Barcelona 01 - Der Schatten des Windes
doch«, bemerkte Fermín erleichtert. »Ja, aber sie ist nicht meine Freundin.«
»Dann weiß ich nicht, worauf Sie noch warten.« »Sie ist die Schwester von Tomás Aguilar.«
»Von Ihrem Freund, dem Erfinder?«
Ich nickte.
»Um so mehr. Nicht gerade die Schwester von Cary Grant, wissen Sie – aber sie sieht fantastisch aus. Ich an Ihrer Stelle würde mir die Gelegenheit nicht entgehen lassen.«
»Bea hat schon einen Freund. Einen Leutnant, der dient.«
Fermín seufzte irritiert.
»Oh, die Armee, Gebrechen und Bollwerk der Affenzunft. Desto besser, so können Sie ihm ohne Gewissensbisse Hörner aufsetzen.«
»Sie spinnen, Fermín. Bea wird ihn heiraten, sobald er den Militärdienst zu Ende gebracht hat.«
Er lächelte mir verschmitzt zu.
»Tja, ich habe so ein merkwürdiges Gefühl, daß dem nicht so ist, die heiratet nicht.«
»Was wollen denn Sie wissen.«
»Von Frauen und andern weltlichen Beschäftigungen wesentlich mehr als Sie. Wie uns Freud lehrt, begehrt die Frau das Gegenteil dessen, was sie denkt oder erklärt, was genau besehen gar nicht so schrecklich ist, denn der Mann gehorcht, wie uns Perogrullo lehrt, im Gegensatz dazu dem Diktat seines Genital- oder Verdauungsapparats.«
»Halten Sie mir keinen Vortrag, Fermín, ich weiß schon, worauf Sie hinauswollen. Wenn Sie mir etwas zu sagen haben, dann resümieren Sie.«
»Nun, ich sag es Ihnen in bündiger Essenz: Die sah nicht so aus, als heirate sie einen Kommißkopf.«
»Ach nein? Und wie sah sie denn dann aus?«
Fermín trat mit vertraulicher Miene näher.
»Wie eine Femme fatale.« Er zog geheimnisvoll die Brauen in die Höhe. »Und damit das klar ist, das meine ich als Kompliment.«
Wie immer hatte Fermín vollkommen recht. Ich gab mich besiegt und spielte den Ball an ihn zurück.
»Wenn wir schon bei Femme fatale sind, erzählen Sie mir von der Bernarda. Ist geküßt worden oder nicht?«
»Beleidigen Sie mich nicht, Daniel. Ich darf Sie daran erinnern, daß Sie mit einem Verführungsprofi sprechen, und das mit dem Küssen ist eine Sache von Amateuren und Pantoffeldilettanten. Die wirkliche Frau erobert man peu à peu. Das ist alles eine Frage der Psychologie, genau wie bei einem guten Stierkämpfer in der Arena.«
»Sie hat Ihnen also einen Korb gegeben.«
»Fermín Romero de Torres gibt nicht einmal der heilige Rochus einen Korb. Aber, um auf Freud zurückzukommen und wenn die Metapher erlaubt ist, der Mann erhitzt sich wie eine Glühbirne: im Handumdrehen rotglühend und dann ebenso schnell wieder kalt. Bei der Frau dagegen, und das ist reine Wissenschaft, ist es wie beim Bügeleisen, verstehen Sie? Ganz sachte, bei schwachem Feuer, wie eine gute Suppe. Aber wenn sie dann einmal erhitzt ist, dann lodert sie. Wie die Hochöfen in Vizcaya.«
Ich dachte über Fermíns thermodynamische Theorien nach.
»Das machen Sie also mit der Bernarda?« fragte ich. »Das Bügeleisen aufs Feuer stellen?«
Fermín blinzelte mir zu.
»Diese Frau ist ein Vulkan kurz vor dem Ausbruch, mit einer Libido wie feuriges Magma und dem Herzen einer Heiligen. Um eine wahrhaftige Parallelität zu etablieren: Sie erinnert mich an meine kleine Mulattin in Havanna, die eine sehr fromme Santería-Anhängerin war. Aber da ich im Grunde ein Kavalier der alten Schule bin, nutze ich das nicht aus, und so habe ich mich mit einem züchtigen Küßchen auf die Wange begnügt. Ich hab’s ja nicht eilig, wissen Sie. Gut Ding will Weile haben. Es gibt so Lümmel, die meinen, wenn sie einer Frau die Hand auf den Hintern legen und sie protestiert nicht, dann haben sie sie schon in der Tasche. Anfänger. Das Herz des Weibes ist ein ausgeklügeltes Labyrinth, welches den engstirnigen Geist des Mannes herausfordert. Wenn Sie eine Frau wirklich besitzen wollen, müssen Sie denken wie sie und als erstes ihre Seele erobern. Der Rest, die süße, weiche Verpackung, die einem Sinn und Tugend verdirbt, kommt dann als Zugabe.«
Feierlich lobte ich seine Rede.
»Fermín, Sie sind ein Dichter.«
»Nein, ich halte es mit Ortega und bin Pragmatiker, denn die Dichtung lügt, wenn auch im schönen Sinn, aber was ich sage, ist wahrer als ein Butterbrot. Schon der Meister hat es gesagt, zeigen Sie mir einen Don Juan, und ich zeige Ihnen einen verkappten Schwulen. Meine Sache ist Dauerhaftigkeit, das Immerwährende. Sie sollen mein Zeuge sein, daß ich die Bernarda wenn nicht zur ehrbaren, das ist sie schon, so doch zumindest zur glücklichen Frau machen werde.«
Ich nickte lächelnd. Seine Begeisterung war
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