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Barry Trotter und die schamlose Parodie

Titel: Barry Trotter und die schamlose Parodie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Gerber
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alte Armeejacke. Sie war total abgerissen und mit Tintenflecken übersät, denn sie stammte aus der kurzen Phase, in der er mit Füllhalter in der Brusttasche rumgerannt war, weil das so intellektuell aussah. Er sah in den Taschen nach, ob er alles dabeihatte (Pfeife, Feuerzeug, Flaschenöffner, Knarre), und ging hinaus.

    Lon wartete mit der Mütze auf dem Kopf vor dem Porträt im Grittyfloor-Aufenthaltsraum auf ihn, fertig zur Abreise. Er hatte ein dickes Buch unterm Arm. Lon kann doch so einen Wälzer gar nicht lesen, dachte Barry. »He, Lon, wozu brauchst du das denn?«
    »Das ist mein Tagebuch«, sagte Lon. »Falls wir Abenteuer erleben.« Normalerweise war Barry viel zu sehr auf Wahrung seiner Markenrechte bedacht, um so etwas zuzulassen, aber da es sich hier um Lon handelte, der ein X nicht von einem U unterscheiden konnte und kaum Schriftsteller zu werden drohte, beschloss Barry, kein Spielverderber zu sein.
    »Nach dir!« sagte Barry.
    » Von Kapstadt bis Athen, da gibt es was zu sehn! « sang Lon und machte einen Schritt in das Gemälde hinein. Die Frau im Bilderrahmen lupfte gehorsam ihren Reifrock und ließ ihn durch. Barry folgte ihm, und die beiden fanden sich vor den Mauern von Hogwash wieder. Barry warf sein Tarncape über sie beide, so dass die Horden von Muddeln, die dort herumwuselten, sie nicht sehen konnten. Unglücklicherweise war Lon ein ganzes Stück größer als Barry, so dass ihre Beine vom Knie an abwärts zu sehen waren.
    »Mir nach«, sagte Barry und schlug den Weg zum Vergessenen Wald ein.
    »Barry, ich finde nicht, dass du dich ausgerechnet jetzt mit deinen Freundinnen treffen solltest!« sagte Lon in jenem typischen, moralinsauren Ton vorpubertärer Jugendlicher. »Klappe, Dummkopf! Wir holen nur Hermeline ab.« Lon wirkte einen Moment lang nachdenklich, doch schon bald vertiefte er sich in die Myriaden von Gerüchen, die in der Luft lagen.
    Barry achtete darauf, dass sie reichlich Abstand zur berüchtigten Päderastenpappel hielten. Wenn Schüler ihr zu nahe kamen, pflegte dieser gräßliche Baum seine Äste auszustrecken und ... Nein, es ist einfach zu unappetitlich, um es zu beschreiben.
    »Und wie kommen wir nach Hogsbleede?« fragte Lon.
    »Mit dem Heckenexpress natürlich«, erwiderte Barry. Muddel-England war kreuz und quer von Hecken durchzogen, die allemal geräumig genug waren, um eine »Untergrundbahn« zu verbergen, erst recht wenn ein wenig Raumkrümmungs-Magie im Spiel war. Der Heckenexpress war das Hauptverkehrsmittel für die Zauberer von ganz England. Barry hatte J. G. Rollins verboten, darüber zu berichten, da es unabsehbare Folgen hätte, wenn die Muddel davon erführen — Mautgebühren, Steuern, Abgaskontrollen ... weiß der Himmel. Andererseits, vielleicht hätte es gar nichts ausgemacht, denn obwohl ihre Bücher größtenteils erfunden waren, eine Behauptung darin war unbestreitbar wahr: »Muddel interessieren sich nur für sich selbst.« Und diejenigen, die gelegentlich über den eigenen Tellerrand schauen, werden als geisteskrank abgestempelt. »Ein ganzes Streckennetz als Hecken getarnt, das von Zauberern und Hexen genutzt wird? Lachhaft!«
    Allerdings. Aber nichtsdestoweniger entsprach es den Tatsachen.
    Es handelte sich um eine besondere Art von Hecke: Sie barg nicht nur ein quasi öffentliches Verkehrsmittel, sie brachte auch Blätter in Form von Buchstaben hervor. Wenn man sie in der richtigen Reihenfolge las, bildeten die Buchstaben Wörter, und es hieß, dass jede Hecke ihre eigene, einzigartige Geschichte erzählte. Jeden Herbst, wenn die Blätter fielen, kam der Welt ein Meisterwerk abhanden. Doch im Frühjahr sprossen wieder neue. Der Ausdruck »blühende Phantasie« erhielt hier eine ganz neue Bedeutung.
    >Hier geht’s rein<, las Barry im Laub, als sie den Eingang zum Heckenexpress erreichten. Barry legte den Umhang ab, und Lon hob ein paar Zweige an und legte eine ziemlich große Öffnung frei. (Ein paar Muddel, die gesehen hatten, wie sie sich aus dem Nichts materialisierten, schrieben dies dem halbrohen, nicht mehr ganz frischen Zentauren zu, der ihnen schwer im Magen lag.) »Danke, Lon«, sagte Barry und schlüpfte hinein. Lon folgte ihm.
    Unversehens fanden sie sich in einem Raum wieder, der viel größer als eine Hecke war — ungefähr so groß wie die Grand Central Station, falls Sie die kennen. Barry war jedesmal wieder von der Sinnestäuschung begeistert, wenn er in diese Welt eintrat. Die Zauberei war meist eine ziemlich nüchterne,

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