Barbarossa, Botticelli und die Beatles
Ölkrise von 1979 bis 1980 ist noch nicht ausgestanden. Seine Wirtschaftspolitik, bald Reagonomics genannt, ist die erklärte Abkehr von der seit Ende des Zweiten Weltkriegs in den westlichen Industriestaaten weithin propagierten Politik des Keynesianismus. Reagan verkündet in seiner Antrittsrede, der Staat sei nicht die Lösung der Probleme: »Er ist das Problem!«
Es folgen massive Steuersenkungen, die Staatstätigkeit auch im sozialen Sektor wird reduziert. In den acht Jahren seiner Regierung entstehen 17 Millionen Arbeitsplätze, die Wirtschaft wächst durchschnittlich um über vier Prozent pro Jahr, dies aber auch mit dem Preis hoher Haushaltsdefizite. Fast zeitgleich beginnt in Großbritannien die konservative Premierministerin Margaret Thatcher mit einer vergleichbaren Wirtschafts- und Sozialpolitik.
Reagan setzt auf eine Politik der Stärke gegenüber der Sowjetunion und erhöht die Rüstungsausgaben. Die Sowjetunion versucht mitzuhalten, gerät aber allmählich an die Grenzen ihrer wirtschaftlichen Kraft.
Lech Wałęsa und die Sprengung des eisernen Griffs
Lech Wałęsa wird 1943 geboren
1980 brodelt es in Polen. Das geschundene Volk, seit Jahrhunderten zwischen den Interessen der benachbarten Großmächte im wahrsten Sinne des Wortes zerrissen, will nicht mehr.
Nach dem Zweiten Weltkrieg geriet Polen wie die DDR, Ungarn, Rumänien, Bulgarien und die Tschechoslowakei in den eisernen Griff des Stalinismus. Lech Wałęsa ist seit 1967 Elektriker auf der Danziger Lenin-Werft und dort seit 1970 Mitglied des illegalen Streikkomitees. Die Polen sind gravierende Versorgungsmängel aufgrund der Planwirtschaft gewohnt. Angebot und Nachfrage wird nicht auf Märkten geregelt, sondern in Fünfjahresplänen, die festlegen, was produziert wird. Und das mit meist sehr unbefriedigenden Ergebnissen. Nun empören zusätzliche Preiserhöhungen für viele wichtige Güter des täglichen Bedarfs wenige Wochen vor Weihnachten die Arbeiter und das ganze Land. Es kommt zu Streiks und Massendemonstrationen. Die Regierung schlägt den Protest mit Gewalt nieder: 80 Tote, weit über 1000 Verletzte.
Zehn Jahre später provozieren im Sommer 1980 Preiserhöhungen für Fleisch erneut einen Streik. Als die Werftleitung am 7. August die Kranführerin Anna Walentynowicz entlässt, ist das der Funke, der das Feuer entfacht. Die streikenden Arbeiter gründen die freie Gewerkschaft Solidarność, Lech Wałęsa wird ihr Vorsitzender.
Unterstützung erhält die Gewerkschaft von Beginn an von wichtigen polnischen Intellektuellen und der katholischen Kirche. Das Regime schlägt zurück. Ende 1981 wird von General Jaruzelski der Kriegszustand ausgerufen, die Solidarność verboten, ihre Anführer, auch Wałęsa, verhaftet. Er bleibt fast ein Jahr im Gefängnis, während Papst Johannes Paul II. in sein Heimatland reist und Reformen für Polen fordert.
1983 bekommt Wałęsa den Friedensnobelpreis zugesprochen. Sechs Jahre darauf finden in Polen die ersten halbfreien Wahlen statt. Die Solidarność kandidiert und gewinnt mit großer Mehrheit. Mit Tadeusz Mazowiecki stellt Solidarność den ersten nichtkommunistischen Ministerpräsidenten nach dem Zweiten Weltkrieg. 1990 wird Lech Wałęsa zum polnischen Staatspräsidenten gewählt. »Ich will nicht, aber ich muss«, sagt er beim Amtsantritt.
Es bleibt seine Leistung des erfolgreichen friedlichen Kampfes gegen das kommunistische Regime und für die Freiheit, der zu einer Initialzündung für die Menschen in den anderen Staaten des Ostblocks wird.
Michail Gorbatschow: Der Überbringer der Nachricht als Buhmann
Michail Gorbatschow wird 1931 geboren
Nikita Chruschtschow, Nachfolger Stalins als starker Mann der Sowjetunion, bricht Mitte der Fünfzigerjahre mit der Stalinzeit. Doch der Aufbruch ist nur kurz, denn die diktatorische Einparteienherrschaft folgt dem Machterhalt und der Ideologie. Das Land verkrustet gesellschaftlich und wirtschaftlich. Als Chruschtschows Nachfolger Leonid Breschnew 1982 stirbt, folgen schnell aufeinander Juri Andropow und Konstantin Tschernenko, bis im März 1985 Michail Gorbatschow mit 54 Jahren neuer Parteichef wird. Er ist, anders als seine Vorgänger, jung und dynamisch und äußerst mediengewandt, weil eloquent und charmant.
Der Sohn eines Mähdrescherfahrers hat Rechts- und Agrarwissenschaften studiert. Im Februar 1986 leitet er auf dem 27. Parteitag der KPdSU entlang seiner bald weltweit populär werdenden Schlagworte Glasnost (»Offenheit«) und Perestroika
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