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Barcelona 03 - Der Gefangene des Himmels

Barcelona 03 - Der Gefangene des Himmels

Titel: Barcelona 03 - Der Gefangene des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Ruiz Zafón
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Ecke aus kein landläufiger Kot ist.«
    »Nämlich was?«
    »Ein Schlüssel. Kein Schraubenschlüssel, sondern einer von diesen kleinen Schlüsseln wie von einem Köfferchen oder einem Garderobenschrank.«
    »Und dann?«
    »Und dann nimmt er den Schlüssel, poliert ihn mit Spucke, ich nehme an, dass er nach wilden Rosen roch, und geht damit zur Wand, wo er, nachdem er sich überzeugt hat, dass ich immer noch schlafe, was ich mit einigen hochvirtuosen Schnarchern wie von einem Bernhardinerwelpen bestätige, den Schlüssel in einer Spalte zwischen den Steinen versteckt, die er anschließend mit Schmutz zukleistert und vielleicht auch mit ein wenig Derivat aus seinem Untergeschoss.«
    Martín und Fermín schauten sich schweigend an.
    »Denken Sie dasselbe wie ich?«, fragte Fermín.
    Martín nickte.
    »Wie viel, glauben Sie, hat dieses Levkojenknöspchen wohl im Nest der Habgier versteckt?«, fragte Fermín.
    »Genug, um zu glauben, der Verlust von Fingern, Händen, Teilen der Hodensubstanz und weiß Gott noch was sei die entsprechende Geheimhaltung wert«, vermutete Martín.
    »Und was soll ich jetzt tun? Denn bevor ich zulasse, dass diese Viper von Herrn Direktor seine Klauen in Salgados Schätze steckt, um sich eine kartonierte Ausgabe seiner Opera Magna zu finanzieren und sich einen Sitz in der Königlichen Sprachakademie zu erkaufen, verschlucke ich diesen Schlüssel oder stecke ihn mir nötigenfalls genauso in die Niederungen meines Intestinaltrakts.«
    »Im Augenblick tun Sie gar nichts«, sagte Martín. »Versichern Sie sich, dass der Schlüssel noch dort ist, und warten Sie meine Anweisungen ab. Ich bin dabei, die letzten Details für Ihre Flucht auszuarbeiten.«
    »Ich will Sie ja nicht kränken, Señor Martín, und bedanke mich aufs Herzlichste für Ihre Beratung und Ihre moralische Unterstützung, aber diese Geschichte kann mich Kopf und Kragen und das eine oder andere liebe Anhängsel kosten, und angesichts dessen, dass die weitverbreitete Meinung die ist, Sie seien vollkommen bescheuert, beunruhigt mich der Gedanke, mein Leben in Ihre Hände zu geben.«
    »Wenn Sie einem Romancier nicht trauen, wem wollen Sie denn dann trauen?«
    Fermín sah Martín in der tragbaren Rauchwolke seiner Patchworkzigarette im Burggraben davongehen.
    »Gütiger Gott«, murmelte er in den Wind.

13
    Das von Nr. 17 organisierte makabre Wettbüro blieb mehrere Tage geöffnet, in denen Salgado bald von einem Moment auf den anderen den Geist aufzugeben schien, bald aufstand und sich zu den Gitterstäben der Zelle schleppte, wo er aus voller Kehle ein »Ihrgottverdammtenscheißkerlewerdetkeinencentvonmeinemgeldkriegenhurensöhnemistige« und entsprechende Varianten ausstieß, bis ihm die Seele aus dem Leib fiel und er wie leblos zu Boden sackte, so dass ihn Fermín wieder auf die Beine stellen und zur Pritsche zurückschleifen musste.
    »Ist’s endlich aus mit dem Kakerlak, Fermín?«, fragte Nr. 17, sobald er ihn hinschlagen hörte.
    Fermín gab sich nicht mehr die Mühe, ärztliche Bulletins über seinen Zellenkollegen herauszugeben. Sollte es so weit kommen, würden sie ja den Segeltuchsack abziehen sehen.
    »Passen Sie auf, Salgado, wenn Sie sterben wollen, dann sterben Sie endlich, und wenn Sie vorhaben weiterzuleben, dann tun Sie es bitte in aller Stille – Ihre Geiferrezitale hängen mir zum Hals raus«, sagte Fermín, während er ihn mit einem Stück schmutzigen Segeltuchs zudeckte, das er in Bebos Abwesenheit von einem der Wärter bekommen hatte; den hatte er mit einem angeblich wissenschaftlichen Rezept eingeseift, um erblühende Teenager mit Milcheis und Marzipanbaisers zu benebeln und dann aufs Kreuz zu legen.
    »Spielen Sie nicht den Barmherzigen, ich riech den Braten und weiß, dass Sie auch nicht anders sind als diese Aasfresserseilschaft, die sogar ihre Unterhosen darauf verwettet, dass ich abkratze.« Salgado schien bereit, seine blendende Laune bis zum letzten Atemzug beizubehalten.
    »Ich habe zwar keine Lust, einem Sterbenden in seinen letzten oder bestenfalls vorletzten Zügen zu widersprechen, aber Sie sollen wissen, dass ich in diesem Spiel keinen Real gesetzt habe, und sollte ich eines Tages ebenfalls der Sucht verfallen, dann gewiss nicht mit Wetten auf ein Menschenleben, obwohl Sie von einem Menschen etwa so viel haben wie ich von einem Käfer.«
    »Glauben Sie ja nicht, Sie können mich mit dem ganzen Geschwätz hinters Licht führen«, sagte Salgado böse. »Ich weiß haargenau, was Sie und Ihr

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