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Barins Dreieck

Barins Dreieck

Titel: Barins Dreieck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hakan Nesser
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beschloss ich, mich mit diesem Eindruck zu begnügen. Von der Kirche waren fünf Schläge zu hören. Ich öffnete eine der Flaschen, holte ein Glas aus dem Bad und streckte mich auf dem Bett aus.

    10

    Essen mit Rimley und Herrn Singh

    Erneut erwachte ich. Ich musste also eingeschlafen sein. Prämisse und Schlussfolgerung, kein Raum für einen Zweifel. Die Flasche war zur Hälfte ausgetrunken, und mein Körper fühlte sich muffig an. Mir fiel ein, dass ich mit einigen anderen Bedürfnissen außer Durst und Lesehunger hätte rechnen sollen, während ich durch die Stadt schlenderte. Ein sauberes Hemd und ein Paar Unterhosen beispielsweise. Eine Zahnbürste hätte auch nicht geschadet.
    Nun ja, das musste bis morgen warten, beschloss ich. Rimley lag aufgeschlagen neben dem Bett; offenbar hatte ich einige Seiten gelesen, auch wenn ich mich an nichts mehr erinnern konnte. Ich kam auf die Beine. Sah auf der Uhr, dass es noch nicht zu spät für ein Essen unten im Restaurant war.
    Ich nahm schnell ein Bad und trank noch ein Glas Wein. Warf die Unterhose in den Papierkorb, ich konnte ohne sie essen, hatte ich beschlossen. Das Hemd musste gut genug sein.
    Während ich mich auf diese Weise darauf vorbereitete, hinunter in den Speisesaal zu gehen, fühlte ich zumindest eine Spur von Vergnügen, diese alte Empfindung einer fremden Stadt und eines fremden Lebens. In Ermangelung einer Zeitung klemmte ich mir den Rimley unter den Arm und stieg leichten Fußes die Treppen hinunter. Betrat durch die Schwingtüren Belvederes Speisesaal.
    Er war in Sepiabraun und Rot gehalten, mit schweren Damastgardinen und tadellosen weißen Tischdecken. Ungefähr zu drei Vierteln war er gefüllt. Zehn Prozent Frauen, siebzig Prozent Bärte, so ungefähr. Andere Gäste als die Telepathiker sah ich nicht. Der Geräuschpegel war ziemlich hoch, die Stimmung an diesem ersten Kongressabend ausgelassen. Man saß im Prinzip um zwei lange Tafeln, aber nur im Prinzip.
    Offensichtlich befand man sich bereits weit im Dessert, die wenigen, vereinzelten Damen ließen mich an Fluglöcher denken.
    Vor seinem Tod beschäftigte sich mein Vater einige Jahre mit Bienenzucht. Ich erinnere mich an seinen Lieblingsspruch aus dieser Zeit: Voltaire hat sich geirrt!, pflegte er zu glucksen. Man braucht seinen Garten nicht zu pflegen. Es reicht verdammt noch mal mit ein paar Bienenkörben!
    Ich glaube, es war das einzige Mal, dass ich ihn jemals einen Kraftausdruck benutzen gehört habe.
     
    Ich bekam einen Tisch ganz hinten im Raum – an einem Fenster, das nicht zum Markt, sondern zu einer kleineren Seitenstraße hinausging, auf eine enge Gasse. Ich schob die Gardine zur Seite. Die Fassade gegenüber war von einer einsamen Straßenlaterne mit schmutziggelbem Licht schwach erleuchtet. Offensichtlich handelte es sich um ein Krankenhaus irgendeiner Art, jedenfalls um eine Art Praxis. »Die Patienten werden gebeten, leise zu warten«, stand auf einem Anschlag an der Tür, direkt unter der einsamen Lampe. Ein Kellner räusperte sich, und ich ließ die Gardine los.
    Ich bestellte und schlug den Rimley auf gut Glück auf. Ebenso wie der späte Wittgenstein bedient sich Rimley einer ziemlich freien, aphoristischen Technik mit nummerierten, oft sehr kurzen Paragraphen, die zu dritt, zu fünft oder sogar zu zehnt zusammenhängen können. Nichts hindert einen jedoch daran, alles in beliebiger Reihenfolge zu lesen oder auch ganz zufällig. Auf jeden Fall hatte Friijs das behauptet, und ich hatte keinen Grund, eine anders lautende Meinung zu vertreten.
    »Diese Anwesenheit«, schreibt Rimley in Paragraph 126, und ich weiß nicht so recht, inwieweit ich ihn schon vorgestellt habe (ich hatte keine Möglichkeit, die Sache zu untersuchen, und außerdem habe ich das Buch verlegt), »ist jedoch nicht ohne weiteres wahrnehmbar; ich möchte sogar behaupten, dass sie nicht erfahrbar ist. Diese Eindruckslosigkeit an und für sich kann als eine der Bedingungen für ihre Existenz angesehen werden ... sie überhaupt zu entdecken, sie wahrzunehmen bedeutet, sie zu entlarven, sie ihrer Bedeutung und ihres Geheimnisses zu berauben ... als malte man Dunkelheit oder ließe die Stille erklingen; nur noch vergeblicher.«
    Ich trank einen Schluck Wein und schaute mich im Saal um. »Eine Anwesenheit, wie gesagt, die genau so viel wiegt wie die Ermangelung einer Abwesenheit und nicht mehr.«
    Welch emsiges Training musste wohl notwendig sein, um zu lernen, das aufzufassen, was wir nicht wahrnehmen,

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