Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Barrayar

Barrayar

Titel: Barrayar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
Vom Netzwerk:
verstehe nichts von dieser … stilisierten Verrücktheit. Ich denke, ihr gehört alle in Therapie, bis zum letzten Mann.«
    Er lächelte leicht. »Meinst du, Kolonie Beta könnte überredet werden, uns ein Bataillon von Psychiatern als humanitäre Hilfe zu schicken? Vielleicht den, mit dem du deinen letzten Streit hattest?«
    Cordelia schnaubte. Nun ja, die barrayaranische Geschichte war von einer Art unheimlicher, dramatischer Schönheit, abstrakt gesehen, aus der Distanz. Ein Spiel der Leidenschaften. Betrachtete man sie aber aus der Nähe, dann wurde die Stupidität des Ganzen spürbarer, und wie bei einem Mosaik löste sich alles in sinnlose Einzelteilchen auf.
    Cordelia zögerte, dann fragte sie: »Spielen wir das Geiselspiel?« Sie war sich nicht sicher, ob sie die Antwort hören wollte.
    Vorkosigan schüttelte den Kopf. »Nein. Das waren für mich in all den Wochen die härtesten Auseinandersetzungen, Männern in die Augen zu blicken, die Frauen und Kinder droben in der Hauptstadt haben, und dann nein zu sagen.«
    Er legte sein Besteck auf seinem Tablett ordentlich im ursprünglichen Muster zurecht und fügte in einem nachdenklichen Ton an: »Aber sie blicken nicht weit genug. Das alles ist bis jetzt keine Revolution, nur ein Putsch. Die Bevölkerung ist untätig, oder besser gesagt: sie verhält sich ruhig und abwartend, von einigen Denunzianten abgesehen. Vordarian appelliert an die konservative Elite, an die alten Vor und das Militär. Der Graf kann nicht zählen. Die neue Technokultur bringt so schnell, wie unsere Schulen sie produzieren können, Progressive aus dem gewöhnlichen Volk hervor. Sie sind die Mehrheit der Zukunft. Ich möchte ihnen eine andere Methode als nur bunte Armbänder geben, um die Guten von den Bösen zu unterscheiden. Moralische Oberzeugung ist eine mächtigere Kraft, als Vordarian vermutet. Welcher General auf der alten Erde hat gesagt, dass die Moral sich zur Physik verhält wie drei zu eins? Ach ja, das war Napoleon. Schade, dass er seinen eigenen Rat nicht befolgt hat. Für diesen Krieg hier beziffere ich das Verhältnis auf fünf zu eins.«
    »Aber halten sich eure Kräfte die Waage? Wie steht es mit der Physik?«
    Vorkosigan hob die Schultern. »Wir haben jeder Zugang zu genug Waffen, um Barrayar zu verwüsten. Rohe Gewalt ist nicht das wirkliche Thema. Aber meine Legitimität ist ein enormer Vorteil, solange Waffen bemannt werden müssen. Daher Vordarians Versuche, diese Legitimität zu unterminieren mit seinen Beschuldigungen, ich hätte Gregor beseitigt. Ich schlage vor, ihn mit seiner Lüge zu fangen.«
    Cordelia zitterte. »Du weißt, ich wäre nicht gerne auf Vordarians Seite.«
    »Oh, es gibt da noch ein paar Methoden, wie er gewinnen könnte. Mein Tod ist bei ihnen allen erforderlich. Ohne mich als einen Mittelpunkt, den einzigen Regenten, den der verstorbene Ezar eingesetzt hat, was gäbe es da noch zu wählen? Vordarians Anspruch ist dann so gut wie jedermanns.
    Wenn er mich umbrächte und Gregor in Besitz bekäme, oder umgekehrt, dann wäre es durchaus denkbar, dass er sich von da an konsolidieren könnte. Bis zum nächsten Putsch und einer Folge von Revolten und Rachemorden, die dann immer weiter und weiter ginge …« Seine Augen verengten sich, als er diese düstere Vision betrachtete. »Das ist mein schlimmster Alptraum. Dass dieser Krieg nicht aufhört, wenn wir verlieren, bis ein weiterer Dorca Vorbarra der Gerechte auftritt, der einem weiteren Blutigen Jahrhundert ein Ende setzt. Gott allein weiß, wann das wäre. Offen gesagt, ich sehe keinen Mann von diesem Kaliber in meiner Generation.«
    Schau mal in deinen Spiegel, dachte Cordelia melancholisch.
    »Aha, deshalb wolltest du, dass ich zuerst zum Doktor gehe«, neckte Cordelia Aral in der gleichen Nacht. Nachdem Cordelia einige der wirren Vermutungen des Arztes zurechtgerückt hatte, hatte dieser sie gründlich untersucht, seine Verordnung von Gymnastik auf Ruhe abgeändert und ihr erlaubt, mit Vorsicht die ehelichen Beziehungen wieder aufzunehmen.
    Aral grinste nur und nahm sie, als wäre sie aus gesponnenem Glas. Sie schloss daraus, dass er sich von dem Soltoxin nahezu vollständig erholt hatte. Er schlief wie ein Stein, nur wärmer, bis die Kommunikationskonsole sie im Morgengrauen weckte. Es musste da eine Art militärischer Verschwörung funktioniert haben, dass die Konsole nicht schon eher aufgeleuchtet hatte. Cordelia stellte sich vor, wie irgendein Stabsangehöriger vertraulich zu Kou gesagt hatte:

Weitere Kostenlose Bücher