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Barcelona 01 - Der Schatten des Windes

Barcelona 01 - Der Schatten des Windes

Titel: Barcelona 01 - Der Schatten des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Ruiz Zafon
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das er eines Tages einem eigenen Sohn beizubringen träumte. Sophie Carax erschien ihm zerbrechlich, schön, jung, gefügig und fruchtbar. Der heilige Eustachius war seinem Ruf gerecht geworden. Nach vier Monaten beharrlichen Werbens gab Sophie seinem Heiratsantrag statt. Señor Molins, ein Freund des verstorbenen Großvaters Fortuny, machte Antoni darauf aufmerksam, daß er eine Unbekannte heirate, daß Sophie zwar ein gutes Mädchen zu sein scheine, daß ihr diese Verbindung aber vielleicht allzu gelegen käme, er solle doch wenigstens noch ein Jahr warten … Antoni Fortuny antwortete, er wisse schon genug von seiner künftigen Gattin, alles andere interessiere ihn nicht. Sie heirateten in der Pino-Basilika und verbrachten ihren dreitägigen Honigmond im Seebad Mongat. Am Morgen vor der Abreise fragte der Hutmacher Señor Molins im Vertrauen, wie er in den Geheimnissen des Schlafzimmers vorzugehen habe. Sarkastisch sagte Molins, er solle doch seine Frau fragen. Knapp drei Tage später kam das Ehepaar Fortuny nach Barcelona zurück. Die Nachbarn sagten, beim Betreten des Hauses habe Sophie geweint. Jahre später schwor die Viçenteta, daß Sophie ihr gesagt hatte, der Hutmacher habe sie mit keinem Finger angerührt und als sie ihn habe verführen wollen, habe er sie eine Hure geschimpft und sich, angewidert von der Obszönität dessen, was sie ihm vorgeschlagen habe, von ihr abgewandt. Sechs Monate später verkündete Sophie, sie trage ein Kind unter dem Herzen. Das Kind eines andern Mannes.
    Antoni Fortuny hatte unzählige Male gesehen, wie sein eigener Vater die Mutter geschlagen hatte, und tat, was ihm angemessen schien. Er hielt erst inne, als er annehmen mußte, eine einzige weitere Berührung brächte sie um. Dennoch weigerte sich Sophie, die Identität des Vaters ihrer Leibesfrucht preiszugeben. Mit der ihm eigenen Logik dachte Antoni Fortuny, es handle sich um den Teufel, denn das konnte einzig ein Kind der Sünde sein, und die Sünde hatte nur einen Namen: der Böse. In der Überzeugung, in seinem Heim und zwischen den Schenkeln seiner Frau habe sich die Sünde eingenistet, hängte der Hutmacher allenthalben Kruzifixe auf: an den Wänden, an den Türen sämtlicher Räume und an der Decke. Als er auch das Zimmer, in das er Sophie verbannt hatte, mit Kreuzen spickte, erschrak sie und fragte ihn mit Tränen in den Augen, ob er übergeschnappt sei. Blind vor Wut, wandte er sich um und ohrfeigte sie. »Eine Hure wie alle andern«, rief er und warf sie, nachdem sein Lederriemen sie beinahe gehäutet hatte, mit Fußtritten auf den Treppenabsatz hinaus. Als er am nächsten Tag die Wohnungstür öffnete, um in den Hutladen hinunterzugehen, lag Sophie immer noch dort, blutverkrustet und zitternd vor Kälte. Die Ärzte konnten die Brüche an der rechten Hand nie mehr ganz richten. Nie wieder würde Sophie Carax Klavier spielen können, dafür aber einen Jungen gebären, den sie Julián nennen würde, zur Erinnerung an den Vater, den sie, wie alles im Leben, zu früh verloren hatte. Zuerst wollte Fortuny sie aus dem Haus werfen, doch dann dachte er, der Skandal wäre dem Geschäft abträglich. Niemand würde Hüte bei einem Mann kaufen, der im Ruch eines Gehörnten stand. Das wäre widersinnig. Sophie mußte ein dunkles, kaltes Zimmer im hinteren Teil der Wohnung beziehen. Dort brachte sie mit der Hilfe zweier Nachbarinnen ihren Sohn zur Welt. Antoni kam erst nach drei Tagen wieder nach Hause. »Das ist der Sohn, den dir Gott gegeben hat«, sagte Sophie zu ihm.
    »Wenn du jemanden bestrafen willst, dann bestrafe mich, aber nicht ein unschuldiges Kind. Der Junge braucht ein Zuhause und einen Vater. Meine Sünden sind nicht die seinen. Ich flehe dich an, erbarme dich unser.«
    Die ersten Monate waren für beide schwierig. Antoni Fortuny hatte beschlossen, seine Frau zum Dienstmädchen zu erniedrigen. Bett und Tisch teilten sie nicht mehr, und nur selten wechselten sie ein Wort, das nicht der Entscheidung häuslicher Angelegenheiten galt. Einmal im Monat, normalerweise bei Vollmond, erschien Antoni Fortuny in aller Herrgottsfrühe kurz in Sophies Zimmer und fiel wortlos über sie her, ungestüm, aber wenig kundig. In diesen seltenen Momenten der Intimität versuchte sich Sophie bei ihm einzuschmeicheln, indem sie ihm Liebesworte zuraunte und ihn kunstgerecht liebkoste. Der Hutmacher war kein Mann leerer Worte, und der Ansturm des Verlangens verflog ihm in Minuten-, wenn nicht Sekundenschnelle. Diesen Überfällen bei

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