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Barcelona 01 - Der Schatten des Windes

Barcelona 01 - Der Schatten des Windes

Titel: Barcelona 01 - Der Schatten des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Ruiz Zafon
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nichts auf.
»Señorito Tomás sagt, er sei sehr beschäftigt und könne Sie jetzt nicht empfangen.«
»Hast du ihm gesagt, wer ich bin? Daniel Sempere.«
»Ja, Señorito. Er hat gesagt, ich soll Ihnen sagen, Sie sollen gehen.«
In meinem Magen breitete sich eine Kälte aus, die mir den Atem abschnitt.
»Es tut mir leid, Señorito«, sagte Cecilia.
Ich nickte und wußte nicht, was sagen. Das Mädchen öffnete die Tür der Wohnung, die ich vor nicht allzu langer Zeit noch als mein zweites Zuhause betrachtet hatte.
»Möchte der Señorito einen Schirm?«
»Nein, danke, Cecilia.«
»Es tut mir leid, Señorito«, wiederholte sie.
Ich lächelte ihr kraftlos zu.
»Mach dir keine Sorgen, Cecilia.«
Die Tür ging zu, und ich stand im Dunkel. Ich verharrte einige Sekunden und schleppte mich dann treppab. Draußen goß es immer stärker. Ich ging die Straße hinunter. Als ich an die Ecke kam, blieb ich stehen und schaute einen Moment zurück, zur Wohnung der Aguilars hinauf. Im Fenster seines Zimmers zeichnete sich die Silhouette meines alten Freundes Tomás ab. Er schaute mich reglos an. Ich winkte ihm zu, doch er erwiderte den Gruß nicht. Nach kurzer Zeit zog er sich ins Innere zurück. Ich wartete etwa fünf Minuten in der Hoffnung, ihn noch einmal erscheinen zu sehen, aber umsonst. Der Regen wischte mir die Tränen vom Gesicht.
28
    Auf dem Rückweg in die Buchhandlung kam ich am Kino Capitol vorbei, wo zwei Maler auf einem Gerüst verzweifelt zuschauten, wie das Plakat, dessen Farbe noch nicht trocken war, im Regen zerfloß. Aus der Ferne erkannte ich das stoische Bild der diensttuenden Wache vor der Buchhandlung. Als ich mich Don Federico Flaviás Uhrmacherei näherte, sah ich, daß der Inhaber auf der Schwelle seines Ladens stand, um den Wolkenbruch zu betrachten. Noch immer war sein Gesicht von den Narben seines Aufenthalts im Präsidium gezeichnet. Er trug einen tadellosen grauen Wollanzug und hatte eine Zigarette in der Hand, die er nicht einmal angezündet hatte. Ich winkte ihm zu, und er lächelte.
    »Hast du etwas gegen Regenschirme, Daniel?« »Was gibt es Schöneres als den Regen, Don Federico?« »Die Lungenentzündung. Na, komm rein, dein Auftrag ist fertig.«
Ich sah ihn verständnislos an. Er blickte mir fest in die Augen und lächelte weiter. Ich nickte bloß und folgte ihm in seinen Wunderbazar hinein. Drinnen reichte er mir eine kleine Packpapiertüte.
»Geh gleich wieder raus, der Hanswurst da, der die Buchhandlung überwacht, hat uns nicht aus den Augen gelassen.«
Ich guckte in die Tüte hinein. Sie enthielt ein Büchlein mit Ledereinband, ein Meßbuch. Das Meßbuch, das Fermín in den Händen gehalten hatte, als ich ihn zum letzten Mal sah. Während mich Don Federico auf die Straße zurückschob, verschloß er mir mit einem ernsten Nicken die Lippen. Draußen setzte er wieder seine heitere Miene auf und sagte laut:
»Und denk daran, überdrehe die Krone nicht, wenn du sie aufziehst, sonst springt sie wieder raus, ja?«
»Keine Bange, Don Federico – und vielen Dank.« Ich ging mit einem Knoten im Magen davon, der sich mit jedem Schritt, den ich dem Polizisten vor der Buchhandlung näher kam, mehr zusammenzog. Als ich an ihm vorbeiging, grüßte ich ihn mit derselben Hand, in der ich Don Federicos Tüte trug. Er schaute sie mit unbestimmtem Interesse an. Ich wischte hinein. Mein Vater stand noch immer hinter dem Ladentisch, als hätte er seit meinem Weggang keine Bewegung gemacht.
Bekümmert schaute er mich an.
»Hör zu, Daniel, wegen vorhin …«
»Mach dir keine Sorgen. Du hattest recht.«
»Du zitterst ja …«
Ich nickte, worauf er die Thermoskanne holen ging. Das nutzte ich, um das kleine WC im Hinterraum aufzusuchen und mir das Meßbuch anzuschauen. Fermíns Notiz flatterte wie ein Schmetterling durch die Luft, und ich fing sie auf. Die Nachricht war in winziger Schrift auf ein beinahe durchsichtiges Stück Zigarettenpapier geschrieben, so daß ich es ins Gegenlicht halten mußte, um sie zu entziffern.
    Lieber Daniel, glauben Sie kein Wort von dem, was die Zeitungen über den Mord an Nuria Monfort schreiben. Es ist wie immer
    reiner Schwindel. Ich bin gesund und wohlbehalten und an einem sicheren Ort versteckt. Versuchen Sie nicht, mich zu finden oder mir eine Nachricht zukommen zu lassen. Vernichten Sie diese Notiz, sobald Sie sie gelesen haben. Sie brauchen sie nicht zu verschlucken, es reicht, wenn Sie sie verbrennen oder zerreißen. Ich werde mich mittels meiner Erfindungsgabe und der guten

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