben«, wiederholte der Kommandant. »Das ist meiner. Ein Kommandantenhelm, hier, siehst du? Deshalb ist dieser
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