Barcelona 03 - Der Gefangene des Himmels
der Welt keinen Platz außerhalb dieser Mauern. Ich weiß nicht, wo ich hingehen könnte.«
»Sie haben doch Isabella …«
»Isabella ist mit einem Mann verheiratet, der zehnmal besser ist als ich. Wenn ich von hier wegkäme, würde das nur ihr Unglück bedeuten.«
»Aber sie unternimmt doch das Menschenmögliche, um Sie hier rauszukriegen …«
Martín schüttelte den Kopf.
»Sie müssen mir eines versprechen, Fermín. Es ist das Einzige, was ich von Ihnen als Gegenleistung erbitte, wenn ich Ihnen zur Flucht verhelfe.«
Das ist der Monat der Bitten, dachte Fermín und willigte gern ein.
»Was immer Sie von mir wollen.«
»Wenn Ihnen die Flucht gelingt, bitte ich Sie, dass Sie sich um sie kümmern, wenn es in Ihrer Hand liegt. Aus der Ferne, ohne ihr Wissen, sogar ohne dass sie überhaupt weiß, dass es Sie gibt. Dass Sie sich um sie und ihren Sohn Daniel kümmern. Wollen Sie das für mich tun, Fermín?«
»Aber selbstverständlich.«
Martín lächelte traurig.
»Sie sind ein guter Mensch, Fermín.«
»Das ist schon das zweite Mal, dass Sie mir das sagen, und jedes Mal tönt es schrecklicher in meinen Ohren.«
Martín zündete sich eine seiner Stinkzigaretten an.
»Wir haben nicht viel Zeit. Brians, der Anwalt, den Isabella verpflichtet hat, um meinen Fall zu übernehmen, war gestern da. Ich habe ihm dummerweise erzählt, was Valls von mir will.«
»Dass Sie ihm seinen Schund umschreiben …«
»Genau. Ich habe ihn gebeten, Isabella nichts davon zu sagen, aber ich kenne ihn, und früher oder später wird er es tun, und sie, die ich noch besser kenne, wird wie eine Furie herkommen und Valls damit drohen, sein Geheimnis in alle Winde auszuposaunen.«
»Und können Sie sie nicht stoppen?«
»Isabella stoppen wollen ist wie einen Güterzug stoppen wollen: eine Aufgabe für Dummköpfe.«
»Je mehr Sie mir von ihr erzählen, desto größere Lust bekomme ich, sie kennenzulernen. Frauen mit Charakter sind für mich …«
»Fermín, ich erinnere Sie an Ihr Versprechen.«
Fermín legte sich die Hand aufs Herz und nickte feierlich. Martín fuhr fort:
»Also, was ich sagen wollte. Wenn das geschieht, ist Valls jede Dummheit zuzutrauen. Dieser Mann wird von Eitelkeit, Neid und Habsucht bewegt. Wenn er sich in die Enge getrieben fühlt, wird er einen falschen Schritt tun. Ich weiß zwar nicht, was, aber ich bin sicher, dass er etwas aushecken wird. Es ist wichtig, dass Sie dann schon weg sind.«
»Tatsächlich habe ich keine große Lust zu bleiben …«
»Sie verstehen mich nicht. Wir müssen den Plan früher durchführen.«
»Früher? Wann denn?«
Martín betrachtete ihn lange durch den Rauchvorhang hindurch, der von seinen Lippen aufstieg.
»Heute Nacht.«
Fermíns Mund war so staubtrocken, dass er nicht einmal schlucken konnte.
»Aber ich weiß ja noch nicht einmal, worin der Plan besteht …«
»Spitzen Sie gut die Ohren.«
15
Bevor Fermín an diesem Nachmittag in seine Zelle zurückgebracht wurde, trat er auf einen der Posten zu, die ihn in Valls Büro gebracht hatten.
»Sagen Sie dem Herrn Direktor, dass ich mit ihm sprechen muss.«
»Worüber, wenn man fragen darf?«
»Sagen Sie ihm, ich habe die Ergebnisse, die er erwartet. Er weiß dann schon, wovon ich spreche.«
Noch vor Ablauf einer Stunde erschienen der Posten und sein Kollege vor der Zelle Nr. 13, um Fermín abzuholen. Salgado verfolgte von seiner Pritsche aus alles mit hündischem Blick und massierte sich den Armstummel. Fermín blinzelte ihm zu und zog von den Posten eskortiert ab.
Der Direktor empfing ihn mit herzlichem Lächeln und einem Teller Feingebäck aus dem Hause Escribà.
»Fermín, mein Freund, welch ein Vergnügen, Sie wieder hier zu haben, um ein intelligentes, produktives Gespräch zu führen. Nehmen Sie doch bitte Platz und kosten Sie nach Vergnügen die erlesene Auswahl an Süßigkeiten, die mir die Gattin eines Gefangenen mitgebracht hat.«
Fermín war schon seit Tagen außerstande, auch nur ein Körnchen Vogelfutter zu verzehren, doch um dem Direktor den Willen zu tun, nahm er eine Zuckerbrezel und hielt sie wie ein Amulett in der Hand. Er hatte festgestellt, dass ihn der Direktor jetzt siezte, und das konnte nur Unheilvolles bedeuten. Valls schenkte sich ein Glas Brandy ein und sank in seinen Generalssessel zurück.
»Na? Ich höre, dass Sie gute Nachrichten für mich haben«, forderte er Fermín zum Sprechen auf.
Dieser nickte.
»Was das schöngeistige Kapitel betrifft, so kann ich Euer
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