Barrayar
– seine Stimme wurde weich – »du bist die einzige Person, die ich kenne, die Bothari anschaut und einen Helden sieht. So wird er einer für dich. Er klammert sich an dich, weil du aus ihm einen größeren Mann machst, als er je in seinen Träumen war.«
»Aral, das ist verrückt.«
»So?« Er schnupperte an ihrem Haar. »Aber er ist nicht der einzige Mann, auf den du diese eigenartige Wirkung hast. Lieber Captain.«
»Ich fürchte, ich bin in keiner viel besseren Verfassung als Bothari. Ich habe es verpfuscht, und Kareen ist gestorben. Wer wird das Gregor sagen? Wenn es nicht um Miles gegangen wäre, dann hätte ich aufgegeben. Halte Piotr fern von mir, oder ich schwöre, dass ich ihn das nächste Mal in der Luft zerreiße.« Sie zitterte wieder.
»Pst.« Er schaukelte sie ein wenig. »Ich denke, du kannst wenigstens das Aufräumen mir überlassen, oder? Wirst du mir wieder vertrauen? Wir müssen etwas aus diesen Opfern machen. Sie sollen nicht vergeblich sein.«
»Ich fühle mich schmutzig. Ich fühle mich krank.«
»Ja, den meisten seelisch gesunden Menschen geht es so, wenn sie von einem Kampfauftrag zurückkommen. Es ist ein vertrauter Geisteszustand.« Er machte eine Pause. »Aber wenn eine Betanerin so barrayaranisch werden kann, dann ist es vielleicht nicht so unmöglich für Barrayaraner, ein bisschen mehr betanisch zu werden. Veränderung ist möglich.«
»Veränderung ist unvermeidlich«, betonte sie. »Aber du kannst sie nicht mit Ezars Methode bewirken. Das ist nicht mehr Ezars Ära. Du musst deinen eigenen Weg finden. Mache diese Welt zu einer, in der Miles überleben kann. Und Elena. Und Ivan. Und Gregor.«
»Wie Sie wünschen, Mylady.«
Am dritten Tag nach Vordarians Tod fiel die Hauptstadt an loyale kaiserliche Truppen, wenn auch nicht ohne Schießen, so zumindest nicht auf annähernd so blutige Weise, wie Cordelia gefürchtet hatte. Nur zwei Widerstandsnester, in der Sicherheitszentrale und in der Residenz selbst, mussten von Bodentruppen eingenommen werden. Das Hotel im Stadtzentrum mit seinen Geiseln wurde von seiner Besatzung kampflos übergeben, nach Stunden intensiver geheimer Verhandlungen. Piotr gab Bothari einen Tag Urlaub, damit er sein Kind und dessen Pflegemutter holen und nach Hause begleiten konnte. Cordelia schlief in dieser Nacht zum ersten Mal seit ihrer Rückkehr durch.
Evon Vorhalas hatte für Vordarian in der Hauptstadt Bodentruppen befehligt, er war verantwortlich für die letzte Verteidigung des Weltraumkommunikationszentrums im Komplex des militärischen Hauptquartiers. Er starb in den letzten Zuckungen der Kämpfe, erschossen von seinen eigenen Leuten, als er ein Angebot der Amnestie für ihre Kapitulation ablehnte. Irgendwie war Cordelia erleichtert. Die traditionelle Strafe für den Verrat eines Vor-Lords war öffentliche Zurschaustellung und Tod durch Verhungern. Der verstorbene Kaiser Ezar hatte nicht gezögert, diese grausame Tradition aufrechtzuerhalten. Cordelia konnte nur darum beten, dass unter Gregors Herrschaft diese Sitte sterben würde.
Ohne den Zusammenhalt durch Vordarian zerbrach seine Rebellenkoalition schnell in verschiedene Splittergruppen. Ein extrem konservativer Vor-Lord in der Stadt Federstok erhob seine Standarte und erklärte sich zum Kaiser, in der Nachfolge von Vordarian, seine Rolle als Thronprätendent dauerte etwas weniger als dreißig Stunden. In einem östlichen Küstendistrikt, der einem von Vordarians Verbündeten gehörte, beging der Graf nach der Eroberung Selbstmord. In dem Chaos rief eine Anti-Vor-Gruppe die Republik aus. Der neue Graf, ein Infanterieoberst aus einer Nebenlinie der Familie, der nie erwartet hatte, dass ihm eine solche Ehre zufiele, erhob sofort wirksame Einwände gegen diesen heftigen Schwenk ins allzu Progressive. Vorkosigan überließ es ihm und seiner Distriktsmiliz und reservierte die kaiserlichen Truppen für nicht distriktsinterne Angelegenheiten. »Du kannst nicht auf halbem Wege haltmachen«, murmelte Piotr Unheil witternd ob solchen Taktgefühls.
»Einen Schritt nach dem anderen«, erwiderte Vorkosigan grimmig, »so kann ich die ganze Welt umrunden. Schau mir nur zu.«
Am fünften Tag wurde Gregor zurück in die Hauptstadt gebracht.
Vorkosigan und Cordelia nahmen es beide zusammen auf sich, ihm von Kareens Tod zu erzählen. Er weinte verwirrt. Als er wieder ruhig war, wurde er in einem Bodenwagen mit einem durchsichtigen Schutzschirm zu einer Truppenbesichtigung gefahren, tatsächlich
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