Barins Dreieck
wenn sie mir und meiner Frau gegenüber niemals Dankbarkeit für unsere Hilfe und unsere Hartnäckigkeit gezeigt hat, so weiß ich doch, dass diese ganze Geschichte eine bittere, aber nützliche Medizin in ihrem Leben bedeutete.
Aber nicht das wollte ich berichten. Ich habe es nur aufgegriffen, um deutlich zu machen, warum ich mich nicht ohne weiteres dieser erniedrigenden Behandlung aussetzen wollte, der die Seelenkranken in unserer Gesellschaft oft ausgesetzt werden. Und um meinen Widerwillen zu begründen, den ich in diesem Fall der Idee gegenüber empfand, mich irgendjemandem sonst anzuvertrauen.
Hand aufs Herz, wie würden Sie auf eine Person reagieren, die zu Ihnen kommt und Ihnen eine Geschichte wie die meine erzählt? Dem zweimal etwas zugestoßen ist ... ja, wie soll man das nennen, was ich erlitten habe? Physische Schizophrenie, wie mein Therapeut es später eher scherzhaft nannte?
Wenn Sie außerdem noch im Hinterkopf haben, dass der Betreffende bereits ein paar Mal wegen psychischer Leiden im Krankenhaus war?
Würden Sie meinen Worten glauben?
Ich wage es zu bezweifeln.
Außerdem gibt es ja bis jetzt keinen Beweis dafür, dass Sie wirklich existieren.
Sie sind nur eine Konstruktion, ich hoffe, Sie nehmen mir das nicht übel. Ich brauche ganz dringend etwas, in dem ich meine Worte spiegeln kann.
Ja, ich mag die Heidelandschaft. Besonders die hochgelegenen Teile in der Gegend von Kerran und Weid, wo man an gewissen klaren Tagen fast unendlich weit sehen kann und wo es kein Problem ist, sich einzubilden, man schwebe über der Welt.
Aber an diesem Tag herrschte Nebel. Schwere, dahinziehende Wolken, die wahrscheinlich bald zerreißen und den Regen freigeben würden. Es gab so gut wie keinen Verkehr, nur in den Orten sah ich ab und zu ein Lebewesen. Ein paar Ziegen. Schwarz gekleidete Alte mit einem Einkaufsnetz in der Hand. Hunde und Kinder, die um die niedrigen Steinhäuser herumsprangen.
Ganz bis nach Weigan kam ich, fast einhundertzwanzig Kilometer weit, bevor ich mir die Frage stellte, wohin ich eigentlich auf dem Weg war. Die Uhr ging auf eins zu, und es sah aus, als würde die Dämmerung bereits einsetzen, was natürlich ein Unding war.
Ich hatte also die Heidelandschaft hinter mir gelassen und war aufs Flachland herunter gekommen, und da Weigan die erste richtige Stadt war, in deren Nähe ich überhaupt gekommen war, seit ich K- verlassen hatte, bog ich ab Richtung Stadtzentrum.
Als ich auf den Markt fuhr, überkamen mich zwei äußerst starke Gefühle.
Zum Einen wusste ich plötzlich, dass ich nicht in der Lage sein würde, auch nur einen einzigen Kilometer in dieser Art weiterzufahren. Unter keinen Umständen aber würde ich umkehren und wieder zurückfahren können, ja, dieser Gedanke erschien mir noch viel unmöglicher.
Andererseits erinnerte ich mich. Bereits als ich aus dem Auto stieg, wusste ich, dass das hier ein Ort war, an dem ich mich schon früher einmal befunden hatte. Dass es nicht das erste Mal war, dass ich die schwarze Granitskulptur mit dem leise plätschernden Wasser umrundete und zwischen ein paar niedrigen Holzbuden parkte. Genau zwischen diesen grünbraun gebeizten Buden mit geschlossenen Luken und Papierkörben aus blassgelbem Plastik. Ich blieb ein paar Minuten sitzen und versuchte mich daran zu erinnern, wann wohl mein früherer Besuch stattgefunden haben mochte, aber in meinem umnebelten Kopf tauchten keine Bilder der Erinnerung auf.
Dennoch wurde ich meiner Sache umso sicherer, je länger ich darüber nachdachte, besonders die hohen, hellgelben Fassaden mir genau gegenüber, mit ihren schönen Giebeln und den schmalen, gotischen Buchstaben in Grünspanfarbe, schienen gewisse Erinnerungen in mir zu wecken:
HOTEL BELVEDERE
Der Name sagte mir nichts.
Ich kurbelte das Seitenfenster herunter und zündete mir eine Zigarette an. Dichter Regen setzte ein. Einige Teile des Hochlands waren noch schneebedeckt gewesen, aber hier in der Tiefebene herrschte ein feuchteres, milderes Klima. Sicher lag die Temperatur so um die zehn Grad, der leichte Wind fühlte sich alles andere als kalt an.
Ich schaute mich um und stellte fest, dass direkt neben dem Hotel eine Bank lag. Ich zog meine Brieftasche heraus und schaute nach, ob ich auch meine Scheckkarte dabei hatte. Dann drückte ich die Zigarette aus. Stieg aus dem Wagen, schlug den Mantelkragen hoch und betrat die Bank.
Ich hob tausend Gulden ab. Was immer ich für Absichten haben mochte, das würde erst einmal
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